Weniger ist mehr für alle: Arzneimittel an der Quelle reduzieren

Die EU-Kommission hat am 11.03.2019 ihren seit Langem angekündigten Strategischen Ansatz für Arzneimittel in der Umwelt vorgestellt und in einer Pressemitteilung kommentiert. Der VKU begrüßt, dass die Kommission mit ihrer vorgelegten EU-Arzneimittelstrategie den Eintrag von Arzneimitteln in die Umwelt über den gesamten Lebenszyklus (von der Entwicklung des Produktes, seiner Markteinführung über die Verschreibung, Anwendung und Entsorgung) reduzieren will. Die Einträge müssen an der Quelle reduziert werden, denn wenn der Eintrag vermindert oder sogar verhindert werden kann, muss später nicht mehr aufwendig herausgefiltert werden.
Der Ansatz der EU-Kommission erstreckt sich auf Human- und Tierarzneimittel und schlägt Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern vor, die den gesamten Lebenszyklus von Arzneimitteln abdecken sollen. Bei den vorgeschlagenen Maßnahmen handelt es sich lediglich um "weiche" Maßnahmen. Gesetzgebungsvorschläge sind nicht enthalten. Die EU-Kommission schlägt als eine Maßnahme auch die Ertüchtigung von Kläranlagen vor. Gleichzeitig werden aber auch Emissionsquellen adressiert.
Die Kommission will Maßnahmen in sechs Handlungsfeldern einleiten. Unter das Handlungsfeld "Aufklärung und Förderung des umsichtigen Umgangs mit Arzneimitteln" soll die Entwicklung von Leitlinien für medizinische Fachkräfte und die mögliche Berücksichtigung von Umweltaspekten bei deren Ausbildung fallen. Der VKU betont, dass es mit Blick auf die Verschreibung, Anwendung und Entsorgung von Arzneimitteln auch einer besseren Sensibilisierung der Verbraucher bedarf. Eine Produktkennzeichnungspflicht ist dringend notwendig. Für den Verbraucher muss auf Verpackungen oder Beipackzetteln klar erkennbar sein, welche Auswirkungen Wirkstoffe auf die Gewässer haben.
Die Kommission will zudem die Entwicklung von Arzneimitteln, die weniger umweltschädlich sind, unterstützen und eine umweltfreundlichere Herstellung fördern. Außerdem will die Kommission die Umweltrisikobewertung von Arzneimitteln und ihre Überprüfung verbessern. Der Zugang der Öffentlichkeit zu den zentralen Ergebnissen der Umweltrisikobewertung soll optimiert werden. Maßnahmen zur "Ausweitung der Umweltüberwachung" und zum "Schließen von Wissenslücken" sollen eingeleitet werden. Der VKU spricht sich dafür aus, die Auswirkungen der Wirkstoffe auf Umwelt und Gewässer beim Zulassungsverfahren für Arzneimittel stärker zu berücksichtigen.
Die Kommission will auch Abfall reduzieren und den Umgang damit verbessern. Die Packungsgröße von Arzneimitteln soll optimiert und das Haltbarkeitsdatum ggf. ausgeweitet werden. Das entspricht der Forderung des VKU, die Vorgaben, welche Packungsgröße Arzneimittel haben, anzupassen. Durch unangemessen große Arzneimittelpackungen entstehen beispielsweise Abfälle, die sich vermeiden lassen.
Die Kommission schlägt zudem vor, EU-Programme zur Investition in Technologien für eine verbesserte Abwasserbehandlung zur Beseitigung von Arzneimitteln und antimikrobiellen Resistenz-Genen zu nutzen. Anknüpfend an die derzeit laufende Überprüfung der Kommunalabwasserrichtlinie soll bewertet werden, inwieweit die Richtlinie Arzneimittelemissionen ausreichend kontrolliert. Geprüft werden soll die Möglichkeit einer Aufrüstung von bestimmten Kläranlagen. Die Kommission formuliert zwar eher zurückhaltend, dass weiter fortgeschrittene Abwasserbehandlungstechnologien an bestimmten Stellen angemessen sein mögen und weist darauf hin, dass selbst die besten, teuersten und neuesten Behandlungsverfahren keine hundertprozentige Effektivität bei der Entfernung garantieren können. Der VKU unterstreicht in diesem Zusammenhang noch mal, dass nachgeschaltete Maßnahmen, beispielsweise an Kläranlagen, Einträge von Arzneimitteln in Umwelt und Gewässer nur verringern, aber nicht ganz vermeiden können. Daher darf die Arzneimittelstrategie nicht dazu führen, dass nur Maßnahmen an Kläranlagen und bei Wasserwerken verbindlich werden. End-of-Pipe-Maßnahmen dürfen kein Freifahrtschein für mehr Einträge in die Umwelt werden.
Der VKU hat sich in der vorbereitenden Konsultationsphase auch über die Teilnahme an einem Workshop der Kommission für Interessenvertreter und über eine Beteiligung des CEEP an der öffentlichen Online-Konsultation eingebracht.
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