Grundzuständige Messstellenbetreiber müssen gesonderten Tätigkeitsabschluss erstellen OLG Düsseldorf bestätigt Auffassung der Bundesnetzagentur
Grundzuständige Messstellenbetreiber hätten eine Rechtspflicht zur Erstellung und Testierung eines gesonderten Tätigkeitsabschlusses für den intelligenten/modernen Messstellenbetrieb. Zudem sei die Bundesnetzagentur (BNetzA) für die Überwachung nicht zuständig, soweit es sich um ein Versorgungsunternehmen mit weniger als 100.000 Netzkunden handelt.
Im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) ist u.a. vorgesehen, dass die Unabhängigkeit des grundzuständigen Messstellenbetriebs für moderne Messeinrichtungen und intelligente Messsysteme von anderen Tätigkeitsbereichen der Energieversorgung über die buchhalterische Entflechtung sicherzustellen ist (§ 3 Abs. 4 MsbG). Dabei wird auf die entsprechende Anwendung der im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) enthaltenen Vorgaben zur buchhalterischen Entflechtung verwiesen. Ob dieser Verweis auf eine entsprechende Anwendung der EnWG-Vorgaben auch die Erstellung und die Testierung eines gesonderten Tätigkeitsabschlusses für den Messstellenbetrieb intelligenter Messsysteme und moderner Messeinrichtungen umfasst, ist umstritten.
Die BNetzA bejaht dies. Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) sieht das anders und ist der Auffassung, dass lediglich getrennte Konten geführt werden müssten, die mit den sog. „Tätigkeiten außerhalb des Elektrizitäts- und Gassektors“ zusammengefasst werden könnten. Die BNetzA verfügte Aufsichtsmaßnahmen gegen Netzbetreiber (grundzuständige Messstellenbetreiber), die keine gesonderten Tätigkeitsabschlüsse erstellt hatten. Hiergegen wendeten sich die betroffenen Unternehmen mit einer Beschwerde zum Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf. Dieses bestätigte mit Beschluss vom 07.10.2020 l Az.: 3 Kart 885/19 die Auffassung der BNetzA. Den grundzuständigen Messstellenbetreiber i.S.d. § 2 S. 1 Nr. 4 MsbG treffe eine Rechtspflicht zur Erstellung und Testierung eines gesonderten Tätigkeitsabschlusses für den modernen Messstellenbetrieb aus § 3 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 MsbG i.V.m. § 6b Abs. 3 S. 6 EnWG. Die pauschale Verweisung in § 3 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 MsbG auf § 6b EnWG erstrecke sich bei der gebotenen systematischen und telelogischen Auslegung auch auf die in § 6 Abs. 3 S. 6 EnWG normierte Verpflichtung zur Erstellung eines gesonderten Tätigkeitsabschlusses und die daran anknüpfenden Verpflichtungen, diesen prüfen zu lassen und der BNetzA vorzulegen. Über den Verweis in § 3 Abs. 4 S. 2 Hs. 2 MsbG würden auch die Vorgaben des § 6b EnWG für Katalogtätigkeiten gelten.
Damit sei auch die Verpflichtung zur Erstellung eines gesonderten Tätigkeitsabschlusses auf den grundzuständigen Messstellenbetrieb anwendbar. Systematische und teleologische Erwägungen sprächen maßgeblich dafür, den grundzuständigen Messstellenbetrieb wie eine Katalogtätigkeit i.S.d. § 6b Abs. 3 S. 1 EnWG zu behandeln und einen gesonderten Tätigkeitsabschluss für diesen Geschäftsbereich zu verlangen. Dieses Erfordernis folge auch aus dem Regelungszweck, eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung vornehmen zu können, die das erforderliche Maß an Transparenz gewährleistet. Der Gefahr einer Verschiebung von Kosten des modernen Messstellenbetriebs in die Kosten des Netzbetriebs und damit die Erlösobergrenze, werde nicht schon dadurch begegnet, dass eine Trennung von den den vollregulierten Netzbetrieb erfassenden Katalogtätigkeiten und eine Zuordnung zu den Tätigkeiten außerhalb des Elektrizitäts- und Gassektors i.S.d. § 6 Abs. 3 S. 4 EnWG erfolgt. Zwar wäre die Sachangemessenheit der Kostenzuordnung in einem solchen Fall bereits Gegenstand der Abschlussprüfung nach 6b Abs. 3 S. 6 f. EnWG. Hierdurch werde aber die vom Gesetzgeber verlangte verursachungsgerechte Kostenzuordnung, die das erforderliche Maß an Transparenz gewährleistet, nicht erreicht. Nur die Vorlage eines gesonderten Tätigkeitsabschlusses für den modernen Messstellenbetrieb versetze die BNetzA in die Lage, die Abgrenzung der Kosten des modernen Messstellenbetriebs von denen des Netzbetriebs auf ihre sachliche Richtigkeit hin nachzuvollziehen.
Das Unternehmen kann nunmehr Rechtsbeschwerde zum BGH einlegen. Mit einem weiteren Beschluss vom 07.10.2020 l Az.: 3 Kart 884/19 hat das OLG Düsseldorf festgestellt, dass sich die Zuständigkeit für die Überwachung der Vorgaben zur buchhalterischen Entflechtung des grundzuständigen modernen Messstellenbetriebs gemäß § 3 Abs. 4 S. 2 MsbG nach § 54 EnWG und nicht nach § 76 MsbG richtet. Demanch war in dem dem Beschluss zugrundeliegenden Fall die Landesregulierungsbehörde Schleswig-Holstein für die Überwachung der MsbG-Vorschriften zur Entflechtung zuständig, da es sich bei dem betroffenen Energieversorgungsunternehmen um eins handelte, an deren Elektrizitäts- oder Gasverteilernetz jeweils weniger als 100.000 Kunden unmittelbar oder mittelbar angeschlossen sind. Die Landesregulierungsbehörde könnte nunmehr Aufsichtsmaßnahmen gegen das betroffene Unternehmen ergreifen.