Gerichte beurteilen Angemessenheit von Geheimhaltungsmaßnahmen Schutzmaßnahmen können auch arbeitsrechtlich notwendig sein

Das Geschäftsgeheimnisgesetz (GeschGehG) schützt nur solche internen Informationen als Geschäftsgeheimnis, die Gegenstand angemessener Geheimhaltungsmaßnahmen sind. Fehlen diese Maßnahmen, kann die unerlaubte Offenlegung oder Verwendung von Informationen nicht nach den Vorgaben des GeschGehG verhindert werden. Dies macht die Rechtsprechung nun deutlich.

Das zum 26.04.2019 in Kraft getretene GeschGehG regelt den Schutz von Geschäftsgeheimnissen umfassend. Neben einer Definition des Geschäftsgeheimnisses in § 2 Nr. 1 GeschGehG enthält das Gesetz Handlungsverbote zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen sowie Ansprüche des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses gegen den Rechtsverletzer bei rechtswidriger Erlangung, Nutzung oder Offenlegung.

Anders als nach der früheren, durch die Rechtsprechung geprägten Definition des Geschäftsgeheimnisses, reicht es nicht mehr aus, dass sich der Inhaber eines Geschäftsgeheimnisses auf den Geheimhaltungswillen beruft. Wer ein Geschäftsgeheimnis schützen will, muss dafür angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen darlegen. Denn ohne entsprechende Maßnahmen liegt nach der Definition schon kein schutzfähiges Geschäftsgeheimnis mehr vor.

Je nach dem Wert der Information, dem Kreis der Mitwisser und der Art der Nutzung kommen unterschiedliche Maßnahmen in Betracht, wie Zugangs- und Zugriffsbeschränkungen, Verschwiegenheitsvereinbarungen mit Mitarbeitern oder Geschäftspartnern sowie interne Richtlinien. Mit dem Wert einer Information steigen auch die Anforderungen an die jeweiligen Schutzmaßnahmen.

Anforderungen an Geheimhaltungsmaßnahmen

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat sich in dem Urteil vom 03.06.2020 | Az.: 12 SaGa 4/20 mit den Anforderungen an die Geheimhaltungsmaßnahmen beschäftigt. Das konkrete einstweilige Verfügungsverfahren betraf die Unterlassung der Verwendung von internen Informationen durch einen ehemaligen Beschäftigten des Verfügungsklägers. Das Gericht differenzierte dabei zwischen Unterlagen, die der Arbeitgeber seinem ehemaligen Beschäftigten wissentlich ausgehändigt hatte, und privaten Aufzeichnungen des Beschäftigten.

Das Gericht betonte zunächst, dass nur derjenige den Schutz der Rechtsordnung beanspruchen kann, der geheime Informationen aktiv schützt. Wer lediglich darauf vertraue, dass geheime Informationen unentdeckt blieben, sei nicht schutzwürdig.

Vertragliche Vereinbarungen über Geheimhaltungspflichten oder über die Rückgabepflicht von Unterlagen könnten zwar grundsätzlich ein Mittel des Geheimnisschutzes darstellen. Die vorliegende Vereinbarung erfasse aber alle Vorgänge und Angelegenheiten, die im Rahmen der Tätigkeit bekannt würden. Jeglicher Bezug zu Geschäftsgeheimnissen fehle. Ließe man eine solche Generalklausel gelten, hätte die neue Voraussetzung der Definition des Geschäftsgeheimnisses keinerlei Bedeutung.

Die vertragliche Pflicht zur Rückgabe aller dienstlichen Unterlagen und Arbeitsgeräte stelle dagegen grundsätzlich eine angemessene Geheimhaltungsmaßnahme dar. Im konkreten Fall habe es der Arbeitgeber aber versäumt, zu kontrollieren, ob der Beschäftigte diese Pflicht bei Beendigung des Dienstverhältnisses auch eingehalten habe. Jedenfalls die zuvor ausgehändigten Unterlagen hätte der Arbeitgeber zurückfordern müssen. Damit habe der Arbeitgeber im Ergebnis kein wirkliches Geheimhaltungsinteresse gezeigt und keine angemessenen Schutzmaßnahmen angewendet.

Von den handschriftlichen Notizen des ehemaligen Beschäftigten habe der Arbeitgeber dagegen keine Kenntnis gehabt. Insofern konnte von dem Arbeitgeber nicht verlangt werden, diese Notizen heraus zu verlangen. Im Hinblick auf diese Notizen sei die arbeitsvertragliche Rückgabepflicht somit als hinreichende Schutzmaßnahme zu bewerten.

Umgang mit Informationsansprüchen

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) zeichnet sich ab, dass die Definition des Geschäftsgeheimnisses auch für den Umgang mit Ansprüchen nach den Informationsfreiheitsgesetzen maßgeblich wird. Solche Informationsansprüche Dritter, die auf die Herausgabe von Informationen über ein Unternehmen, die einer Behörde vorliegen, gerichtet sind, könnten dann nicht mehr ohne weiteres mit Hinweis auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen abgelehnt werden.

Mit Beschluss vom 05.03.2020 – Az.: 20 F 3/19 hat das BVerwG das GeschGehG ohne weitere Ausführungen angewendet. In dem Urteil vom 17.06.2020 – Az.: 10 C 22/19 hat das BVerwG die Frage der Anwendung der Definition des § 2 Nr.1 GeschGehG nach ausführlicher Diskussion offengelassen, da es die konkreten Verschwiegenheitsverpflichtungen als genügende Geheimhaltungsmaßnahmen ansah. An die neue Voraussetzung hat das BVerwG bislang keine besonderen Anforderungen gestellt.

Im Ergebnis kann die Definition des § 2 Nr. 1 GeschGehG auch für Auskunftsansprüche nach den Landespressegesetzen und den Umweltinformationsgesetzen relevant werden.