Bundesjustizministerium veröffentlicht Gesetzentwurf zum Unternehmensstrafrecht Integrität der Wirtschaft soll gestärkt werden

Das Bundesjustizministerium hat am 21.04.2020 den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft veröffentlicht. Kern des Artikelgesetzes ist das Gesetz zur Sanktionierung von verbandsbezogenen Straftaten (Verbandssanktionengesetz – VerSanG).

Der Gesetzentwurf soll eine eigenständige gesetzliche Grundlage schaffen für die Sanktionierung von Verbänden, d.h., von juristischen Personen und Personenvereinigungen, deren Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und aus denen heraus Straftaten begangen werden.

Die bisherige Möglichkeit, diese Verbände in Fällen von Unternehmenskriminalität mit Geldbußen nach dem OWiG zu belegen, hält der Gesetzgeber gerade im Hinblick auf die großen multinationalen Konzerne nicht mehr für ausreichend.

Das neue Gesetz gibt den Verfolgungsbehörden und Gerichten künftig flexible, aber auch schärfere Sanktionsmöglichkeiten an die Hand. Es schafft erstmals verbandsspezifische Zumessungskriterien für Verbandsgeldbußen sowie ein Verbandssanktionenregister. Grundsätzlich besteht künftig Verfolgungszwang durch die zuständigen Behörden. Dies dürfte zu einer steigenden Zahl von Ermittlungsverfahren führen. Verbandsspezifische Einstellungsvorschriften sollen dabei die in der Praxis erforderliche Verfolgungsflexibilität gewährleisten und dabei die Berücksichtigung von Compliance-Maßnahmen erlauben. Auch die Mitwirkung des Verbandes am Verfahren durch die Durchführung interner Untersuchungen wird geregelt und mit Sanktionsmilderungen verbunden.

Kern der Neuregelung ist die Schaffung der sog. Verbandssanktion als selbstständige Sanktionsart für sog. Verbandstaten. Dies sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Entwurfs Straftaten, durch die Pflichten, die den Verband betreffen, verletzt worden sind oder durch die der Verband bereichert wurde bzw. werden sollte. Nach § 3 Abs. 1 des Entwurfs wird gegen einen Verband eine Verbandssanktion verhängt, wenn jemand als Leitungsperson dieses Verbandes eine Verbandsstraftat begangen hat oder wenn eine sonstige Person in Wahrnehmung der Angelegenheiten des Verbands eine Verbandstat begangen hat, sofern Leitungspersonen dies durch angemessene Vorkehrungen hätten verhindern oder wesentlich erschweren können.

Als Verbandsanktionen werden die Verbandsgeldsanktion nach § 9 Abs. 1 des Entwurfs sowie die Verwarnung mit Verbandsgeldsanktionsvorbehalt nach § 10 Abs. 1 des Entwurfs genannt. Die Verbandsgeldsanktion beträgt bei vorsätzlichen Verbandstaten grundsätzlich zwischen 1.000 Euro und 10 Mio. Euro. Bei einem Verband mit einem durchschnittlichen Jahresumsatz von mehr als einhundert Mio. Euro beträgt die Verbandsgeldsanktion bei einer vorsätzlichen Verbandstat mindestens 10.000 Euro und höchstens 10 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes. Für fahrlässig begangene Verbandstaten gilt jeweils der hälftige Sanktionsrahmen. Die in einer ersten Entwurfsfassung des Gesetzes noch vorgesehene besonders strenge Sanktion der Verbandsauflösung findet sich im aktuellen Entwurf nicht mehr.

Verbandssanktionen sollen nach § 17 des Entwurfs gemildert werden, wenn der Verband oder von ihm beauftragte Dritte wesentlich zur Aufklärung der Verbandstat beitragen. Voraussetzung dafür ist die vollumfängliche Kooperation mit den Verfolgungsbehörden, die Leistung eines wesentlichen Aufklärungsbeitrags und die Einhaltung von rechtsstaatlichen Grundsätzen bei der Aufklärung.

Nach mehreren erfolglosen Versuchen dürfte die Einführung eines Unternehmensstrafrechts in Deutschland diesmal wohl tatsächlich erfolgen. Auch für kommunale Unternehmen ist dies noch einmal ein Anlass, Umfang und Aktualität der im Unternehmen getroffenen Maßnahmen zur Gewährleistung von Compliance zu prüfen.