Steuergesetzgebung
Referentenentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024

Mit dem Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 ist eine Umsatzsteuerbefreiung für bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ausübung von Sport geplant. Es wird diskutiert, ob auch kommunale Bäder in den Anwendungsbereich fallen. Der VKU hat sich an die Länder mit dem Ziel gewandt, dass der Bundesrat sich für eine Klarstellung einsetzt.

02.07.24

Bedroht geplante Steuerbefreiung Vorsteuerabzug für kommunale Bäder?

Mit dem Regierungsentwurf eines Jahressteuergesetzes (JStG) 2024 ist u.a. die Einführung eines neuen § 4 Nr. 22 Buchst. c UStG geplant. Demnach soll eine Umsatzsteuerbefreiung für die in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung stehenden sonstigen Leistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen, die Sport oder Körperertüchtigung ausüben, gelten. Die Regelung dient der Umsetzung von Art. 132 Abs. 1 lit. m) MwStSystRL, der in das nationale Recht übernommen werden soll.

Derzeit wird diskutiert, ob auch kommunale Bäderbetriebe in den Anwendungsbereich dieser Steuerbefreiungsnorm fallen. Dies hätte zur Folge, dass betroffene Bäderbetriebe nicht mehr berechtigt wären, auf Eingangsleistungen den Vorsteuerabzug geltend zu machen. Die ohnehin schon angespannte wirtschaftliche Situation der kommunalen Bäder würde hierdurch spürbar verschlechtert.

Hintergrund der Diskussionen um die vermeintliche Anwendbarkeit der Steuerbefreiung auf kommunale Bäder ist die Entscheidung des EuGH vom 21.02.2013 (C-18/12) – Zamberk. Der Entscheidung zufolge kann auch der Eintritt in Sport- und Freizeitbäder nach Art. 132 Abs. 1 lit. m) MwStSystRL steuerbefreit sein. Da kommunale Bäder zudem in aller Regel dauerdefizitär betrieben werden und somit – so die Befürchtung – als „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ angesehen werden könnten, wird mitunter die Auffassung vertreten, kommunale Bäder seien unabhängig davon, ob sie unmittelbar auf kommunaler Ebene oder in einer Beteiligungsgesellschaft der Kommune betrieben werden, von der Steuerbefreiungsnorm umfasst.

Diese Auffassung ist aus Sicht des VKU unzutreffend. Der EuGH hat sich in seiner oben bezeichneten Entscheidung nicht mit dem Begriff „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ befassen müssen. Stattdessen ist hier das EuGH-Urteil vom 10.12.2020 (C-488/18) - Golfclub Schloss Igling zu beachten. Hier hat das Gericht entschieden:

„Art. 132 Abs. 1 Buchst. m der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass der Begriff der Einrichtung ohne Gewinnstreben im Sinne dieser Vorschrift ein autonomer unionsrechtlicher Begriff ist, der verlangt, dass eine solche Einrichtung im Fall ihrer Auflösung von ihr erzielte Gewinne, die die eingezahlten Kapitalanteile ihrer Mitglieder sowie den gemeinen Wert der von ihnen geleisteten Sacheinlagen übersteigen, nicht an ihre Mitglieder verteilen darf.“

Hiervon kann auf nationaler Ebene nicht abgewichen werden. Nicht entscheidend ist dabei, ob ein Betrieb Gewinne, wie sie in der EuGH-Entscheidung genannt sind, realistischerweise erzielen kann, bzw. ob solche Gewinne zu erwarten sind. Vielmehr ergibt sich aus der Formulierung „… nicht an ihre Mitglieder verteilen darf“, dass formal-rechtlich ausdrücklich ausgeschlossen sein muss, dass etwaige Gewinne an den Träger bzw. den Gesellschafter eines Bäderbetriebs ausgekehrt werden dürfen. Da in den Gesellschaftsverträgen bzw. Satzungen von kommunalen Bädern solche Regelungen üblicherweise nicht enthalten sind, gehen wir davon aus, dass die Steuerbefreiung hier nicht greift.

Zudem kommen bei vielen typischen Gestaltungen vor Ort weitere Gründe für die Nichtanwendbarkeit der neunen Befreiungsnorm hinzu. Bäder z.B., die zusammen mit anderen Tätigkeiten, wie etwa der Energieversorgung, in einer GmbH betrieben werden, fallen schon allein deshalb nicht in den Anwendungsbereich, weil für die Frage, ob es sich um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handelt, sämtliche Tätigkeiten dieser Einrichtung zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil des EuGH vom 31.03.2002 – (c-174/00 – Kennemer Golf). Auch Bädergesellschaften, die im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft einen Ergebnisabführungsvertrag zu einem Orgnaträger abgeschlossen haben, können aus Sicht des VKU nicht betroffen sein, denn diese wären entgegen den Grundsätzen des Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSysRl sogar verpflichtet, einen etwaigen Gewinn an den Organträger abzuführen. Und schließlich können auch solche Bäder, die – als Betrieb gewerblicher Art oder als GmbH – Organträger einer Energie-Tochtergesellschaft sind, per se nicht in den Anwendungsbereich fallen, da die von der Organgesellschaft abzuführenden Gewinne der Organgesellschaft zuzuordnen sind.

Trotz dieser rechtlichen Einschätzung besteht in der Branche eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Aus diesem Grund hat der VKU über seine Landesgruppen die Finanz- und Innenministerien adressiert. Die Länder werden gebeten, sich dafür einzusetzen, dass in § 4 Nr. 22 Buchst. c UStG-E eine Legaldefinition des Begriffs „Einrichtung ohne Gewinnstreben“ im Sinne der EuGH-Rechtsprechung aufgenommen wird. Vorgeschlagen wird ein neuer § 4 Nr. 22 Buchst. c, S.2 UStG-E. Dieser sollte folgenden Wortlaut haben, der sich an Art. 133 Buchst. a MwStSysRL orientiert und damit durch den deutschen Gesetzgeber verwendet werden könnte:

„Einrichtungen ohne Gewinnstreben dürfen keine systematische Gewinnerzielung anstreben; etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt, sondern müssen zur Erhaltung oder Verbesserung der erbrachten Leistungen verwendet werden.“

Auch hier ergibt sich aus der Formulierung „… etwaige Gewinne, die trotzdem anfallen, dürfen nicht verteilt… werden“, dass formal-rechtlich Regelungen bestehen müssen – insbesondere also im Gesellschaftervertrag oder in der Betriebssatzung -, die dies sicherstellen. Ohne solche Regelungen kann es sich nicht um eine Einrichtung ohne Gewinnstreben handeln. Ggf. könnte dies noch durch ein Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung flankiert werden.

Der VKU wird sich weiter für diese oder vergleichbare Lösungen einsetzen.