Werbung mit "klimaneutral" muss transparent erläutert werden Wettbewerbszentrale gewinnt erste Gerichtsverfahren

Der Begriff „klimaneutral“ in der Werbung muss nach Auffassung der Wettbewerbszentrale erläutert werden. Diese Forderung nach mehr Transparenz sieht sie nun durch erste Gerichtsentscheidungen zur Werbung mit „klimaneutral“ bestätigt. Die Urteile fordern transparente Angaben darüber, wie die Klimaneutralität erreicht wird.

Die Wettbewerbszentrale hat am 02.12.2021 darüber informiert, dass der Begriff „klimaneutral“ in der Werbung nach ihrer Auffassung erläutert werden müsse. Klimaneutralität sei zu einem wichtigen Werbeargument geworden. Es führe zu Wettbewerbsverzerrungen, wenn Unternehmen, die konventionell weiter wirtschaften und ausschließlich Zertifikate kaufen, ohne weitere Aufklärung mit „klimaneutral“ werben würden, während andere Unternehmen auch mit „klimaneutral“ werben, aber mit großem Aufwand ihren CO₂-Ausstoß erheblich verringert hätten. Daher müsse bei der Werbung mit „klimaneutral“ darüber informiert werden, dass eine Kompensation stattfinde und zu welchem Anteil eigene Maßnahmen zur CO₂-Reduzierung dahinterständen. Nur anhand der entsprechenden Informationen könne der Verbraucher eine informierte Entscheidung treffen.

Ihre diesbezügliche Forderung nach mehr Transparenz sieht die Wettbewerbszentrale nun durch erste Gerichtsentscheidungen in zwei Verfahren bestätigt. Beide Urteile forderten transparente Angaben darüber, wie die Klimaneutralität erreicht werde.

Fall 1 | LG Konstanz, Urteil vom 19.11.2021, Az.: 7 O 6/21 KfH - nicht rechtskräftig

In diesem Fall hatte ein Anbieter Heizöl mit „klimaneutrales Premium-Heizöl“ beworben. Die Wettbewerbszentrale war der Meinung, dass das Unternehmen schon in der Werbung angeben müsse, ob und zu welchem Anteil die behauptete Klimaneutralität durch eigene Maßnahmen des Unternehmens erreicht werde und hatte Unterlassung verlangt. Das LG Konstanz bestätigte die Rechtsauffassung der Wettbewerbszentrale in vollem Umfang und verlangte Angaben darüber, wie die Klimaneutralität erreicht wurde. Es befand, dass darüber aufgeklärt werden müsse, ob das werbende Unternehmen zumindest teilweise – durch eigene Energieeinsparungen im Betrieb oder durch Einsatz regenerativer Energien – zur Verringerung der CO2-Emissionen beitrage oder ob es allein CO2-Zertifikate kaufe, die Projekte in Schwellen- und Entwicklungsländern unterstützten, die CO2 verringern würden. Da entsprechende Angaben fehlten, gab das LG Konstanz der Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale statt. Das LG hielt dabei fest, dass die Werbung mit „klimaneutral“ wegen der besonderen emotionalen Werbekraft umweltbezogener Aussagen, der komplexen naturwissenschaftlichen Zusammenhänge und des meist nur geringen sachlichen Wissensstandes des Publikums strengen Anforderungen und weitgehenden Aufklärungspflichten unterliege.

Fall 2 | LG Kiel, Urteil vom 02.07.2021, Az.: 14 HKO 99/20 - nicht rechtskräftig

Gegenstand dieses Verfahrens ist die Werbung mit „klimaneutral“ auf Müllbeuteln. Das LG Kiel befand, dass die Werbung irreführend sei und dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthalten würden. Die Aussage „klimaneutral“ über dem Unternehmensnamen erwecke den falschen Eindruck, dass das gesamte Unternehmen klimaneutral sei. Tatsächlich seien lediglich bestimmte Produkte klimaneutral gestellt. Auch lasse sich die Klimaneutralität mit unterschiedlichen Mitteln erreichen. Daher sei es für die Entscheidung des Verbrauchers wesentlich, beim Kauf unproblematisch Informationen darüber zu erhalten, auf welche Weise die Klimaneutralität erreicht werde. Nur so sei er in der Lage, zu entscheiden, ob er die Maßnahmen für unterstützenswert halte und ob sie überhaupt plausibel seien. Da entsprechende Angaben jedoch fehlten, verurteilte das LG Kiel das Unternehmen antragsgemäß zur Unterlassung. Die Berufung gegen dieses Urteil ist beim OLG Schleswig unter dem Az.: 6 U 46/21 anhängig.

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