Insolvenzantragspflicht nur für überschuldete Unternehmen ausgesetzt Anfechtungsausnahmen nicht für Zahlungen zahlungsunfähiger Unternehmen
Das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz wurde bis zum 31.12.2020 verlängert, jedoch nur für überschuldete Unternehmen, die nicht zahlungsunfähig sind. Ab dem 01.10.2020 können daher Zahlungen von überschuldeten und zahlungsunfähigen Unternehmen wieder anfechtbar sein. Zudem ist ein neuer Rechtsrahmen für Sanierungen und Restrukturierungen geplant.
Am 28.03.2020 ist das vom VKU angeregte Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz (COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz - COVInsAG) rückwirkend zum 01.03. 2020 in Kraft getreten. Kernstück dieses Gesetzes ist die Aussetzung der gesetzlichen Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags bis zum 30.09.2020. Während dieses Aussetzungszeitraums geleistete Zahlungen von Unternehmen sind im Rahmen eines Insolvenzverfahrens grundsätzlich nicht anfechtbar, soweit die Insolvenz pandemiebedingt ist. Dies wird vermutet, wenn das insolvente Unternehmen Ende 2019 nicht zahlungsunfähig war. Diese gesetzliche Einschränkung der Insolvenzanfechtung betrifft auch Zahlungen von Unternehmen, die keiner Insolvenzantragspflicht unterliegen | s. VKU-Anwendungshilfe „Fragen und Antworten zum Zahlungsmoratorium“, S. 21 ff.). Auf Initiative der Bundesregierung haben Bundestag und Bundesrat Mitte September eine Verlängerung des COVInsAG beschlossen. Anders als zu Beginn der Pandemie wird nun zwischen Unternehmen unterschieden, die zahlungsunfähig sind und solchen, die lediglich überschuldet sind. Eine weitere Verschonung von zahlungsunfähigen Unternehmen wird als nicht mehr notwendig und unverhältnismäßig beurteilt. Die Verlängerung der Aussetzung ist daher nur noch auf die Antragspflicht wegen Überschuldung beschränkt. Eine eventuelle weitere Verlängerung über den 31.12.2020 kann durch den Gesetzgeber erfolgen. Zahlungsunfähige Unternehmen sind daher ab dem 01.10.2020 nicht mehr vom Anwendungsbereich des COVIns- AG umfasst. Ab dem 01.10.2020 getätigte Zahlungen von zahlungsunfähigen Unternehmen unterliegen im Rahmen eines späteren Insolvenzverfahrens somit nicht mehr der Anfechtungsausnahme des COVInsAG, sondern wieder den Anfechtungsregelungen der Insolvenzordnung. Vertragspartner von zahlungsunfähigen Unternehmen können daher auch wieder das übliche Forderungsmanagement durchführen und die vertraglich möglichen Maßnahmen ergreifen, um das Forderungsausfall- und Anfechtungsrisiken zu minimieren. Zu diesen Maßnahmen gehört insbesondere die Forderung von Vorauszahlungen. Nähere Einzelheiten zu den Möglichkeiten, das Risiko einer Insolvenzanfechtung und von Forderungsausfällen zu minimieren, sind im VKU-Leitfaden Insolvenzrecht dargestellt und erläutert.
Für lediglich drohend zahlungsunfähige/überschuldete Unternehmen wird derzeit ein neuer Rechtsrahmen geschaffen, der den weiteren Geschäftsbetrieb ermöglichen soll. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat Ende September den Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz – SanInsFoG) veröffentlicht, mit dem im Wesentlichen EU-Vorgaben (EU-Richtlinie 2017/1132 über Restrukturierung und Insolvenz) umgesetzt werden sollen. Durch die Gesetzesänderungen soll ein Rechtsrahmen zur Ermöglichung insolvenzabwendender Sanierungen geschaffen werden. Unternehmen, die sich im Stadium der drohenden und noch nicht eingetretenen Zahlungsunfähigkeit befinden, soll hierdurch ermöglicht werden, sich auf der Grundlage eines von den Gläubigerinnen mehrheitlich (und nicht wie aktuell einstimmig) angenommenen Restrukturierungsplans zu sanieren. Dieser Restrukturierungsrahmen solle es dem Unternehmen grundsätzlich ermöglichen, die Verhandlungen zu dem Plan selbst zu führen und den Plan selbst zur Abstimmung zu stellen. Die Verbesserungen der Sanierungsoptionen würden insbesondere Unternehmen zugutekommen, die infolge der Folgewirkungen der Maßnahmen, die zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie ergriffen worden sind, Umsatzeinbrüche erlitten haben. Neben der Regelung einer Reihe von Fragen zum Verfahren und weiterer Einzelfragen nimmt das Gesetz auch Geschäftsleiter haftungsbeschränkter Unternehmensträger mehr in die Pflicht. So sollen diese vor allem verpflichtet werden, im Rahmen der Ausübung des unternehmerischen Ermessens die Interessen der Gläubigerinnen zu wahren, wenn der Unternehmensträger drohend zahlungsunfähig ist. Die schuldhafte Verletzung dieser Pflichten solle zur Haftung gegenüber dem Unternehmensträger führen. Das Gesetz könnte noch in diesem Jahr das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen und wie geplant im Wesentlichen zum 01.01.2021 in Kraft treten.