Studie zu Herausforderungen für die Netzintegration der Ladeinfrastruktur veröffentlicht

Im Jahr 2022 sollen auf Deutschlands Straßen rund eine Million Pkw mit elektrischen Antrieben unterwegs sein. Die von der ADAC-Stiftung geförderte Studie "Analyse eines koordinierten Infrastrukturaufbaus zur Versorgung von Batterie- und Brennstoffzellenfahrzeugen in Deutschland" der Ludwig-Bölkow-Stiftung, die gemeinsam mit der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH und dem Institutsteil Angewandte Systemtechnik (AST) des Fraunhofer IOSB durchgeführt wurde, berechnet die Infrastrukturkosten für die Einführung von 40 Millionen Nullemissions-Pkw in Deutschland bis zum Jahr 2050. Der VKU war durch die Mitarbeit in einem begleitenden Beirat an der Studienerstellung beteiligt. Die Studie bestätigt, was der VKU und seine Mitgliedsunternehmen erarbeitet haben: Die Elektromobilität wird mit zunehmender Durchdringung punktuell zu Herausforderungen für die unteren Verteilnetzebenen führen.
Für die Studie wurden in sieben für Deutschland typischen Verteilnetztopologien die erwarteten Auswirkungen (Betriebsmittelüberlastungen, Spannungsbandverletzungen und Phasenunsymmetrien) auf die Verteilnetze untersucht. Die typisierten Verteilnetze werden sich in Abwandlungen überall in Deutschland finden lassen. Dabei dürfte es jedoch starke Unterschiede in der individuellen Ausrüstung geben. Zutreffend weisen die Studienautoren deshalb darauf hin, dass eine individuelle Untersuchung und Bewertung durch die jeweiligen Verteilnetzbetreiber unerlässlich ist, um die Situation vor Ort konkret einschätzen zu können. Die Studie bietet aber einen guten Einstieg, denn sie gibt ein erstes Gefühl dafür, worauf zu achten ist.
Bemerkenswert ist die Studie auch, weil sie nach der kürzlich kommunizierten Studie von E.ON und Consentec die zweite Studie ist, die den durch die Elektromobilität entstehenden Netzausbaubedarf pro Jahr quantifiziert. Eine für den VKU zentrale Erkenntnis ist, die Kosten lassen sich durch die richtigen Investitionen, nämlich in Mess- und Regeltechnik sowie Lademanagement, deutlich senken.
Aus der Sicht eines energiewirtschaftlichen Verbandes sind die Handlungsempfehlungen der Studienautoren besonders interessant. Die von den Wissenschaftlern geforderte Ausbaustrategie für die Lade- und Betankungsinfrastruktur ist zu begrüßen, insbesondere, wenn sie mit konkreten Maßnahmen unterlegt würde. Al-lerdings gibt es auch Vorschläge, die einen - wenn auch durch staatliche Förderung unterstützten - marktlich getriebenen Aufbau in Gang setzen können. Der Bericht "Sofortpaket Ladeinfrastruktur 2019" der AG5 der Nationalen Plattform "Zukunft der Mobilität" hat einige wichtige Stellschrauben aufgezeigt. Dazugehören unter anderem die lange geforderten Regelungen für den Aufbau privater Ladepunkte im Wohnungsbau.
Unter dem Stichwort "Anpassung Verteilnetze" zeigen die Studienautoren mit dem Ziel, die elektromobilitätsbedingten Auswirkungen auf das Verteilnetz und damit den Ausbaubedarf zu begrenzen, einige wichtige Handlungsempfehlungen auf, die der VKU im April 2018 auch in einem Positionspapier zur Integration der Ladeinfrastruktur in die Verteilnetze aufgeführt hat.
So sei zum Beispiel der Einsatz dreiphasiger Ladegeräte mit 11 kW Anschlussleistung zu verstärken, um Unsymmetrien zu vermeiden. Die von den Wissenschaftlern vorgeschlagene Etablierung von Lademanagementsystemen, die einen Betrieb der Anlagen nach den Vorgaben der Verteilnetzbetreiber ermöglichen, ist ebenfalls zu begrüßen. Hier setzen schon heute viele Verteilnetzbetreiber mit ihren individuellen Technischen Anschlussbedingungen (TAB) an und fordern für Ladeinfrastrukturanlagen, dass diese für den Notfall durch den VNB fernsteuerbar aufzubauen seien. Gerade an diesem Punkt ist es besonders wichtig, frühzeitig zu einem Verfahren zu kommen, um spätere flächendeckende Nachrüstverpflichtungen, wie seinerzeit bei der 50,2-Hertz-Frage im Bereich der Photovoltaikanlagen, vermeiden zu können.
Hier ist es aber auch besonders wichtig, schnell zu einheitlichen Schnittstellen und Protokollen und Verfahren zu kommen. Das Smart-Meter-Gateway böte sich zukünftig als Schnittstelle an, über die Netzbetreiber und Marktakteure auf die LIS-Anlagen einwirken zu können. Leider lassen die Entwicklungen in diesem Bereich im Moment noch keine sinnvollen Lösungen erkennen. So sind die Geräte der ersten Generation noch nicht einmal von außen ansprechbar, um Steuersignale verarbeiten und weiterleiten zu können.
Die Studie kann auf der Webseite der ADAC-Stiftung kostenlos heruntergeladen werden.