Rückzahlung von Netzentgelten nach Insolvenzanfechtung wird nicht anerkannt BGH erklärt Praxis der Regulierungsbehörden für rechtmäßig

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden, dass von Netzbetreibern im Rahmen eines Vergleichs an den Insolvenzverwalter eines Energielieferanten rückerstattete Zahlungen nicht über künftige Netzentgelte refinanziert werden können.

Der BGH hat mit kürzlich veröffentlichtem Beschluss vom 10.11.2020 l Az.: EnVZ 5/20 die Weigerung der Landesregulierungsbehörde Sachsen für rechtmäßig erachtet, Zahlungen eines Gasverteilernetzbetreibers, die aufgrund eines mit dem Insolvenzverwalter eines Energielieferanten erfolgten Vergleichs an diesen geleistet wurden, im Rahmen der Netzentgeltregulierung anzuerkennen. Die Folge ist, dass diese Forderungsausfälle nicht im Rahmen der Netzentgelte refinanziert werden können. Die Entscheidung ist über den konkreten Fall hinaus für sämtliche Strom- und Gasverteilernetzbetreiber relevant. Sie könnte zukünftig die aus wirtschaftlicher Sicht sinnvollen Bemühungen von Netzbetreiber beeinflussen, sich nicht auf einen unnötigen langwierigen und kostenaufwändigen Rechtsstreit einzulassen, sondern die Angelegenheit möglichst außergerichtlich zu lösen.

In dem vorliegenden Fall handelte es sich bei der das Gerichtsverfahren betreibenden Antragstellerin um eine Gasverteilernetzbetreiberin. Im Jahr 2011 erhielt sie Netzentgeltzahlungen unter anderem von einem Unternehmen des Teldafax-Konzerns, der T.E. GmbH (nachfolgend: T.), über deren Vermögen am 01.09.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Insolvenzverwalter machte im Wege der Insolvenzanfechtung für von der T. gezahlte Netzentgelte einen Rückforderungsanspruch in Höhe von 23.368,24 € gegen die Gasverteilernetzbetreiberin gerichtlich geltend. In einem Vergleich vom 04.12.2014 verpflichtete sich die Gasverteilernetzbetreiberin, davon 12.852,53 € an den Insolvenzverwalter zu zahlen. Dies ist ein im Rahmen von Insolvenzanfechtungen üblicher Vorgang. Um sowohl dem von der Anfechtung betroffenen Unternehmen als auch dem Insolvenzverwalter kostenträchtigen Aufwand zu ersparen, der mit einer gerichtlichen Auseinandersetzung verbunden wäre, versuchen sich die Akteure oftmals, auf einen zu zahlenden Betrag zu einigen. In der Regel spielen dabei die voraussichtlichen Erfolgsaussichten der konkreten Insolvenzanfechtung für die Höhe des Vergleichsbetrags eine entscheidende Rolle. Im vorliegenden Fall begehrte die Gasverteilernetzbetreiberin die regulierungsrechtliche Anerkennung des an den Insolvenzverwalter aufgrund des Vergleichs gezahlten Betrages, um dessen Refinanzierung im Rahmen der Netzentgelte zu ermöglichen. Sie begehrte daher von der Landesregulierungsbehörde Sachsen die Berücksichtigung der aufgrund des Vergleichs geleisteten Zahlung als negativen periodenfremden Erlös beim Regulierungskonto für das Jahr 2014. Dies würde es ihr ermöglichen, den Rückzahlungsbetrag über die Netzentgelte wieder zu refinanzieren. Dies lehnte die Regulierungsbehörde mit dem angegriffenen Bescheid ab. Das Beschwerdegericht – OLG Dresden - hatte die dagegen gerichtete Beschwerde der Gasverteilernetzbetreiberin zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Dagegen wendete sie sich mit der sog. Nichtzulassungsbeschwerde zum BGH.

Nach Auffassung des BGH habe das Beschwerdegericht zudem zutreffend angenommen, dass u.a. der Wortlaut des § 5 Abs. 1 Satz 1 ARegV als "erzielbare Erlöse" alle dem Netzbetreiber tatsächlich zugeflossenen Einnahmen erfasst, ohne Rücksicht darauf, ob sie endgültig vereinnahmt worden sind. Indem die Vorschrift dabei die "Berücksichtigung der tatsächlichen Mengenentwicklung" vorschreibe, mache sie ebenfalls deutlich, dass alle Erlöse, die ein Netzbetreiber aus der tatsächlich durchgeleiteten Energiemenge hätte beziehen können, die also erzielbar sind, grundsätzlich zu berücksichtigen seien. Anders als noch im Regierungsentwurf vorgesehen, knüpfe § 5 Abs. 1 Satz 1 ARegV nicht an tatsächlich erzielte, sondern an tatsächlich erzielbare Erlöse an. Schließlich sprächen auch Sinn und Zweck des § 5 ARegV sowie die Ziele des EnWG (§ 1 Abs. 1 EnWG) und der Regulierung der Gasversorgungsnetze (§ 1 Abs. 2 EnWG) nicht für die Berücksichtigung insolvenzbedingter Erlösausfälle. Vielmehr setze § 5 Abs. 1 Satz 1 ARegV die Vorgabe des § 21a Abs. 3 Satz 4 EnWG um, die Netzbetreiber von den Auswirkungen jährlich schwankender Verbrauchsmengen auf ihre Gesamterlöse zu entlasten. Danach sei es nicht geboten, auch insolvenzbedingte Einnahmeschwankungen auszugleichen.