Sturz auf dem Weg ins häusliche Homeoffice ist kein Arbeitsunfall Landessozialgericht Essen verneint versicherten Wegeunfall

Ein Sturz auf dem Weg ins Homeoffice ist kein Arbeitsunfall. Der zu Beginn einer Tätigkeit im Haus / in der Wohnung zurückgelegte Weg ist weder als Weg zur Arbeit noch als Betriebsweg gesetzlich unfallversichert. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Essen in einem am 05.05.2021 veröffentlichten Urteil entschieden.

Der Kläger in dem Verfahren ist als Gebietsverkaufsleiter seit mehreren Jahren im Außendienst versicherungspflichtig beschäftigt. Er arbeitet dabei regelmäßig auch im Homeoffice. Im September 2018 stürzte er auf dem Weg von den Wohnräumen in seine Büroräume eine Wendeltreppe hinunter. Dabei erlitt er einen Brustwirbeltrümmerbruch.

Die beklagte Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik lehnte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Es liege kein Arbeitsunfall vor. Der Sturz habe sich im häuslichen Wirkungskreis und nicht auf einem versicherten Weg ereignet. Dagegen klagte der Kläger erfolgreich vor dem Sozialgericht Aachen.

Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen eines Arbeitsunfalles lägen nicht vor. Der vom Kläger zurückgelegte Weg sei weder als Weg nach dem Ort der Tätigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII (wege)unfallversichert, noch als versicherter Betriebsweg anzusehen.

Bei der Wegeunfallversicherung beginne der Versicherungsschutz erst mit dem Durchschreiten der Haustür des Gebäudes. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), der sich das LSG anschloss, könne ein im Homeoffice Beschäftigter niemals innerhalb des Hauses bzw. innerhalb der Wohnung auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit wegeunfallversichert sein.

Die Annahme eines Betriebsweges scheide aus, da sich der Kläger zum Zeitpunkt des Treppensturzes auf dem Weg in sein Arbeitszimmer zur erstmaligen Aufnahme seiner versicherten Tätigkeit am Unfalltag befunden habe. Es handele sich bei Betriebswegen um Strecken, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt würden. Vor- und Nachbereitungshandlungen der versicherten Arbeitsleistungen fielen nicht darunter. Der Kläger habe den Weg zurückgelegt, um seine versicherungspflichtige Tätigkeit im Homeoffice am Unfalltag erstmalig aufzunehmen.

Die Revision ist beim BSG unter dem Az. B 2 U 4/21 R anhängig.

Zu dieser Entscheidung ist aber unbedingt zu beachten, dass Homeoffice nicht gleich zu setzen ist mit mobilem Arbeiten. Auch wenn die Begriffe vielfach synonym verwendet werden, sind rechtliche und tatsächliche Unterschiede mit dem jeweiligen Begriff verknüpft. Beim Homeoffice ist die (teilweise) Erbringung der Arbeitsleistung an einem fest eingerichteten Arbeitsplatz außerhalb des Betriebs, typischerweise "in den eigenen vier Wänden", gegeben. Unter Mobilarbeit ist die durch Zurverfügungstellung von mobilen Endgeräten eingeräumte Möglichkeit zu verstehen, die Arbeitsleistung an typischerweise wechselnden Orten außerhalb des Betriebs zu erbringen (etwa auf Reisen im Zug, im Hotel oder auf dem heimischen Sofa). Der Arbeitnehmer muss nicht notwendig von zuhause arbeiten. Er muss lediglich seine Erreichbarkeit sicherstellen.

Zur Frage, ob, und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen auch beim mobilen Arbeiten gesetzlicher Unfallversicherungsschutz besteht, ist bislang nicht abschließend geklärt und wird somit der künftigen Rechtsprechung vorbehalten bleiben. Es ist daher im Interesse der Beschäftigten, Unfälle im Zusammenhang mit mobiler Arbeit zu melden, um Entscheidungen der zuständigen Unfallversicherungsträger zum Versicherungsschutz herbeizuführen. Damit besteht dann auch die Möglichkeit, gegen solche Entscheidungen Widerspruch einzulegen und eine gerichtliche Klärung anzustreben.