Bundesrat übt deutliche Kritik am Verbandssanktionengesetz Ausnahme für kleine und mittlere Unternehmen gefordert
Der Bundesrat hat sich am 18.09.2020 erstmals mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft, das im Wesentlichen das sog. Verbandssanktionengesetz enthält, befasst. Im Ergebnis hat er substanzielle Erleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie einen längeren Übergangszeitraum bis zum Inkrafttreten des Gesetzes gefordert.
Mit dem Gesetzentwurf soll eine eigenständige gesetzliche Grundlage für die Sanktionierung von Verbänden, d. h. im Wesentlichen von Unternehmen, aus denen heraus Straftaten begangen werden, geschaffen werden. Größe, Rechtsform oder Betätigungsfeld eines Unternehmens sind dabei unerheblich. Lediglich für hoheitliches Handeln kommen Verbandssanktionen nicht in Betracht.
Ein Verband soll dann mit einer Sanktion belegt werden, wenn eine Verbandstat durch eine Leitungsperson des Verbandes begangen wird oder wenn eine Leitungsperson durch angemessene Vorkehrungen eine Verbandstat durch sonstige für den Verband handelnde Personen hätte verhindern oder erschweren können. Sanktionen für vorsätzliche Verbandstaten können in Höhe von bis zu 10 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes des Verbandes verhängt werden.
Eine Milderung der zu verhängenden Sanktionen soll dann erfolgen, wenn der betroffene Verband hinreichende Compliance-Maßnahmen eingeführt hat, durch interne Untersuchungen einen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Verbandstat leistet und mit den Verfolgungsbehörden vollumfänglich kooperiert.
Angesichts der branchenübergreifend als zu komplex kritisierten Vorgaben des Gesetzentwurfs zum Verbandssanktionengesetz hatte sich der VKU im Vorfeld der Beratungen des Bundesrates gegenüber den Landesregierungen für spürbare Erleichterungen für kleinere oder mittlere Unternehmen eingesetzt. Der VKU hatte sich zudem dafür ausgesprochen, das Gesetzgebungsverfahren aufgrund der Corona-Pandemie auszusetzen oder jedenfalls den betroffenen Unternehmen, die sich gegenwärtig bereits einer Vielzahl von Herausforderungen ausgesetzt sehen, eine längere Übergangszeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes einzuräumen, um die zusätzlichen Belastungen durch die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen zur Umsetzung des Verbandssanktionengesetzes besser bewältigen zu können.
Diesen Forderungen hat sich der Bundesrat nun angeschlossen und eine entsprechende Anpassung des Gesetzentwurfs gefordert. So soll insbesondere die Übergangsfrist bis zum Inkrafttreten des Gesetzes auf drei Jahre erhöht werden. Für kleinere und mittlere Unternehmen fordert der Bundesrat deutliche Erleichterungen. Diese sollen die Höhe des Sanktionsrahmens betreffen, die für Sanktionierungen in Betracht kommenden Verbandstaten beschränken und die die Anforderungen an die Angemessenheit von Vorkehrungen zur Vermeidung von Verbandstaten deutlich herabsetzen. Die unterschiedlichen Anforderungsniveaus für große Unternehmen auf der einen Seite und für KMUs auf der anderen Seite müssten im Gesetzentwurf zudem noch deutlicher definiert werden.
Für eine komplette Ablehnung des Gesetzentwurfs, die große Teile der Wirtschaft, aber auch der federführende Rechtsausschuss des Bundesrats für vorzugswürdig gehalten hatten, fand sich im Bundesrat dagegen keine Mehrheit. Auch Ausnahmen bzw. Erleichterungen für öffentliche Unternehmen der Daseinsvorsorge, für die sich der VKU einsetzt, fehlen weiterhin im Gesetzentwurf.
Der Entwurf wird nun dem Bundestag zur Beratung übermittelt. Nach einer Verabschiedung des Gesetzes durch den Bundestag müsste der Bundesrat den Entwurf erneut beraten und dem Entwurf zustimmen oder den Vermittlungsausschuss anrufen.