Wie geht es mit dem Rollout weiter? Unklarheiten nach Eilbeschluss des OVG Münster

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster hat die Allgemeinverfügung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorläufig ausgesetzt, mit der die technische Möglichkeit des Einbaus intelligenter Messsysteme für bestimmte Einbaufälle festgestellt wurde. Unklar ist, was dies für den Smart Meter Rollout bedeuten könnte.

Grundzuständige Messstellenbetreiber/Netzbetreiber sind zur Ausstattung von (Strom-)Messstellen mit intelligenten Messsystemen verpflichtet, soweit dies technisch möglich ist. Dies ist der Fall, wenn mindestens drei voneinander unabhängige Unternehmen intelligente Messsysteme am Markt anbieten, die den gesetzlichen Vorgaben genügen und das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) dies feststellt (vgl. § 30 Messstellenbetriebsgesetz - MsbG). Das BSI hat mit einer Allgemeinverfügung vom 31.01.2020 die technische Möglichkeit des Einbaus für Messstellen bei Letztverbrauchern mit einem Jahresstromverbrauch von höchstens 100.000 kWh festgestellt. Zugleich hat das BSI die sofortige Vollziehung seiner Allgemeinverfügung angeordnet. Eine Reihe betroffener Unternehmen hat gegen die BSI-Allgemeinverfügung vor dem Veraltungsgericht (VG) Köln geklagt. Dieses muss noch im Hauptsacheverfahren (z.B. Az.: 9 K 3784/20) über die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung entscheiden. Einen vorläufigen Erfolg haben Kläger aber vor dem OVG Münster errungen. Dieses hat dem Eilantrag einer Klägerin stattgegeben und mit Eilbeschluss vom 04.03.2021 | Az.: 21 B 1162/20 die BSI-Allgemeinverfügung nach § 30 Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) vorläufig ausgesetzt, da diese voraussichtlich rechtswidrig sei. Die am Markt verfügbaren intelligenten Messsysteme genügten nicht den gesetzlichen Interoperabilitätsanforderungen. Zudem sei das BSI nicht berechtigt, die Allgemeinverfügung auf bestimmte im Gesetz vorgesehene Einbaufälle zu beschränken. Aufgrund dieser Entscheidung hat das BSI die Vollziehung der Allgemeinverfügung auch für die übrigen knapp 50 weiteren Unternehmen ausgesetzt, die Eilrechtsschutz vor dem OVG Münster begehrten. Die Aussetzung der Vollziehung hat zur Folge, dass die vor dem VG Köln anhängigen Klage aufschiebende Wirkung hat. Das bedeutet, dass die Pflicht zum Rollout intelligenter Messsysteme zumindest für diejenigen Unternehmen vorläufig nicht besteht, die gegen die BSI-Allgemeinverfügung geklagt haben. Unklar ist, welche Wirkung der Eilbeschluss für die Unternehmen hat, die die BSI-Allgemeinverfügung nicht vor Gericht angefochten haben. Grundsätzlich entfalten derartige Gerichtsbeschlüsse nur Wirkung für die am Gerichtsverfahren Beteiligten. Unternehmen, die die BSI-Allgemeinverfügung nicht angefochten haben, könnten sich demnach nicht auf die Entscheidung des OVG Münster berufen. Nach dem Dafürhalten des VKU würde eine solche inter-partes-Wirkung mit der vom Gesetzgeber mit der BSI-Feststellung bezweckten Klarstellung über den Zeitpunkt des Vorliegens der technischen Möglichkeit schwer vereinbar sein. Angesichts der „Natur“ der BSI-Feststellung kann dies nach Auffassung des VKU nur einheitlich gehandhabt werden, zumal das MsbG hieran auch den Beginn von für grundzuständige Messstellenbetreiber relevanter Fristen knüpft – z.B. die „10%-Ausstattung innerhalb von drei Jahren“. Auch muss berücksichtig werden, dass bis zu einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung voraussichtlich noch mehrerer Jahre vergehen dürften, in denen die nicht klagenden Messstellenbetreiber weiter intelligente Messsysteme verbauen müssen, die möglicherweise nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllen und ggf. komplett ausgetauscht werden müssten. Sehr hohe stranded investments wären hierdurch wohl vorprogrammiert.

Das BSI und die Bundesnetzagentur (BNetzA) wollten ihre Positionen zu dem OVG-Beschluss und seinen möglichen Wirkungen über die konkreten Gerichtsverfahren hinaus abstimmen und ihren gemeinsamen Standpunkt voraussichtlich nach den Osterfeiertagen kundtun. Unabhängig von der Frage wie die BNetzA nun mit den gesetzlichen Einbauverpflichtungen verfährt, haben der VKU und der BDEW in einem an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) gerichteten gemeinsamen Schreiben kurzfristige Änderungen des MsbG gefordert. Ziel einer kurzfristigen Gesetzesänderung muss es sein, stranded investments möglichst zu verhindern. Hierfür ist es u.a. notwendig, das MsbG an der technischen Realität auszurichten und einen sukzessiven Rollout von Smart Metern für unterschiedliche Anwendungsfälle zu ermöglichen. Der VKU und der BDEW haben hierfür konkrete Gesetzesänderungsvorschläge erarbeitet, die im Rahmen laufender Gesetzgebungsverfahren von den Koalitionsfraktionen im April in den Bundestag eingebracht werden könnten.