Bilanzielle Zuordnung abgelehnter Kunden zum Grundversorger OLG Düsseldorf bestätigt Bundesnetzagentur

Netzbetreiber sind berechtigt, grundversorgungsfähige Letztverbraucher dem Grundversorger bilanziell zuzuordnen, solange nicht die Unterbrechung der Anschlussnutzung im Auftrag des Grundversorgers oder die Zuordnung zu einem anderen Lieferanten erfolgt. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf am 13.11.2019 entschieden.

Ein Grundversorger hatte die (weitere) Versorgung zahlungsunwilliger bzw. zahlungsunfähiger Letztverbraucher (berechtigterweise) abgelehnt und beim jeweiligen Netzbetreiber abgemeldet. Der Netzbetreiber wiederum hat die Entnahmestellen dieser abgemeldeten Letztverbraucher erneut bilanziell dem Grundversorger zugeordnet. Damit würden die von den betroffenen Letztverbrauchern unberechtigt entnommenen Strommengen dem Bilanzkreis des Grundversorgers zugeordnet. Er müsste diese Strommengen beschaffen, obwohl ein Grundversorgungsvertrag oder ein Ersatzver-sorgungsverhältnis mit diesen Letztverbrauchern nicht bzw. nicht mehr bestand und die Sperrung der Entnahmestelle zwecks Unterbindung weiterer unberechtigter Stromentnahmen beauftragen. Daher hat der betroffene Grundversorger die Zuordnung dieser Entnahmestellen zu seinem Bilanzkreis abgelehnt. Die zwei betroffenen Netzbetreiber hatten die Bundesnetzagentur (BNetzA) eingeschaltet, die wiederum den Netzbetreibern Recht gab und feststellte, dass ein Grund-/Ersatzversorger gegen die ihm obliegende Pflicht gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 StromNZV i.V.m. §§ 20 Abs. 1, 36 sowie 38 EnWG verstoße, indem er grundversorgungsfähige Letztverbraucher aus der Ersatzversorgung aktiv abmeldet und eine unmittelbar darauf folgende Neuanmeldung in die Grundversorgung ohne vorherige Versorgungsunterbrechung der jeweiligen Letztverbraucher ablehnt. Hiergegen wendete sich der Grundversorger vor dem OLG Düsseldorf.

Dieses bestätigte mit Beschluss vom 13.11.2019 (Az.: VI-3 Kart 801/18 [V]) den BNetzA-Beschluss und wies die Beschwerde zurück. Der BNetzA-Bescheid sei rechtmäßig. Die BNetzA habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Grundversorger gegen seine gesetzliche Pflicht verstoßen hat. Die Pflicht zur Zuordnung der betroffenen Entnahmestellen zum Bilanzkreis des Grundversorgers folge aus dem Gebot der Verhinderung bilanzieller Zuordnungslücken. Das Gericht spricht dem Grundversorger nicht das Recht ab, die Grund-/ Ersatzversorgung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit abzulehnen. Dies bewirke zwar, dass durch weitere Stromentnahmen des Haushaltskunden weder ein Grundversorgungsvertrag noch ein Ersatzversorgungsverhältnis zustande kommt. Allerdings folge nach Auffassung des Gerichts aus den Regelungen zur Grund- und Ersatzversorgung (§§ 36, 38 EnWG), dass die betroffenen Entnahmestellen dennoch bilanziell dem Grundversorger solange zuzuordnen sind, bis nicht ein Lieferantenwechsel erfolgt oder die Entnahmestelle im Auftrag (d.h. auch auf Kosten) des Grundversorgers gesperrt wird. Die Frage der bilanziellen Zuordnung einer Entnahmestelle sei nämlich losgelöst von den Fragen des Zustandekommens eines Vertragsverhältnisses zu beantworten. Dies stehe nach Auffassung des Gerichts auch nicht im Widerspruch zu den gesetzlichen Wertungen der §§ 36 Abs. 1, 38 EnWG. Der Grundversorger habe zivilrechtliche Zahlungsansprüche gegen die Letztverbraucher (Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder bereicherungsrechtliche Ansprüche) und die Möglichkeit, solche Kosten in die allgemeinen Tarife einzupreisen. Solche unberechtigten Stromentnahmen seien auch nicht dem Netzbetreiber bilanziell zuzuordnen. Dies stünde insbesondere im Widerspruch zu den klaren Entflechtungsvorgaben der §§ 6 ff. EnWG. Auch komme eine Zuordnung zu den Differenzbilanzkreisen nicht in Betracht, da es sich bei diesen Stromentnahmen von Haushaltskunden weder um Differenzmengen noch um Verlustmengen handle. Eine auf Mittelspannungsebene oftmals vorzufindende bzw. in Anschlussnutzungsverträgen geregelte sog. „geduldete Notstromentnahme“ komme in Niederspannung nicht in Betracht, da hier die speziellen Vorschriften der §§ 36, 38 EnWG, die Stromgrundversorgungsverordnung, sowie die BNetzA-Prozessvorschriften der GPKE anwendbar seien.

Der Beschluss ist nicht rechtskräftig. Das OLG hat aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der streitgegenständlichen Fragen die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Vermutlich wird der betroffene Grundversorger hiervon Gebrauch machen. Mit einer BGH-Entscheidung dürfte im Laufe des kommenden Jahres zu rechnen sein.