Klage gegen Viessmann Group wegen Prosumer-Stromtarif erfolgreich Landgericht Frankfurt/Main gibt Verbraucherzentrale NRW Recht

Auf eine Klage der Verbraucherzentrale NRW hat das Landgericht (LG) Frankfurt/Main mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 07.10.2021 | Az.: 2-03 O 559/19 der Viessmann Group irreführende Werbeaussagen zu angebotenen Stromtarifen für eine Viessmann-Solaranlage untersagt.

Die Verbraucherzentrale NRW hat am 07.12.2021 mitgeteilt, dass das LG Frankfurt/Main auf eine von ihr eingereichte Klage mit Urteil vom 07.10.2021 | Az.: 2-03 O 559/19 der Viessmann Group GmbH & Co.KG irreführende Werbeaussagen zu angebotenen Stromtarifen für eine Viessmann-Solaranlage untersagt hat. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. So wurde ein Stromtarif als „Flatrate“ beworben. Entgegen der Erwartung handelte es sich dabei aber nicht um eine „klassische“ Flatrate zum Festpreis, sondern lediglich um einen Volumentarif, bei dem ab einer bestimmten Verbrauchsmenge Mehrkosten anfallen können.

Das vom Anbieter in der Werbung gezeichnete Bild einer Gemeinschaft von privaten Stromproduzenten und -konsumenten („Prosumer“), die sich in einem geschlossenen Stromsystem durch das gemeinsame Erzeugen, Verbrauchen und Teilen von Strom unabhängig von steigenden Strompreisen und Energieversorgern machen könnten, entlarvte das Gericht als Märchen: Weder vertraglich noch technisch oder physikalisch komme es zu einem Zusammenschluss der Kunden. Strom werde weder gemeinsam erzeugt noch genutzt; es gebe auch keinen „exklusiven“ Strompool für ViShare-Mitglieder, in dem überschüssiger Strom gesammelt und später wieder entnommen werden könne.

Die Verbraucherzentrale begrüßt sehr, dass das Gericht diese Marketing-Mythen zu Prosumer-Tarifen klar benannt und ihnen einen Riegel vorgeschoben habe. Es sei wichtig, dass Verbraucher die Funktionsweise der Tarife verstehen und keine falschen Erwartungen haben. Die Kunden würden einen Stromliefervertrag mit einem Energieversorger zur Deckung ihrer Reststromlücke abschließen – nicht mehr und nicht weniger.

Das LG Frankfurt a.M. kassierte laut der Verbraucherzentrale NRW zudem eine Klausel im Kleingedruckten, wonach der von Prosumern zu bezahlende Strompreis um zwei Euro pro Tag pro Kilowattpeak Leistung (kWp) erhöht werden konnte, wenn die Photovoltaikanlage aufgrund eines vollständigen oder teilweisen Ausfalls mehr als vier Tage lang mindestens 50 Prozent weniger Strom als erwartet in das Stromnetz einspeist. Das Gericht habe darin eine unzulässige Pauschalisierung von Schadensersatzansprüchen gesehen, weil die Preiserhöhung den zu erwartenden Schaden um ein Vielfaches übersteige.

Zuvor hatte die Viessmann Group, nach einer vorausgegangenen Abmahnung durch die Verbraucherzentrale NRW, bereits auf weitere irreführende Werbeaussagen und unzulässige Klauseln verzichtet. Unter anderem sei der ursprünglichen Unternehmenswerbung nicht hinreichend deutlich zu entnehmen gewesen, dass die Viessmann Group nicht selbst der Anbieter der beworbenen „ViShare“-Stromtarife sei. Dieses unzulässige Versteckspiel tauche laut der Verbraucherzentrale NRW im Zusammenhang mit Prosumer-Tarifen verstärkt auf. Unternehmen nutzten ihre Bekanntheit, um Verbraucher zu ködern, tatsächlicher Vertragspartner sei aber ein anderer Geschäftspartner. Es sei für Kunden nicht nur ärgerlich, sondern insbesondere bei Haftungsfragen auch rechtlich von großer Bedeutung, wer der Vertragspartner sei.