Verjährung von Zahlungsansprüchen beginnt erst nach Rechnungserteilung und Fälligkeit Bundesgerichtshof bestätigt seine Rechtsprechung
Der Verjährungsbeginn einer Zahlungsforderung des Grundversorgers setzt die Fälligkeit der Forderung und die Erteilung einer Rechnung voraus. Dies gilt auch, wenn nicht innerhalb der im Energiewirtschaftsgesetz bestimmten Fristen abgerechnet wurde. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 17.07.2019 (Az.: VIII ZR 224/18) klargestellt.
In dem vom BGH entschiedenen Fall rechnete der Grundversorger mit Jahresrechnung vom 11.04.2013 den Zeitraum vom 11.11.2010 bis zum 31.08.2011, mit Schlussrechnung vom 06.05.2013 den Zeitraum vom 01.09.2011 bis zum 30.10.2012 ab. Der Kunde leistete hierauf keine Zahlung und berief sich u.a. auf die Einrede der Verjährung. Der Grundversorger hat über die Gesamtforderung einen Mahnbescheid erwirkt, der im November 2016 dem Kunden zugestellt worden ist. Die vorinstanzlich befassten Gerichte haben die Zahlungsklage des Grundversorgers wegen Verjährung abgewiesen. Mit der Revision verfolgte der Grundversorger seinen Anspruch vor dem BGH weiter. Entgegen der Vorinstanzen beurteilte der BGH den Zahlungsanspruch als nicht verjährt.
Zu den Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gehören gemäß § 199 Abs. 1 BGB u.a. die Entstehung des Anspruchs. Entstanden ist ein Anspruch, wenn er vom Gläubiger im Wege der Klage geltend gemacht werden kann. Voraussetzung dafür ist grundsätzlich die Fälligkeit des Anspruchs, die dem Gläubiger im Falle einer (Leistungs-)Klage die Möglichkeit zur Klageerhebung verschafft. In bestimmten Sonderfällen aber ist die Fälligkeit einer Forderung kraft Gesetzes von der Erteilung einer Rechnung durch den Gläubiger abhängig. In der Stromgrundversorgung ist § 17 Abs. 1 Satz 1 StromGVV anzuwenden. Danach werden Rechnungen zu dem vom Grundversorger angegebenem Zeitpunkt, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der Zahlungsaufforderung fällig.
Daher begann die dreijährige Verjährungsfrist erst nach dem Zugang der Rechnungen vom 11.04.2013 und 06.05.2013 mit Ablauf des 31.12.2013 und endete nicht vor dem 31.12.2016.
Der Ablauf der Verjährungsfrist ist sowohl hinsichtlich der Jahresrechnung vom 11.04.2013 als auch der Schlussrechnung vom 06.05.2013 rechtzeitig-durch die Zustellung des Mahnbescheids an die Beklagte im November 2016 gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB gehemmt worden.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die Fälligkeit der geltend gemachten Forderung und damit der Beginn der Verjährung des Anspruchs nicht deshalb auf einen früheren Zeitpunkt vorzuverlegen, weil der Grundversorger die Abrechnung nicht innerhalb der Frist des § 40 Abs. 4 EnWG erteilt hat. Nach dieser Vorschrift haben Energielieferanten sicherzustellen, dass der Letztverbraucher die Abrechnung binnen sechs Wochen seit Ablauf des Abrechnungszeitraums und die Schlussrechnung binnen sechs Wochen nach Beendigung des Lieferverhältnisses erhält.
§ 40 Abs. 4 EnWG trifft jedoch - auch über den Verweis in § 12 Abs. 1 StromGVV - keine Regelung zur Fälligkeit der Forderung des Grundversorgers. Dies erfolge vielmehr durch § 17 Abs. 1 StromGVV. Diese Bestimmung knüpft die Fälligkeit der Vergütungsforderung des Grundversorgers allein an den Zugang der Abrechnung und nicht an die Einhaltung einer Abrechnungsfrist an. Dies hat der BGH bereits in einem Urteil vom 16.10.2013 (Az.: VIII ZR 243/12) zum Ausdruck gebracht. Damals hat er nämlich schon entschieden, dass die Fälligkeit der Forderung nicht davon abhängt, ob der Lieferant die ihm durch § 40 EnWG bezüglich der Abrechnungszeiträume auferlegten Fristen eingehalten hat.
Denn die Vorschriften des EnWG und der StromGVV sehen für den Fall eines Verstoßes des Stromlieferanten gegen die Pflichten nach § 40 EnWG weder eine Ausschlussfrist (wie sie etwa für Betriebskostenabrechnungen des Vermieters nach § 556 Abs. 3 Satz 3 BGB bestimmt sei) noch eine Regelung vor, nach der die Fälligkeit bzw. der Beginn der Verjährung bei nicht rechtzeitiger Abrechnung auf den Zeitpunkt vorverlagert wird, in dem die Abrechnung spätestens hätte erteilt werden müssen. Vielmehr regeln diese Vorschriften die Pflichten des Lieferanten, bei denen im Falle eines Verstoßes von der zuständigen Regulierungsbehörde Sanktionen gemäß § 65 EnWG erlassen werden können. Darin erschöpft sich der Regelungsgehalt dieser Bestimmungen.