Ein Jahr DigiNetzG: Zentrale Rolle der BNetzA

Das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) ist rund ein Jahr in Kraft. Die Regelungen sollen die Kosten des flächendeckenden Breitbandausbaus durch Synergien senken. Telekommunikationsnetzbetreiber dürfen andere Netze für Telekommunikation (TK), Gas, Elektrizität, Fernwärme oder Abwasser mitnutzen. Bei öffentlich finanzierten Baumaßnahmen muss eine bedarfsgerechte Mitverlegung ermöglicht werden; in Neubaugebieten muss stets Glasfaser verlegt werden. Nun stellen sich viele Fragen zur konkreten Anwendung der neuen Regelungen.
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat im Rahmen des DigiNetzG eine zentrale Rolle als Nationale Streitbeilegungsstelle: Grundsätzlich sollen sich die Konditionen für eine Mitnutzung bzw. Mitverlegung bilateral zwischen dem TK-Netzbetreiber und dem potentiellen Zugangsanbieter finden. Abgeschlossene Verträge sind der BNetzA zu übermitteln, auch damit diese Anhaltspunkte für künftige Preisbildungen und Konditionen bekommt. Für Anfang 2018 ist zudem eine öffentliche Konsultation zu Entgelten im Rahmen des DigiNetzG angekündigt, denn Mitnutzungen und Mitverlegungen müssen laut Gesetz nicht kostenlos, sondern zu angemessenen Entgelten erfolgen.
Wenn die Beteiligten sich nicht einigen, entscheidet die Streitbeilegungsstelle der BNetzA verbindlich. Die in diesen Monaten getroffenen ersten Entscheidungen der BNetzA haben deshalb eine besondere Bedeutung.
Anlass der ersten BNetzA-Entscheidung war die Weigerung einer Gemeinde in Baden-Württemberg, zwei privaten TK-Unternehmen die Mitverlegung eigener Infrastrukturen in einem Neubaugebiet zu gestatten. Die Gemeinde sah die Wirtschaftlichkeit des von ihr initiierten Betreibermodells gefährdet. Die Unternehmen betonten, dass durch die Mitverlegung eigener TK-Infrastruktur gerade im Fall eines Neubaugebietes die volkswirtschaftlich ineffiziente Dopplung von Tiefbaukosten verhindert werden könne. Nach Auffassung der BNetzA war die Koordinierung von Bauarbeiten bzw. die Mitverlegung zumutbar. Allerdings kann es aufgrund der zu wahrenden Investitionsanreize für ausbauende Unternehmen keine Mitverlegung ohne Kostenbeteiligung geben. Grundsätzlich sind auch die Tiefbaukosten zwischen den beteiligten Unternehmen aufzuteilen. Im speziellen Fall folgt aus der Finanzierung der Tiefbaukosten durch Erschließungskostenbeiträge der Grundstückseigentümer eine eingeschränkte Kostenteilung. Die Unternehmen müssen nur die zusätzlich entstehenden Kosten tragen.
Aus Sicht des VKU zeigt dieser Beschluss, dass die Regelungen des DigiNetzG derzeit für die Legitimation eines Doppel- bzw. Überbaus genutzt werden können, der den Business Case des Erstausbauers gefährdet und damit volkswirtschaftlich ineffizient ist. Grundsätzlich investitionsbereite Unternehmen werden so in starkem Maße verunsichert. Investitionszurückhaltung bzw. das Ausbleiben potentieller Investitionen sind damit ein Kernproblem des DigiNetzG.
Deshalb fordert der VKU von einer neuen Bundesregierung Nachbesserungen am DigiNetzG. Konkret sollten die Ablehnungsgründe für Mitverlegungen analog zu den Ablehnungsgründen für Mitnutzungen ausgestaltet werden. Hier ist nämlich ausdrücklich der Überbau von bestehenden Glasfasernetzen, die einen diskriminierungsfreien, offenen Netzzugang zur Verfügung stellen, als Ablehnungsgrund aufgeführt.
Bei der BNetzA ist zudem die zentrale Informationsstelle für das DigiNetzG angesiedelt, die sukzessive folgende Informationen für den Ausbau digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze bereitstellen wird:
- Eine gebietsbezogene, Planungszwecken dienende Übersicht über Einrichtungen, die zu TK-Zwecken genutzt werden können (ISA-Planung). Dies entspricht im Wesentlichen dem bisherigen Infrastrukturatlas;
- Detaillierte Informationen für die Mitnutzung passiver Infrastrukturen öffentlicher Versorgungsnetze zur Vorbereitung eines Mitnutzungsanspruchs (ISA-Mitnutzung);
- Informationen für die Koordinierung von Bauarbeiten an öffentlichen Versorgungsnetzen (ISA-Baustelle);
- Standardangebote für die Mitnutzung von Eigentümern oder Betreibern öffentlicher Versorgungsnetze und
- allgemeine Informationen über Verfahrensbedingungen bei Bauarbeiten.
Damit wird der bisherige Infrastrukturatlas also um Informationen über Infrastrukturen für Gas, Elektrizität, Fernwärme, Abwasser und Verkehr erweitert. Ihre Eigentürmer müssen künftig entsprechende Informationen an die BNetzA liefern. Ausbauwillige TK-Netzbetreiber erhalten auf Anfrage und zu bestimmten Bedingungen einen Überblick über diese Infrastrukturen.
Die BNetzA hat damit begonnen, Datenlieferanten zu einer erweiterten Lieferung zum Infrastrukturatlas zu verpflichten und ihnen die erforderlichen Unterlagen übermittelt. Erste Verträge wurden bereits geschlossen. Sollte ein Unternehmen diesen Vertrag nicht abschließen, wird die BNetzA die Daten im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens abfragen. Im Gegensatz zur ISA-Planung ist eine Lieferung für ISA-Mitnutzung an die BNetzA freiwillig. Es besteht jedoch eine bilaterale Auskunftspflicht.
Das für das DigiNetzG federführende Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat zur Konkretisierung der Regelungen zudem mehrere begleitende Arbeitsgruppen eingesetzt, z. B. zu einem einheitlichen Materialkonzept sowie zum Einsatz alternativer Verlegetechnologien, die Hilfestellungen für die Akteure vor Ort erarbeiten sollen.