Beim Ausbau eigenwirtschaftlicher Glasfasernetze durch kommunale Unternehmen besteht kein Anspruch auf Mitverlegung – aber …
Bundesregierung veröffentlicht Stellungnahme zu Mitverlegungspflicht/ Baustellenkoordinierung

Trotz seiner Zustimmung im vergangenen September fordert der Bundesrat die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag auf, zeitnah auf gesetzgeberischem Weg eine Klarstellung zum Regelungsinhalt des Anspruchs auf Mitverlegung/Baustellenkoordinierung (§ 77i Absatz 3 Satz 1 TKG) dergestalt herbeizuführen, dass eine Beteiligung der öffentlichen Hand an einem Unternehmen, welches Bauarbeiten beauftragt oder durchführt, alleine nicht ausreichend ist, um einen Mitverlegungsanspruch zu begründen. Nun erfolgte die Klarstellung durch die Bundesregierung.

29.04.20

Das Gesetz zur Erleichterung des Ausbaus digitaler Hochgeschwindigkeitsnetze (DigiNetzG) soll die Kosten des flächendeckenden Breitbandausbaus durch Synergien mit anderen Netzinfrastrukturen senken. Telekommunikationsnetzbetreiber haben unter anderem das Recht, öffentliche Ver- und Entsorgungsnetze mit zu nutzen und ihre Infrastruktur im Rahmen von öffentlich (teil) finanzierten Baumaßnahmen mit zu verlegen.

In seiner bisherigen Fassung wird das DigiNetzG jedoch vielfach zur Legitimation eines Doppel- bzw. Überbaus von Breitbandinfrastrukturen genutzt. Hintergrund ist, dass das Recht zur Mitverlegung auch im Verhältnis von einem Telekommunikationsnetzbetreiber zu einem zweiten oder sogar dritten Telekommunikationsnetzbetreiber gilt. Die Folge sind mehrfache Infrastrukturen und die Gefährdung des Geschäftsplans des First Movers. Dies folgt aus der sehr weiten Auslegung des Begriffs „öffentliche Mittel“ im Zusammenhang mit Baumaßnahmen, was zu extensiven Mitverlegungsansprüchen führt.

Die Folge der angeführten Punkte ist eine Verunsicherung und damit Investitionszurückhaltung zumeist kommunaler Erstausbauer gerade in ländlichen Gebie-ten, wo ein Glasfaserausbau wirtschaftlich sehr schwer darstellbar, aber gleichzeitig besonders notwendig ist.

Das 5. TKGÄndG nimmt geförderte Glasfasernetze aus einer Pflicht zur Mitverlegung nachträglich heraus, während weiterhin im Gesetzestext ungeklärt blieb, wann ein Unternehmen mit öffentlichen Mitteln Bauarbeiten an Versorgungsleitungen durchführe. Von der Gesetzesbegründung konnte der VKU schließen, dass nach Sinn des Gesetzes eigenwirtschaftlich errichtete kommunale Breit-bandnetze keiner Pflicht zur Mitverlegung unterstehen.

Trotz seiner Zustimmung im vergangenen September fordert der Bundesrat daraufhin die Bundesregierung in einem Entschließungsantrag auf, zeitnah auf gesetzgeberischem Weg eine Klarstellung zum Regelungsinhalt des § 77i Absatz 3 Satz 1 TKG (Mitverlegung/Baustellenkoordinierung) dergestalt herbeizuführen, dass eine Beteiligung der öffentlichen Hand an einem Unternehmen, welches Bauarbeiten beauftragt oder durchführt, alleine nicht ausreichend ist, um einen Mitverlegungsanspruch zu begründen.

Nun erfolgte die Klarstellung durch die Bundesregierung. Darin heißt es:

„Ausgenommen von der Verpflichtung zur Mitverlegung sind dabei gemäß Begründung neben diesen unzumutbaren Fällen direkter Förderung auch solche, bei denen ein glasfaserausbauendes Unternehmen sich zwar ganz oder teilweise in Kommunalbesitz befindet, aber wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen am Markt agiert.“

Damit bestätigt die Bundesregierung die Interpretation der Gesetzesbegründung durch den VKU und stellt die Überbauproblematik für den Glasfaserausbau weitestgehend klar. Kommunale Unternehmen, die durch den Ausbau eigenwirtschaftlicher Breitbandnetze im Telekommunikationsmarkt als Eigentümer oder Betreiber auftreten, müssen Anträgen auf Baustellenkoordinierung durch ein anderes Telekommunikationsunternehmen nicht stattgeben.

Ungeklärt bleibt leider weiterhin, wann ein Mitverlegungsanspruch gegenüber anderen öffentlichen Versorgungsnetzen besteht. Die Stellungnahme der Bundesregierung nimmt hierzu keinerlei Bezug. Damit bleibt auch der sogenannte Mischfall ungeklärt, bei dem Bauarbeiten an öffentlichen Versorgungsleitungen durchgeführt werden und das kommunale Unternehmen gleichzeitig ein eigenes Glasfasernetz mitverlegt und nun ein drittes Unternehmen einen Antrag auf Baustellenkoordinierung stellt. Im Ergebnis besteht rechtliche Unsicherheit dann, wenn kommunale Unternehmen auf Synergien im Ausbau mit ihren anderen Infrastrukturen zurückgreifen wollen. Da sich ein Ausbau meist gerade erst aufgrund der Synergien in ländlichen Regionen realisieren lässt, wird durch die Unsicherheit der Ausbau von Glasfasernetzen gehemmt.

Im Mitgliederbereich finden Sie eine rechtliche Ausarbeitung des VKUs zu diesen Thema. Dort geben wir Ihnen unsere Einschätzungen zu den Neuerungen, die Sie als kommunales Unternehmen wissen sollten.