Keine Beteiligung des Betriebsrates beim Terrorlisten-Screening BAG verneint das Mitbestimmungsrecht, weil kein Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Betriebsrat nicht zu beteiligen ist, wenn der Arbeitgeber im Wege der elektronischen Datenverarbeitung einen Abgleich von Vor- und Nachnamen der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer mit den auf Grundlage der sog. Anti-Terror-Verordnungen der Europäischen Union erstellten Namenslisten durchführt. Die dadurch erzeugten Ergebnisse über einzelne Arbeitnehmer enthalten keine Aussage über ein tatsächliches betriebliches oder ein außerbetriebliches Verhalten mit Bezug zum Arbeitsverhältnis.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass der Betriebsrat nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu beteiligen ist, wenn der Arbeitgeber im Wege der elektronischen Datenverarbeitung einen Abgleich von Vor- und Nachnamen der bei ihm beschäftigten Arbeitnehmer mit den auf Grundlage der sog. Anti-Terror-Verordnungen der Europäischen Union erstellten Namenslisten durchführt. Die durch die technische Einrichtung erzeugten Ergebnisse über einzelne Arbeitnehmer enthalten keine Aussage über ein tatsächliches betriebliches oder ein außerbetriebliches Verhalten mit Bezug zum Arbeitsverhältnis. Dies ergibt sich aus einem Beschluss vom 19.12.2017 (Az.: 1 ABR 32/16).

Seit 2012 führt die Arbeitgeberin ein „automatisiertes Screeningverfahren“ durch. Anlässlich der monatlichen Entgeltzahlungen wird durch den Einsatz einer Software automatisiert abgeglichen, ob die Vor- und Nachnamen der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer mit denjenigen vollständig oder teilweise übereinstimmen, die auf Listen entsprechend Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates (vom 27. Mai 2002, ABl. EG L 139 vom 29. Mai 2002 S. 9, nachfolgend VO 881/2002) sowie Art. 2 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2580/2001 des Rates (vom 27. Dezember 2001, ABl. EG L 344 vom 28. Dezember 2001 S. 70, nachfolgend VO 2580/2001) aufgeführt sind und fortlaufend aktualisiert werden. Sollte bei dem Datenabgleich eine vollständige oder teilweise Übereinstimmung festgestellt werden, erfolgt eine Information der zuständigen Personalleitung. Diese führt, abhängig vom Grad der Übereinstimmung, einen weitergehenden manuellen Abgleich durch, um bei einer vollständigen Übereinstimmung von Vor- und Nachnamen die Entgeltzahlung einzustellen sowie die zuständigen Behörden zu informieren. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs sei nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Bereits der Abgleich von Statusdaten (Name und Vorname) treffe eine Aussage über ein Verhalten eines Arbeitnehmers. Auch soweit ein Listeneintrag auf außerbetriebliches Verhalten zurückgehe, könne sich diese Kenntnis nachteilig auf das Arbeitsverhältnis auswirken.

Die Voraussetzungen eines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG liegen nach der BAG-Entscheidung jedoch nicht vor.

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat u.a. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Mitbestimmungsrecht ist darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind. Die auf technischem Wege erfolgende Ermittlung und Aufzeichnung von Informationen über Arbeitnehmer bei der Erbringung ihrer Arbeitsleistung oder der Durchführung des Arbeitsverhältnisses bergen die Gefahr in sich, dass sie zum Objekt einer Überwachungstechnik gemacht werden, die anonym personen- oder leistungsbezogene Informationen erhebt, speichert, verknüpft und sichtbar macht. Den davon ausgehenden Gefährdungen des Persönlichkeitsrechts von Arbeitnehmern soll das Mitbestimmungsrecht entgegenwirken. „Überwachung“ im Sinne des Mitbestimmungsrechts ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern erhoben und - jedenfalls in der Regel - aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die Informationen müssen auf technische Weise ermittelt und dokumentiert werden, so dass sie zumindest für eine gewisse Dauer verfügbar bleiben und vom Arbeitgeber herangezogen werden können.

Danach handelt es sich bei dem von der Arbeitgeberin vorgenommenen Datenabgleich nicht um eine technische Einrichtung i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Sie ist nicht dazu bestimmt, das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen. Die Arbeitgeberin nutzt nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Beteiligten auf den bei ihr vorhandenen EDV-Einrichtungen eine Software zum „automatisierten“ Datenabgleich. Dieses mittels einer technischen Einrichtung durchgeführte „Screening“ erzeugt eigenständig eine neue Information über einen Arbeitnehmer, nämlich die teilweise, gänzliche oder fehlende Übereinstimmung seines Vor- und Zunamens mit denjenigen Statusdaten, die auf den nach den beiden Verordnungen erstellten Listen aufgeführt sind. Es handelt sich bei dem softwarebasierten ausschließlich namensbezogenen Datenabgleich nicht nur um ein Hilfsmittel für eine lediglich durch menschliches Handeln durchgeführte Überprüfung. Der automatisierte bloße Namensabgleich ist nach Art und Inhalt nicht dazu bestimmt, i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG Leistung oder Verhalten eines Arbeitnehmers zu überwachen. Der Begriff des Verhaltens i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfasst ein vom Willen des Arbeitnehmers getragenes oder gesteuertes Tun oder Unterlassen. Es handelt sich um einen Oberbegriff, der letztlich auch denjenigen der Leistung mitumfasst. Die aufgrund des Datenabgleichs generierten Ergebnisse bilden weder ein konkretes Verhalten oder eine konkrete Leistung eines Arbeitnehmers ab noch lassen sie auf solche schließen. Eine Identität dieser Statusdaten eines Arbeitnehmers und der auf einer „Terrorliste“ geführten Person gibt Auskunft darüber, dass sich gegen diese eine Verbotsmaßnahme i.S.d. Bereitstellungsverbots richtet. Eine Aussage über ein tatsächliches betriebliches oder außerbetriebliches Verhalten des Arbeitnehmers, das einen Bezug zum Arbeitsverhältnis hat, ist damit nicht verbunden.