Novelle der TA Luft verkündet Inkrafttreten am 1. Dezember 2021
Nach fast 20 Jahren steht die Neufassung der Technischen Anleitung Luft fest. Die immissionsschutzrechtlichen Anforderungen an mehr als 50.000 technische Anlagen werden verschärft.
Teile der TA Luft sind auch bei nicht genehmigungsbedürftigen („kleinen“) Anlagen heranzuziehen.
In die neue Fassung wurden u. a. neue allgemeine Regelungen zu Emissionen an Bioaerosolen und Geruchsstoffen sowie etliche Neuregelungen speziell bei Anlagen zur biologischen Behandlung von Bioabfällen durch Kompostierung und Vergärung aufgenommen:
- Für die Bewertung der Immissionsrelevanz in einem Änderungsgenehmigungsverfahren wird die Gesamtzusatzbelastung als der „Immissionsbeitrag, der durch die gesamte Anlage hervorgerufen wird“, eingeführt.
- Die schon seit 2016 angewendeten Vollzugsempfehlungen zu Formaldehyd werden integriert.
- Zur Bestimmung der Mindestabstände zur nächsten Wohnbebauung wird zukünftig eine Prognose der zu erwartenden Geruchsemissionen aus Geruchsgutachten herangezogen. Dafür wurde die Geruchsimmissionsrichtlinie (GIRL) in den Anhang 7 der TA Luft überführt. Unabhängig davon gelten für Bioabfallbehandlungsanlagen weiterhin die bisherigen festen Mindestabstände von 300 m bzw. bei offenen Vergärungsanlagen mit einem Durchsatz von mehr als 50 t/d 500 m. Als offene Anlagen gelten Vergärungsanlagen mit offener Bioabfallannahme und -aufbereitung sowie mit offener Nachrotte der Gärreste.
- Bei Vergärungsanlagen sind Annahme- und Aufbereitungsbereich geschlossen auszuführen. Bei Kompostierungsanlagen gilt diese Pflicht ab einer Behandlungskapazität von 30 t/d. Schnelllauftore werden als Standard genannt, möglich sind auch Luftschleieranlagen und Fahrzeugschleusen. Bei Kompostierungsanlagen „sollte“ die Rotte geschlossen betrieben werden. Ab einer Kapazität von 30 t/d ist die geschlossene Bauweise Pflicht. Sie ist währen der Intensivrotte mindestens bis zum Abschluss der hygienisierenden und biologisch stabilisierenden Behandlung erforderlich. Bei Vergärungsanlagen sind alle Prozessschritte nach der Vergärung, von der Entnahme aus dem Fermenter bis zur Aerobisierung der Gärreste, geschlossen zu realisieren. Auch die Nachrotte der Gärreste bis zum Abschluss der hygienisierenden Behandlung ist geschlossen zu betreiben.
- Kompostierungsanlagen benötigen zukünftig einen Ammoniakwäscher vor dem Biofilter, wenn der Grenzwert von 10 mg/m3 Abgas nicht bereits vor dem Biofilter eingehalten wird.
- Der offene Betrieb von Kompostierungsanlagen ist nur noch zulässig, wenn nur Grünabfälle kompostiert werden. Bei Kompostierungsanlagen, die mehr als 75 t/d Durchsatz haben, sind die offenen Mieten während der Intensivrotte mit einer semipermeablen Membran abzudecken. Diese Regelung könnte in der Praxis zu Fragen führen.
- Gärbehälter und Gasspeicher, die durch Membranen geschlossen sind, müssen über ein Doppelmembransystem mit Überwachung des Zwischenraums verfügen. Daneben sind die Anlagen so zu steuern, dass bei Störungen bei der Gasabnahme immer zuerst die verpflichtende Notfackel in Betrieb geht und ein Abblasen von Biogas über die Überdrucksicherung weitgehend vermieden wird. Gasfüllstände sind zu überwachen und das Ansprechen der Über- und Unterdrucksicherung muss einen Alarm auslösen und registriert werden. Dichtheitsprüfungen sind regelmäßig durchzuführen. Perkolatbehälter bei diskontinuierlichen Anlagen sind geschlossen zu betreiben, und das entstehende Biogas ist zu erfassen und zu verwerten.
- Der Gesamtkohlenstoffgehalt muss regelmäßig gemessen und ein Zielwert von 0,25 g/m3 Abgas angestrebt werden. Nur für Vergärungsanlagen mit einer Behandlungskapazität von mehr als 50 t/d gibt es den Emissionswert von 0,2 g/m³. Er ist ein Jahresmittelwert und gilt nur, wenn die Emissionen kontinuierlich gemessen werden. Unklar bleibt, bei welchen Anlagen kontinuierlich gemessen werden muss und für welche Anlagen dieser Emissionswert letztendlich überhaupt gilt; für bestehende Anlagen gemäß der Altanlagenregelung jedenfalls nicht.
In der kommenden Zeit werden also noch einige Auslegungsfragen zur neuen TA Luft zu klären sein.
Als Sanierungsfrist, also als Frist zur Nachrüstung und Anpassung von bestehenden Anlagen an die neuen Anforderungen, wird der 01.12.2026 genannt. Die Nachrüstung muss von der zuständigen Genehmigungsbehörde angeordnet werden (nachträgliche Anordnung).
Die TA Luft wurde im Gemeinsamen Ministerialblatt, Ausgabe 48-54/2021, S. 1050 veröffentlicht.