OLG Hamburg hält Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) für abmahnfähig
Das OLG Hamburg bestätigt die Auffassung des LG Würzburg zur Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen die Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO)
Das OLG Hamburg hat am 25.10.2018 (Az.: 3 U 66/17) entschieden, dass Verstöße gegen die DS-GVO wettbewerbswidrig sein können und damit insbesondere von Mitbewerbern oder Verbänden zur Förderung von Verbraucher- oder Wettbewerbsinteressen abgemahnt werden können.
Bislang wurden hinsichtlich der Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen die DS-GVO unterschiedliche Auffassungen vertreten. Das LG Bochum hat in einem Teil-Versäumnis- und Schlussurteil vom 07.08.2018 (Az.: I-12 O 85/18) entschieden, dass datenschutzrechtliche Verstöße nicht abmahnbar sind. Es hat sich insoweit der Auffassung von Herrn Prof. Dr. Köhler (ZD 2018, 337) angeschlossen. Nach der dort zu findenden Argumentation enthält die DS-GVO in Art. 77 bis 84 eine abschließende Regelung, die die Ansprüche von Mitbewerbern ausschließt.
Am 13.09.2018 stellte das LG Würzburg dagegen im einstweiligen Verfügungsverfahren (Az.: 11 O 1741/18 UWG) fest, dass eine den Vorgaben der DS-GVO nicht genügende Datenschutzerklärung gegen das Wettbewerbsrecht (§ 3a UWG) verstößt und abgemahnt werden kann.
Letzterer Auffassung schloss sich nunmehr das OLG Hamburg – mit Einschränkungen – an. Die DS-RL enthalte kein erkennbar abschließendes Sanktionssystem, das einer zivilrechtlich begründeten Verfolgung von Verletzungen der Datenschutzvorschriften durch Mitbewerber nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG entgegenstünde. Trotz der mit der Richtlinie beabsichtigten Vollharmonisierung sei mit der Richtlinie kein abschließendes Rechtsbehelfssystem festgelegt worden. Gerade im Kontext der Vorschrift des Art. 77 DS-GVO, die für jede betroffene Person auch anderweitige - also nicht in der DS-GVO selbst geregelte - gerichtliche Rechtsbehelfe offen ließe, sowie der Vorschrift des Art. 82 Abs. 1 DS-GVO, der nicht nur der betroffenen Person, sondern jeder Person ein Recht auf Schadensersatz einräume, werde deutlich, dass die DS-GVO wegen anderweitiger, in der Verordnung selbst nicht geregelter Rechtsbehelfe und Sanktionen offen gestaltet sei.
Für die Abmahnfähigkeit von Datenschutzrechtsverstößen sei jedoch erforderlich, zu prüfen, ob die angebliche Vorschrift der DS-GVO eine Regelung des Marktverhaltens beinhalte. Nur dann könnte ein Mitbewerber diese Verstöße abmahnen. Diene die Vorschrift dagegen dazu, die Interessen Dritter oder andere Gemeinschaftsgüter zu schützen, ohne dabei gleichzeitig auch dem Schutz der Interessen von Marktteilnehmern zu dienen, sei keine Abmahnfähigkeit durch Mitbewerber gegeben.
Im hiesigen Urteil wurde eine Wettbewerbsverletzung bei der Verarbeitung von Patientendaten ohne Einwilligung abgelehnt. Eine Verletzung von § 28 Abs. 7 BDSG a.F. stelle keinen Wettbewerbsverstoß dar. Die Daten seien lediglich zur Gesundheitsvorsorge erhoben worden und nicht zu Werbe- oder Marketingzwecken. Es sei zwar objektiv gegen die DS-GVO verstoßen worden. Die Beklagte habe aber keinen unmittelbaren Wettbewerbsvorteil erlangt. Erstinstanzlich vertrat das LG Hamburg die gegenteilige Auffassung (Urteil vom 02.03.2017 - Az.: 327 O 148/16).
Gegen das Urteil wurde die Revision zugelassen. Gegebenenfalls wird sich dann nicht nur der BGH, sondern auch der EuGH mit diesem Urteil befassen, es sei denn der Streit wird durch die Gesetzgebung überholt.