Deutlicher Nachbesserungsbedarf gefordert
VKU-Stellungnahme zum Referentenentwurf des Kritis-Dachgesetzes

Das BMI hat am 28.07.2023 seinen offiziellen Referentenentwurf zum Kritis-Dachgesetz in die Öffentlichkeitsbeteiligung gegeben. Der VKU hat hierzu eine Stellungnahme erarbeitet und am 24.08.2023 fristgerecht eingereicht.

28.08.23

Nachdem zuvor nur ein inoffizieller Entwurf zum Kritis-Dachgesetz bekannt geworden war, hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) am 28.07.2023 den offiziellen Referentenentwurf zum Kritis-Dachgesetz (Kritis-DachG) veröffentlicht und eine Frist zur Stellungnahme bis zum 24.08.2023 eingeräumt. Der VKU hat zu diesem Entwurf fristgerecht eine ausführliche Stellungnahme eingereicht und eine Kurzzusammenfassung seiner Positionen erarbeitet.

Positive Aspekte des Gesetzentwurfs

Im Grundsatz geht der Gesetzentwurf in die richtige Richtung. So wird es sehr begrüßt, dass das Kritis-DachG nur die Betreiber der kritischen Anlagen adressiert und nicht wie das NIS 2-Umsetzungsgesetz zusätzlich die Betreiber der (besonders) kritischen Einrichtungen. Wäre dies der Fall, so würden auf Grund der deutlich niedrigeren Schwellenwerte für solche Betreiber weitaus mehr Unternehmen betroffen sein.

Ferner ist erfreulich, dass Regelungen getroffen werden, damit bestehende Dokumente und Maßnahmen z.B. aus dem Cybersicherheitsbereich auch im Rahmen des Kritis-DachG anerkannt werden können. Die Meldung an das BSI und an das BBK sollen vereinheitlicht werden, was einer ausdrücklichen Forderung des VKU entspricht („Ein Vorfall – eine Meldung!“). 

Anpassungsbedarf am Gesetz

Trotz dieser positiven Aspekte ist auch noch deutlicher Verbesserungs- und Klarstellungsbedarf zu erkennen:

  • Zunächst stellt sich grundsätzlich die Frage nach der Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft. Aus dem Gesetzesentwurf ergibt sich nicht, wo die Verantwortung des Staates für die Sicherheit der Bevölkerung endet und wo die Verantwortung der Betreiber der kritischen Anlagen beginnt. Eng hiermit verbunden ist die Frage, wie die Betreiber die ihnen verbleibenden Pflichten refinanzieren können.
  • Da den Betreibern eine Vielzahl von Pflichten auferlegt werden, die der gesamtgesellschaftlichen Stabilität Deutschlands dienen, müssen die Betreiber im Gegenzug auch besondere Rechte erlangen. Dies muss sich manifestieren, indem der Schutz der kritischen Anlagen als überragendes öffentliches Interesse anerkannt wird. Es ist folglich bei jeder Verwaltungs-entscheidung eine Art „Kritis-Kontrolle“ durchzuführen.
  • Das Kritis-DachG und NIS 2-Umsetzungsgesetz müssen zukünftig zusammen behandelt werden und insbesondere gemeinsam in das Parlament eingebracht werden. Beide Gesetze sind untrennbar miteinander verwoben, sodass das eine Gesetz ohne das andere Gesetz nicht abschließend bewertet werden kann.
  • Ganz maßgebliche Teile des Gesetzes können erst bewertet werden, wenn die entsprechende Kritis-Verordnung verabschiedet wird. Dies betrifft insbesondere den genauen personellen Anwendungsbereich des Gesetzes, da in der Kritis-Verordnung die maßgeblichen Schwellenwerte zur Bestimmung der Betreiber der kritischen Anlagen festgelegt werden. Hierfür muss das Gesetz mehr Leitplanken bereitstellen, damit die wesentlichen Entscheidungen auch auf Ebene des Gesetzgebers getroffen werden.
  • Große Teile der Gesetzgebungskompetenz sind in den Bundesländern zu verorten. Dringend muss deshalb frühzeitig eine Abstimmung mit den Ländern gesucht werden, damit es nicht zu einer Vervielfältigung der Pflichten für die Betreiber auf der Landes- oder kommunalen Ebene kommt. Perspektivisch sollte die Gesetzgebungskompetenz zur Regulierung der kritischen Infrastrukturen vollständig auf die Bundesebene verlagert werden.

Am 05.09.2023 wird eine mündliche Anhörung zu dem Gesetz im BMI stattfinden, an dem der VKU teilnimmt.