Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG 2.0) verabschiedet Die Rolle der Verteilnetzbetreiber im Energiesystem wird durch die neuen Regelungen zum Netzengpassmanagement gestärkt.
Der Bundestag hat am 04.04.2019 die Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG 2.0) verabschiedet. Das Gesetz enthält zahlreiche planungsrechtliche Vereinfachungen für den rascheren Ausbau vor allem der Übertragungsnetze. Die Neuregelungen beinhalten auch Instrumente zur Bewirtschaftung von Netzengpässen, hier das sog. Redispatch.
Das Instrument Redispatch, das bisher nur für konventionelle Erzeugungsanlagen galt, wird auf Speicher und Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ausgeweitet. Auch die Größe der Anlagen, die für Redispatch herangezogen werden dürfen, wird abgesenkt. Damit unterliegen ab dem 01.10.2021 alle Anlagen zur Erzeugung oder Speicherung elektrischer Energie ab einer Nennleistung von 100 Kilowatt einem einheitlichen Redispatch-Rechtsrahmen.
Erneuerbare-Energien- und KWK-Anlagen sind in der Regel in den Spannungsebenen der Verteilnetze angeschlossen. Verteilnetzbetreiber (VNB) sind von diesen neuen Regelungen daher im besonderen Maße betroffen. Sie betreiben ihre Netze sicher und zuverlässig; unabgestimmte Redispatch-Maßnahmen „von außen“ können dies gefährden.
Der VKU hat sich daher im Rahmen der Novellierung des NABEG mit erheblichem Engagement und erfolgreich dafür eingesetzt, dass die weiter zunehmende Bedeutung der Verteilnetzbetreiber (VNB) vom Gesetzgeber durch entsprechende Rahmenbedingungen unterstützt wird. Die neuen Regelungen stärken die Rolle der VNB; Nutzungskonkurrenzen zur Netzengpassbewirtschaftung werden zukünftig grundsätzlich zu Gunsten der Verteilnetze aufgelöst. Mit den neuen Regelungen werden VNB selbst vom Instrument Redispatch Gebrauch machen können. Auch die kooperative Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung von Netzbetreibern unterschiedlicher Spannungsebenen konnten gesetzlich verankert werden.
Durch die Ausweitung des Redispatch sind neue Koordinierungsprozesse, Datenmeldungen und einheitliche Datenaustauschwege zwischen Netzbetreibern und Marktteilnehmern erforderlich. Die Neuerungen müssen in die Prozesse des Änderungsmanagements integriert werden. Vor diesem Hintergrund konnte ein Zeitgewinn von einem Jahr erwirkt werden. Die Neuerungen zur Ausweitung des Redispatch treten erst zum 01.10.2021 in Kraft, so dass der Regelprozess zu Redispatch bis dahin durch alle Netzbetreiber auch umgesetzt werden kann.
Zunächst werden Aufbau und Implementierung der Redispatch-Prozesse bei den VNB Kosten verursachen. Zur Anerkennung und zeitnahen Refinanzierung dieser Vorbereitungskosten des Redispatch konnte nach langem Ringen eine Übergangsregelung erwirkt werden. Die regulatorische Behandlung der Kosten, die bei der Durchführung des Redispatch entstehen, soll nach Aussagen des Bundeswirtschaftsministeriums im Rahmen der anstehenden Novelle der Anreizregulierungsverordnung geregelt werden. Auch hier wird sich der VKU im Interesse seiner Mitgliedsunternehmen einsetzen.
Das NABEG 2.0 ist kürzlich in die öffentliche Diskussion gekommen, da das Planungsrecht nicht nur für Stromautobahnen vereinfacht wird. Ebenso soll die Planung für Errichtung und Betrieb von großen Energiekopplungsanlagen und Großspeicheranlagen vereinfacht werden. Energiekopplungsanlagen umfassen sog. „Power-to-X“-Anlagen, also Anlagen zur Umwandlung von Strom in einen anderen Energieträger. Die Errichtung und der Betrieb dieser Anlagen sollen neben Netzleitungen ebenfalls planfeststellungsfähig nach dem Energiewirtschaftsgesetz werden. Hierdurch können erforderliche Verfahren zu deren Planung gebündelt werden (Konzentrationswirkung der Planfeststellung nach dem Energiewirtschaftsgesetz). Die Norm soll demnach eine Verfahrenserleichterung schaffen. Da die einschlägigen Paragraphen hauptsächlich Planfeststellungverfahren für Netzleitungen beinhalten, ist in der Presse der Eindruck entstanden, dass eine Rechtsgrundlage für den Betrieb solcher Anlagen durch Übertragungsnetzbetreiber geschaffen werden soll. Dies ist jedoch nicht Regelungsgegenstand des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes.