Planfeststellungsbeschluss einer Hochspannungsleitung ist rechtswidrig SächsOVG folgt den Einwänden der Kläger
Der Planfeststellungsbeschluss der Landesdirektion Sachsen, mit dem eine Hochspannungsleitung (110 kV) von Falkenstein zur Leitung Herlasgrün - Markneukirchen bei Gunzen genehmigt worden war, ist rechtswidrig und darf nicht vollzogen werden. Dies hat das SächsOVG in Bautzen in einem erstinstanzlichen Klageverfahren mit seinem Urteil vom 08.09.2020 | Az.: 4 C 18/17 festgestellt.
Durch die planfestgestellte 110-kV-Leitung sollte im Rahmen des Netzausbaus „Vogtlandring“ die an das Umspannwerk Falkenstein angebundene 110-kV-Leitung mit der Leitung Herlasgrün - Markneukirchen verbunden werden. Dazu sollte eine bestehende, von Falkenstein über Grünbach nach Muldenberg führende 30-kV-Leitung zu einer 110-kV-Leitung „ertüchtigt“ werden, und von Muldenberg bis zum Anschluss an die Leitung Herlasgrün-Markneukirchen bei Gunzen eine 110-kV-Leitung als Erdkabel verlegt werden.
Die Kläger, die Eigentümer eines Grundstücks sind, das von der planfestgestellten Leitung in Anspruch genommen wird, haben u. a. geltend gemacht, dass die von der Planfeststellungsbehörde vorgenommene Variantenprüfung bei der Trassenwahl fehlerhaft sei und der als Freileitung vorgesehene Teil der Leitung als Erdkabel ausgeführt werden müsse. Ferner haben sie sich auf Fehler bei der Prüfung von naturschutzrechtlichen Vorschriften berufen, insbesondere bei der Beurteilung von Beeinträchtigungen von europäischen Schutzgebieten (sog. FFH-Gebiete) und dem Artenschutz.
Das SächsOVG ist den Einwänden der Kläger weitgehend gefolgt. Als rechtsfehlerhaft beanstandet wurde insbesondere, dass die Planfeststellungsbehörde bei der Variantenprüfung nur den als Erdkabel auszuführenden Teil des planfestgestellten Vorhabens ohne den Freileitungsteil mit einer Alternative verglichen hat, die das Vorhaben als Ganzes umgesetzt hätte. Die Landesdirektion sei auch zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Trasse der bestehenden 30-kV-Freileitung als „Bestandstrasse“ für die 110-kV-Leitung zu betrachten sei, so dass eine Prüfung der Ausführung der Leitung als Erdkabel, wie sie § 43h EnWG vorschreibt, fehlerhaft unterblieben sei.
Nach § 43h Satz 1 EnWG sind Hochspannungsleitungen auf neuen Trassen mit einer Nennspannung von 110 Kilovolt oder weniger als Erdkabel auszuführen, soweit die Gesamtkosten für Errichtung und Betrieb des Erdkabels die Gesamtkosten der technisch vergleichbaren Freileitung den Faktor 2,75 nicht überschreiten und naturschutzfachliche Belange nicht entgegenstehen; die für die Zulassung des Vorhabens zuständige Behörde kann auf Antrag des Vorhabenträgers die Errichtung als Freileitung zulassen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen. Soll der Neubau einer Hochspannungsleitung weit überwiegend in oder unmittelbar neben einer Bestandstrasse durchgeführt werden, handelt es sich nach § 43h Satz 2 EnWG nicht um eine neue Trasse im Sinne von § 43h Satz 1 EnWG.
Im Hinblick auf die naturschutzrechtlichen Vorschriften sei die Prüfung auf einer unzureichend ermittelten Grundlage vorgenommen worden. Die Annahmen der Planfeststellungsbehörde, dass Beeinträchtigungen der von der Leitung betroffenen FFH-Gebiete ausgeschlossen werden könnten, und das artenschutzrechtliche Tötungsverbot insbesondere im Hinblick auf den Schwarzstorch nicht verletzt sei, seien nicht nachvollziehbar.
Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht aufgehoben worden, weil das SächsOVG nicht ausschließen konnte, dass die festgestellten Mängel mit der Durchführung eines ergänzenden Verfahrens behoben werden können.
Die Revision zum BVerwG wurde nicht zugelassen, sodass gegen die Nichtzulassung Beschwerde eingelegt werden kann.