VKU-Stellungnahme: Verteilnetze müssen angemessen berücksichtigt werden, Grüngasvariante hat noch Lücken und zukünftige Netzentwicklung muss integriert erfolgen
Der VKU bringt nach der Konsultation des ersten Entwurfs des Netzentwicklungsplans (NEP) Gas wieder wichtige Themen für kommunale Unternehmen der Sparte Gas in die weitere Gasnetzentwicklungsplanung bis 2030 ein.
Hinsichtlich der Gasbedarfsentwicklung spricht sich der VKU für das gewählte Szenario (Technologiemixszenario der dena-Leitstudie „Integrierte Energiewende“) aus. Es muss jedoch klar sein, dass keine 1:1-Beziehung zwischen (rückläufigem) Verbrauch und benötigter Leistung besteht. Grund ist, dass zum Beispiel Gasthermen zur Spitzenlastabdeckung auch bei sogenannten Hybridwärmepumpen installiert werden. Im Bereich des Kleingewerbes ist bei verschiedenen Netzbetreibern zudem eine Zunahme des Kapazitätsbedarfs durch die vermehrte Installation von Blockheizkraftwerken feststellbar.
Der gewählte Modellierungsansatz für den Kapazitätsbedarf der Verteilnetzbetreiber (VNB) (als Startwert wird die interne Bestellung 2020 berücksichtigt, für die weitere Entwicklung die plausibilisierte Langfristprognose bis einschließlich 2025, für die folgenden fünf Jahre erfolgt eine konstante Fortschreibung) ist richtig und angemessen. Dieser „bottom-up-Ansatz“ (d.h. die Berücksichtigung der Daten der einzelnen VNB) ist aufgrund ihrer dezentralen Kompetenz mit belastbaren Netz- und Kundenkenntnisse sinnvoll.
Dass es eine Auslegungsvariante für Baden-Württemberg (vollständige Berücksichtigung der Langfristprognose der VNB bis zum Jahr 2030 und Berücksichtigung wegfallender Speicherleistung) gibt, entspricht den dortigen Bedürfnissen: Die Gestaltung der Energiewende und die Umsetzung des Kohleausstiegs zeigen immer nachdringlicher auf, dass Gaskapazitäten belastbar benötigt werden – und dies insbesondere in Baden-Württemberg. Die Annahmen der Auslegungsvariante mit den verschiedenen Versorgungsvarianten sind realistisch; eher ist der Kraftwerksanteil sogar noch höher anzusetzen.
Aus Sicht des VKU besteht konkreter Handlungs- und Umsetzungsbedarf – JETZT!
Zum 1. Oktober 2021 werden die beiden deutschen Marktgebiete zusammengelegt. Das stellt höhere Anforderungen an das Netz und das Management der Transporte. Um Netzausbau zu vermeiden, werden sogenannte marktbasierte Instrumente eingeführt. Diese bedeuten, dass gekauftes Gas nicht physisch lange Wege zurücklegt, sondern mit einem börsenbasierten Spread-Produkt (alternativ: Wheeling oder Drittnetznutzung) dort bezogen wird, wo bereits große Gasmengen vor Ort sind. Der VKU unterstützt diesen Ansatz aus gesamtwirtschaftlichen Gründen, bemängelt jedoch die Intransparenz bei der genauen Ausgestaltung der Instrumente.
Die Corona-Krise hat Netzbetreiber, die in diesem Sommer-Halbjahr wichtige Maßnahmen für die Marktraumumstellung ergreifen müssen, vor eine harte Probe gestellt. Es ist auch aus VKU-Sicht zu erwarten, dass unter der Annahme, dass sich die aktuelle COVID-19-Situation nicht verschärft, die für das Jahr 2020 geplanten Umstellungen deutschlandweit nahezu vollständig abgewickelt werden können.
Die Aufnahme einer Grüngasvariante in den NEP ist wesentlich, um die zukünftigen Gegebenheiten angemessen zu berücksichtigen. Jedoch greift die Orientierung der Grüngasvariante ausschließlich an den bestehenden oder gemeldeten Projekten mit Anschluss an das FNB-Netz im NEP Gas zu kurz. Bei der Grüngasvariante werden einzelne Aspekte sehr detailliert betrachtet, in anderen Bereichen werden Vereinfachungen vorgenommen. Dies ist kein stringentes Vorgehen und muss angepasst werden.
Für die zukünftige Netzentwicklungsplanung ist die gezielte Koordination des Ausbaus und der Optimierung von Infrastrukturen (Strom, Gas und Wärme) im Rahmen eines Systementwicklungsplans zwingend geboten. Die Verteilnetze sind die zentrale Instanz, um Flexibilisierung und Sektorenkopplung an den Systemgrenzen Strom, Gas, Wärme und Mobilität zu ermöglichen. Die bisher getrennte Planung der Infrastrukturen ist in eine intelligente, integrierte Netzinfrastrukturplanung zu überführen. Wichtig ist, dass bereits heute die energiepolitischen Ziele klar definiert werden und der ordnungspolitische Rahmen für alle Marktakteure so überarbeitet wird, dass den VNB für Strom, Gas und Wärme Handlungsmöglichkeiten für die Gestaltung der Zukunft eröffnet werden.
Aus Sicht des VKU soll es einen gemeinsamen Szenariorahmen mit einheitlichen Ausgangsparametern (z.B. Bevölkerungsentwicklung oder Finanzsituation) geben. Es kann sich v.a. unter dem Gesichtspunkt der Nationalen Wasserstoffstrategie ein Gewinn durch einen gemeinsamen NEP eistellen, und eventuell kann man dann auch von einer spartenübergreifenden Energiewende sprechen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass ein erheblicher Abstimmungsaufwand zwischen den Netzbetreibern entstünde. Es muss zumindest eine enge Koordinierung zwischen den NEP Gas/Wasserstoff und Strom erfolgen, da sich nur so wirtschaftlich und technisch optimierte Netze und Infrastruktureinrichtungen entwickeln lassen.
Hinweis: Es wird diskutiert, ob es angemessen ist, dass die FNB bzw. die ÜNB selbst die Planungsmacht über ihre (regulierten) Netze haben. Der internationale Klima-Thinktank E3G appelliert dafür, dass statt den FNB unabhängige Experten die Netzentwicklungsplanung vornehmen sollen. Auch die internationale Nichtregierungsorganisation Global Witness kritisiert die gängigen Regelungen auf EU-Ebene.
VKU-Stellungnahme: Verteilnetze müssen angemessen berücksichtigt werden, Grüngasvariante hat noch Lücken und zukünftige Netzentwicklung muss integriert erfolgen,
Stellungnahme