Bundesgerichtshof entscheidet über Auslegung des Kundenanlagenbegriffs Gesetzesauslegung der Bundesnetzagentur bestätigt
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit kürzlich veröffentlichtem Beschluss vom 12.11.2019 l Az.: EnVR 65/18 konkretisiert, wann Energieanlagen als nicht der Regulierung unterliegende Kundenanlage im Sinn von § 3 Nr. 24a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) oder als Energieversorgungsnetz zu qualifizieren sind. Dabei bestätigt er die bisherige enge Auslegung des Kundenanlagenbegriffs durch die Bundesnetzagentur (BNetzA).
Das EnWG wurde 2011 u.a. um eine Definition des Begriffs „Kundenanlage“ § 3 Nr. 24a EnWG ergänzt (vgl.). Diese soll die Bestimmung ermöglichen, an welchem Punkt das regulierte Netz beginnt und die unregulierte Kundenanlage endet. Sie ist daher von Bedeutung für die Beantwortung der Frage, welche Betreiber welcher Anlagen sich den Regulierungsanforderungen zu stellen haben.
Die Definition enthält mehrere unbestimmte Rechtsbegriffe, deren Auslegung streitig ist, v.a. ob die Energieanlagen unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas sind. Dies hat zu Rechtsstreitigkeiten zwischen Netzbetreibern und Betreibern solcher Anlagen geführt, die den Netzanschluss als Kundenanlage begehren. Oftmals handelt es sich hierbei um größer dimensionierte „Wohn- oder Geschäftsquartiere“ mit Eigenversorgung. Vorliegend wandte sich ein Wohnungsbauunternehmen gegen Beschlüsse der BNetzA, die festgestellt hatte, dass der betroffene Netzbetreiber mit Ablehnung des begehrten Netzanschlusses als Kundenanlage nicht gegen gesetzliche Vorgaben verstoßen hat. Nach Auffassung der BNetzA lag keine Kundenanlage vor, da die betroffenen Energieanlagen nicht unbedeutend für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität waren. Das OLG Düsseldorf hatte die BNetzA-Auffassung bestätigt.
Auch der BGH befürwortet die Gesetzesauslegung der BNetzA. Dies hat er in seinem Beschluss vom 12.11.2019 bestätigt. Demnach ist eine Energieanlage für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas unbedeutend, wenn sie weder in technischer noch in wirtschaftlicher noch in versorgungsrechtlicher Hinsicht ein Ausmaß erreicht, das Einfluss auf den Versorgungswettbewerb und die durch die Regulierung bestimmte Lage des Netzbetreibers haben kann. Dies scheidet im Regelfall aus, wenn mehrere Hundert Letztverbraucher angeschlossen sind, die Anlage eine Fläche von deutlich über 10.000m² versorgt, die jährliche Menge an durchgeleiteter Energie voraussichtlich 1.000 MWh deutlich übersteigt und mehrere Gebäude angeschlossen sind.
Die vom BGH genannten Richtwerte sorgen für mehr Rechtssicherheit. Energieanlagen für größer dimensionierte Quartierslösungen dürften demnach in der Regel nicht als Kundenanlagen, sondern als Energieversorgungsnetze zu qualifizieren sein. Von der Notwendigkeit, die unbestimmten Rechtsbegriffe für den Einzelfall auszulegen und eine Gesamtabwägung vorzunehmen, entbindet die Entscheidung allerdings nicht.