EuGH soll beihilferechtliche Zulässigkeit des steuerlichen Querverbundes prüfen Sorge um Finanzierbarkeit der kommunalen Daseinsvorsorge

Die gesetzlichen Regelungen zum steuerlichen Querverbund verstoßen aus Sicht des Bundesfinanzhofs gegen das Europäische Beihilferecht. Klären soll dies nun der Europäische Gerichtshof. Bestätigt dieser die Unvereinbarkeit mit dem Unionsrecht, droht eine bedeutende Finanzierungssäule der kommunalen Daseinsvorsorge wegzubrechen.

Hintergrund

Der steuerliche Querverbund ermöglicht es, Gewinne aus den Versorgungstätigkeiten kommunaler Unternehmen mit Verlusten aus nicht kostendeckend zu betreibenden Tätigkeiten der Daseinsvorsorge (ÖPNV, Bäder) steuerwirksam zu verrechnen. Die daraus resultierende Steuerersparnis kann gezielt für die Finanzierung des ÖPNV bzw. der Bäder eingesetzt werden. Der Querverbund ist damit eine wichtige Finanzierungssäule der kommunalen Daseinsvorsorge.

Aufgrund eines Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) im Jahr 2007, mit dem das Gericht die zuvor bestehende Verwaltungspraxis kassierte, wurde die gesetzliche Verankerung des Querverbundes erforderlich. Umgesetzt wurde das mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2009. U.a. wurde mit § 8 Abs. 7 KStG eine Regelung geschaffen, die für bestimmte dauerdefizitäre Tätigkeiten von Unternehmen der öffentlichen Hand anordnet, dass die Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung nicht zu ziehen sind.

Vereinbarkeit der Querverbundsregelungen mit dem EU-Beihilferecht

Am 24.10.2019 hat der BFH einen Beschluss vom 13.03.2019 in der Sache I R 18/19 sowie eine Pressemitteilung dazu veröffentlicht. Danach bittet das Gericht den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung, ob die Regelung des § 8 Abs. 7 KStG mit dem EU-Beihilfegesetz vereinbar ist.

Auch im Gesetzgebungsverfahren des JStG 2009 erfolgte eine intensive Auseinandersetzung mit der beihilferechtlichen Einordnung der Querverbundsregelungen. Der Gesetzgeber verfolgte den Ansatz, die Regelungen so auszugestalten, dass es sich um eine bestehende, nicht bei der EU-Kommission anzumeldende Beihilfe handelt (Altbeihilfe). Dies setzte voraus, dass die gesetzlichen Regelungen nichts an der zuvor bestehenden Verwaltungspraxis ändern. Die Möglichkeiten der Ergebnisverrechnung durften gegenüber der Verwaltungspraxis nicht erweitert werden.

Weitgehend ist dem Gesetzgeber dies auch gelungen. So haben sich auch einige Finanzgerichte und Vertreter im Schrifttum der Auffassung, es handele sich um eine Altbeihilfe, angeschlossen.

Allerdings gibt es auch Stimmen, die das kritischer sehen. So auch der BFH, der in seinem Beschluss auf sein Urteil aus dem Jahr 2007 hinweist, wonach der dauerdefizitäre Betrieb eines Bades zu verdeckten Gewinnausschütten an die Gesellschafter-Kommune führe. Dies sei die Rechtslage vor der gesetzlichen Verankerung des Querverbundes gewesen; die Gesetzesänderung führe daher zu einer Neubeihilfe.

Keine Altbeihilfe im konkreten Fall

In dem Sachverhalt, der dem BFH-Beschluss zugrunde liegt, kommt noch eine weitere Problematik hinzu. Die Klägerin – eine GmbH - begehrt die steuerliche Zusammenfassung ihrer Bäder mit ihrer Energieversorgungssparte. Die Voraussetzungen für die Einbeziehung des Bades in den Querverbund auf Grundlage der Verwaltungspraxis sind nicht erfüllt. Die Klägerin beruft sich aber darauf, dass in den Streitjahren 2002 und 2003 infolge einer Gesetzeslücke bei den Anwendungsvorschriften der Querverbundsregelungen eine Ergebnisverrechnung dennoch möglich sei. Diese Gesetzeslücke gibt es tatsächlich. Dem reinen Gesetzeswortlaut zufolge ist auf Ebene von Kapitalgesellschaften vor 2009 eine uneingeschränkte Ergebnisverrechnung möglich. Diese nachträgliche Erweiterung des Querverbundes ist mit dem Konzept der Altbeihilfe unvereinbar.

Bewertung

Aus Sicht des VKU sprechen gute Gründe dafür, dass es sich beim Querverbund um eine Altbeihilfe handelt. Dies würde zwar der Klägerin nicht helfen, die gesetzlichen Regelungen könnten aber grundsätzlich weiter angewandt werden.

Denkbar ist auch, dass für die Anwendung des § 8 Abs. 7 KStG künftig in jedem Einzelfall geprüft werden muss, ob der jeweils erhaltene Vorteil mit dem Beihilferecht vereinbar ist. Dies könnte z.B. der Fall sein, wenn es sich im Einzelfall um eine rein lokale Wirtschaftstätigkeit handelt. In diesem Fall könnte der Querverbund zumindest teilweise fortgeführt werden, jedoch wäre die erforderliche Nachweisführung im Einzelfall wohl aufwendig.

Schließlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich der EuGH der Auffassung des BFH vollumfänglich anschließt. Dann wäre die Fortführung des Querverbundes in seiner jetzigen Form wohl nicht mehr möglich; u.U. müssten sogar erhaltene Steuervorteile zurückgezahlt werden.

Ob dies dann nur für Kapitalgesellschaften wie die Klägerin gilt, oder ob sich eine entsprechende Folge auch für Tätigkeiten auf Ebene der Kommune selbst (Betriebe gewerblicher Art) ergeben wird, bliebe dann noch abzuwarten, erscheint aber naheliegend.

Das Verfahren ist also für die Kommunalwirtschaft mit hohen Risiken verbunden. Dies sollte zum Anlass genommen werden zu diskutieren, wie eine derart wichtige Finanzierungssäule für die Daseinsvorsorge rechtssicherer ausgestaltet werden kann.