Keine Stromsperre wegen Nichtzahlung einer offensichtlich fehlerhaften Rechnung LG Koblenz gibt Stromkunden Recht
Eine Stromrechnung ist offensichtlich fehlerhaft, wenn der Stromverbrauch eines Verbrauchers im Vergleich zu den Vorjahren um ein Vielfaches gestiegen ist, im konkreten Fall von 5200 kWh auf 56.164 kWh. Das hat das Landgericht (LG) Koblenz mit rechtskräftigem Urteil vom 14.02.2020 | Az.: 13 S 33/19 entschieden.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der gesundheitlich angeschlagene 80jährige Beklagte und seine Ehefrau bezogen von der Klägerin, einem Stromversorger, im Rahmen der Grundversorgung Strom. In den Jahren 2006 bis 2017 lag der jährliche Stromverbrauch des Beklagten jeweils zwischen etwa 5200 und 9900 kWh. Die daraus resultierenden Rechnungen zahlte der Beklagte jeweils ohne Beanstandungen. Im Zeitraum vom 14.02.2016 bis 26.07.2016 rechnete die Klägerin plötzlich einen Stromverbrauch von 56.164 kWh ab, baute den Zähler aus und vernichtete diesen. Der neu eingebaute Zähler wies im Zeitraum vom 26.07.2016 bis 02.03.2017 einen Verbrauch von 13.565 kWh aus. Die Klägerin forderte von dem Beklagten einen Gesamtbetrag von 17.776,14 Euro. Der Beklagte zahlte den Rechnungsbetrag nicht. Die Klägerin klagte danach vor dem Landgericht (LG) Koblenz auf Duldung der Einstellung der Stromversorgung. Das LG Koblenz hat die Klage aus folgenden Gründen abgewiesen:
Grundsätzlich lagen die Voraussetzungen für eine Unterbrechung der Stromversorgung gemäß § 19 StromGVV vor, da keine Zahlung der Rechnung aus dem Stromversorgungsvertrag trotz erfolgter Mahnung erfolgte. Allerdings stand dem Beklagten der Einwand des § 17 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) gegen die Rechnung zu. Ein solcher Einwand ist gegeben, wenn eine ernsthafte Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers der Rechnung vorliegt. Das LG sah hinsichtlich des Stromverbrauchs im Zeitraum vom 14.02.2016 bis 26.07.2016 im Vergleich zu den Vorjahren einen solchen offensichtlichen Fehler. Die andere Alternative, den Anschluss von Stromverbrauchern, die vorher nicht vorhanden waren und die für den von dem Beklagten geführten Haushalt auch völlig atypisch wären, schloss das LG aus. Der Umstand, dass die Klägerin den alten Zähler verschrottet und sich dadurch der Möglichkeit einer Prüfung der Ablesevorrichtung begeben hatte, wurde vom LG ebenfalls zu Lasten der Klägerin berücksichtigt. Dem Beklagten konnte auch nicht erfolgreich entgegengehalten werden, dass er nicht von sich aus zumindest einen Teil der Rechnung bezahlt hatte. Auch diese fehlende Teilzahlung führte nicht dazu, dass das LG einen Ausbau des Stromzählers und die Unterbrechung der Stromversorgung als gerechtfertigt ansah.