Überhöhte Rücklagen und unzulässig erhöhtes Eigenkapital Bundesverwaltungsgericht entscheidet letztinstanzlich
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 23.01.2020 entschieden, dass Beitragsbescheide der Industrie- und Handelskammer (IHK) Braunschweig und der IHK Lüneburg-Wolfsburg wegen überhöhter Rücklagen und unzulässig erhöhten Eigenkapitals rechtswidrig sind (Az.: 8 C 9.19, 8 C 10.19 und 8 C 11.19).
Die beklagten IHK zogen die Kläger u.a. zur Zahlung von Beiträgen für die Jahre 2011, 2014 und 2016 heran. Den durch Beiträge zu deckenden Finanzbedarf veranschlagten sie in jährlichen Wirtschaftsplänen, die eine Zusammenstellung der geplanten Einnahmen und Ausgaben enthielten. Die beiden IHK sahen für die Jahre 2011, 2014 und 2016 jeweils eine Rücklage zum Ausgleich von Beitragsausfällen und sonstigen ergebnisrelevanten Schwankungen vor und behielten ihre in den Vorjahren erhöhte Nettoposition (festgesetztes Kapital) bei. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hatte die gegen diese Beitragsfestsetzungen gerichteten Klagen abgewiesen. Die Berufungen der Kläger hatten vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg Erfolg.
Das BVerwG hat die Revisionen der beiden IHK zurückgewiesen. Die Bildung von Vermögen ist den Kammern gesetzlich verboten. Rücklagen dürfen sie nur bilden, soweit sie hierfür einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit anführen können. Auch der Umfang der Rücklagen muss von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Die Prognose über die Höhe des Mittelbedarfs muss dem Gebot der haushaltsrechtlichen Schätzgenauigkeit genügen, also bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Erstellung sachgerecht und vertretbar ausfallen. An diesen Maßstäben ist nicht nur die Bildung von Rücklagen, sondern generell jede Bildung von Vermögen - also auch die Erhöhung der Nettoposition - zu messen. Dies müssen die Kammern bei der jährlichen Aufstellung ihres Wirtschaftsplans beachten. Überhöhte Rücklagen und Nettopositionen müssen die Kammern baldmöglichst auf ein zulässiges Maß zurückführen.
Das von den beklagten Kammern in den Jahren 2011, 2014 und 2016 vorgehaltene Vermögen war überhöht. Teils überstiegen die geplanten Rücklagen den jeweils prognostizierten Mittelbedarf. Bei den übrigen Rücklagen fehlte es ebenso wie bei den erhöhten Nettopositionen an einer schlüssigen Darlegung des jeweiligen Finanzbedarfs.