Einbaupflicht für Kartenlesegeräte führte zu massiver Kritik
Bundesrat verschiebt Beschluss zur Ladesäulenverordnung 24.06.21

©

Andreas_Gruhl/stock.adobe.com

In der Kabinettsitzung vom 12. Mai 2021 hat die Bundesregierung eine gegenüber dem am Jahresende 2020 angehörten Referentenentwurf fundamental geänderte Fassung einer Novelle der Verordnung über technische Mindestanforderungen an den sicheren und interoperablen Aufbau und Betrieb von öffentlich zugänglichen Ladepunkten für Elektromobile (Ladesäulenverordnung - LSV) beschlossen. Diese Verordnung bedarf der Zustimmung des Bundesrats. Die Befassung war ursprünglich für die letzte Sitzung des Bundesrats vor der Sommerpause am 25. Juni 2021 vorgesehen. Nun wurde die Beratung auf den September vertagt. Auch der zuständige Wirtschaftsausschuss hat den Entwurf noch nicht beraten.

Hintergrund ist die massive Kritik am Entwurf der Bundesregierung. Nachdem der im Rahmen der gesetzlichen Anhörung kurz vor dem Jahreswechsel vorgelegte Referentenentwurf in Teilen kritisiert wurde, hat das Bundesfinanzministerium eine fundamentale Änderung erwirkt, die vom Referentenwurf abweicht. Der schließlich von der Bundesregierung vorgelegte Entwurf hat die konsultierte Version erheblich verschlechtert. Darin wurde neu eine Bestimmung zum Einbau von Kartenlesegeräten eingeführt, die ab Juli 2023 für dann neu aufgebaute Ladepunkte greifen soll.

Die Regelung zum Einsatz von Kartenlesegeräten, ist aus unterschiedlichen Gründen abzulehnen: Die deutsche Definition des öffentlich zugänglichen Ladepunkts erlaubt bisher keine sinnvolle Differenzierung zwischen verschiedenen Anwendungsfällen. Sie stellt im Grunde dieselben technischen und organisatorischen sowie administrativen Anforderungen für eine Wallbox auf dem Parkplatz eines Ferienhauses, eine freistehende Ladesäule auf öffentlichem Straßenland oder einen Schnellladepark mit Shop und Sanitäreinrichtungen auf der Autobahn dar. Somit würde auch hier die entsprechende Regelung auf alle öffentlich zugänglichen Ladepunkte anzuwenden sein.

Zweitens steigen die Kosten für die Hardware. Die Kartenlesegeräte selber schlagen nach Aussagen der Kreditwirtschaft mit etwa 200-300 Euro/Ladepunkt zu Buche. Hinzu kommen Rüstkosten sowie Kosten für den Betrieb und die Zahlungsabwicklung. Zudem müssten die Systeme eichrechtlich neu zertifiziert werden.

Zusätzlich könnte eine implizite Nachrüstverpflichtung für die bis dahin bereits aufgebauten Ladesäulen folgen. Zwar soll die Ausrüstung mit Kartenlesegeräten nur für Neuanlagen ab Juli 2023 gelten, dem Kunden dürfte aber kaum zu vermitteln sein, dass er an einer Ladesäule eines Betreibers kontaktlos mit der Karte bezahlen kann, an der anderen, die bereits früher aufgebaut wurde, aber nicht.

Diesem finanziellen und organisatorischen Aufwand steht ein überschaubarer Nutzen gegenüber, da die meisten Ladevorgänge an öffentlich zugänglichen Ladesäulen heutzutage über Ladestromverträge abgewickelt werden (regional unterschiedlich zwischen 95 und 98 Prozent). Zudem ist mangels Auslastung der größte Teil der aufgebauten Ladepunkte noch nicht wirtschaftlich. Die Ladepunktbetreiber gehen hier seit Jahren in Vorleistung und werden dies auch in den kommenden Jahren noch tun müssen.

Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass Ladepunktbetreiber zukünftig von sich aus Kartenlesegeräte verbauen. Durchaus möglich, dass das Ad-hoc-Laden zukünftig an Bedeutung gewinnt. Hier sind aber die Bedürfnisse der Kunden die effizientesten Treiber. Eine gesetzliche Regelung aber, die alles über einen Kamm schert, ist ineffizient und behindert den weiteren Aufbau von Ladeinfrastruktur, gerade jetzt, wo er dringender denn je forciert werden muss.

Im Übrigen steht auf europäischer Ebene die Novelle der europarechtlichen Grundlage für die Ladesäulenverordnung (Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe - AFID, 2014/94/EU) unmittelbar bevor. Der Entwurf der Europäischen Kommission ist für Mitte Juli angekündigt. Insofern ist heute schon absehbar, dass eine erneute Novelle der Ladesäulenverordnung bereits in Kürze erforderlich wäre. Im Sinne größerer Investitionssicherheit sollte deshalb auf die jetzige Novelle verzichtet werden. Der VKU wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass der Bundesrat die Novelle im September endgültig ablehnt.