Wasserversorger kann Information über Einsatz von Pflanzenschutzmittel verlangen Behörde muss über Aufzeichnungen der Landwirte informieren

Der VGH Baden-Württemberg hat mit fünf Urteilen vom 04.05.2021 festgestellt, dass das Land Baden-Württemberg einem Wasserzweckverband und einem Naturschutzverband grundsätzlich Zugang zu Informationen über von Landwirten geführte Aufzeichnungen über die von ihnen in Naturschutz- bzw. Wasserschutzgebieten verwendeten Pflanzenschutzmittel gewähren muss.

Zur Begründung der Urteile (Az.: Az.: 10 S 1348/20, 10 S 2060/20, 10 S 2422/20, 10 S 3972/20 und 10 S 1421/21) führt der VGH aus, die geltend gemachten Ansprüche ergäben sich aus den Regelungen des Landes über den Zugang zu Umweltinformationen im Umweltverwaltungsgesetz.

Eigenständige, den Anwendungsbereich des Umweltverwaltungsgesetzes verschließende Regelungen seien weder in der EU-Pflanzenschutzverordnung noch im Pflanzenschutzgesetz enthalten. Die einschlägige Regelung in der EU-Pflanzenschutzverordnung verweise auf die Zugangsstandards der EU-Umweltinformationsrichtlinie und des diese umsetzenden nationalen Rechts, wie im konkreten Fall das Umweltverwaltungsgesetz. Die einschlägige Regelung im Pflanzenschutzgesetz sei aus unionsrechtlichen Gründen nicht anwendbar, weil sie dem genannten Zugangsstandard nicht genüge. Die Voraussetzungen der geltend gemachten Ansprüche seien erfüllt. Bei den nach der EU-Pflanzenschutzverordnung verpflichtend zu führenden Aufzeichnungen der Landwirte handele es sich um Umweltinformationen. Diese seien zwar nicht bei der zuständigen Landwirtschaftsbehörde vorhanden, würden aber von den Landwirten für diese bereitgehalten. Ein Anspruch, der sich allerdings von vornherein immer nur auf zum Zeitpunkt der behördlichen Antragstellung vorhandene und nicht auf erst danach entstehende Informationen beziehen könne, entfalle nicht deshalb, weil die Behörde insoweit ein Ermittlungs- und Zusammenstellungsaufwand treffe. Denn die Landwirtschaftsbehörden hätten grundsätzlich Kenntnis von potentiellen beruflichen Verwendern. Es gehöre zu ihren Aufgaben, die Aufzeichnungen zu überprüfen. Informationsrechtlich handele es sich um eine grundsätzlich geschuldete Vorbereitungsleistung. Auch der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisschutz der Landwirte stünden nicht entgegen, weil das Umweltverwaltungsgesetz diesen Schutz im hier gegebenen Fall von „Umweltinformationen über Emissionen“ ausdrücklich ausschließe.

Der VGH hat die Revision in den fünf Verfahren nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann jedoch innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils angefochten werden.

Eine Besonderheit in diesen Verfahren besteht darin, dass das beteiligte kommunale Unternehmen selbst einen Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen geltend macht. Der Fall gibt ein praktisches Beispiel dafür, dass sich auch kommunale Unternehmen die Umweltinformationsgesetze zu Nutze machen können und entsprechende Fragen an die jeweils zuständigen Behörden stellen können, um Zugang zu relevanten Umweltinformationen zu erhalten. Eine Begründung für die Motivation des Anspruchs ist nicht erforderlich.

Im Regelfall sind kommunale Ver- und Entsorgungsunternehmen aber als sog. „informationspflichtige Stellen“ betroffen und müssen, soweit kein Ablehnungsgrund vorliegt, an sie gerichtete Fragen zu Umweltinformationen beantworten. Auch die Informationsfreiheitsgesetze, die es in den meisten Bundesländern gibt, verpflichten kommunale Unternehmen regelmäßig in entsprechender Weise.