Bundesfinanzhof bestätigt die Auffassung der Zollverwaltung
Entlastungsberechtigung bei Betriebsführung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 24.06.2021, VII R 26/19, entschieden, dass in Betriebsführungsfällen nur dasjenige Unternehmen eine Entlastung nach § 9b Abs. 3 StromStG geltend machen darf, das die tatsächliche Sachherrschaft über die stromverbrauchenden Anlagen ausübt. Möglicherweise müssen Betriebsführungsverträge angepasst werden.

01.10.21

Mit der aktuellen Entscheidung setzt der BFH seine Rechtsprechung weiter fort, wonach eine Entlastungsberechtigung nach dem Energie-/Stromsteuergesetz voraussetzt, dass das antragstellende Unternehmen das Energieerzeugnis verwendet bzw. den Strom entnommen haben muss. Die o.g. Entscheidung des BFH hat daher über Betriebsführungskonstellationen hinaus Konsequenzen für alle Fälle arbeitsteiligen Zusammenwirkens mehrerer Unternehmen, wie zum Beispiel bei Einsatz von Subunternehmern etc..

Hintergrund

Das Stromsteuergesetz sieht für Unternehmen verschiedene Begünstigungen vor. Diese Begünstigungen setzen allerdings voraus, dass das Unternehmen, das die Begünstigung in Anspruch nimmt, den Strom entnommen hat. Der Begriff der Entnahme ist nicht im Stromsteuergesetz geregelt.

Unter anderem in Betriebsführungsfällen kommt es daher oftmals zu Abgrenzungsschwierigkeiten, welches Unternehmen berechtigt ist, die Begünstigung geltend zu machen.

Die Entscheidung des BFH

In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte die Zollverwaltung von einem Wasser-Zweckverband die Steuerentlastung nach § 9b StromStG zurückgefordert. Der Wasser-Zweckverband ließ seine satzungsmäßigen Aufgaben auf Grundlage eines Betriebsführungsvertrags von einem anderen Unternehmen erfüllen. Hierzu übergab der Zweckverband dem Unternehmen sämtliche wasserwirtschaftlichen Anlagen, Wohnhäuser und sonstige Bauwerke, die dazugehörigen Grundstücke und das Zubehör zur Verwaltung. Dem Zweckverband stand ein Überwachungs- und Weisungsrecht zu. In der Praxis wird oftmals argumentiert, dass ein solches Weisungsrecht eine Art mittelbare Sachherrschaft des betriebsgeführten Unternehmens an den überlassenen Anlagen begründe.

Der BFH folgt allerdings der Zollverwaltung, wonach nicht der Zweckverband, sondern das betriebsführende Unternehmen den Strom in den Anlagen entnommen habe und daher die Stromsteuerentlastung nach § 9b StromStG hätte geltend machen müssen. Begründet wird dies damit, dass bei der Stromsteuer sowohl für die Steuerentstehung wie auch für Steuerentlastungen der Realakt der Stromentnahme, also ein tatsächlicher Vorgang, maßgeblich ist. Entscheidend ist daher, für welches Unternehmen die Personen tätig sind, die die stromverbrauchenden Anlagen bedienen.

Folgen für die Praxis

Es ist zu erwarten, dass die Zollverwaltung Betriebsführungskonstellationen in allen noch offenen Fällen im Rahmen von Außenprüfungen aufgreifen wird. Die Entscheidung betrifft nicht nur Wasser-Zweckverbände, sondern ist grundsätzlich auf alle Betriebsführungen und grundsätzlich auch auf alle Fälle arbeitsteiligen Zusammenwirkens anwendbar. Dies ist im Grunde nicht neu; der BFH hatte bereits 2010 entschieden, dass einem Unternehmen des Produzierenden Gewerbes für die Strommengen keine Steuerbegünstigung zustehe, die auf dem Betriebsgelände von Mitarbeitern eines anderen, rechtlich selbstständigen Unternehmens zur Erfüllung eines mit diesem Unternehmen abgeschlossenen Werkvertrags verbraucht werden.

Dennoch wurde in der Praxis im Einvernehmen mit der Zollverwaltung der Betriebsgeführte als entlastungsberechtigt angesehen, da ansonsten oftmals solche Betriebsführungskonstellationen erheblich verkompliziert werden.

Auswirkungen kann die Entscheidung auch auf die Stromsteuerschuldnerschaft in den Fällen haben, in denen nicht der Betriebsführer, sondern das betriebsgeführte Unternehmen den Strom bezieht, der in den überlassenen Anlagen verbraucht wird. In der Praxis muss hier geprüft werden, ob aufgrund der Regelung in § 1a Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 3 Stromsteuerverordnung der Betriebsgeführte weiterhin als Letztverbraucher anzusehen ist.

Im ersten Schritt sollten betroffene Unternehmen zunächst prüfen, welches Personal welche stromverbrauchenden Anlagen bedient, welches Unternehmen für die jeweiligen Strommengen Entlastungen geltend gemacht hat und welche Absprachen es mit der Zollverwaltung, z.B. im Rahmen von Außenprüfungen, hierzu gegeben hat.

Die Entscheidung kann auch zum Anlass genommen werden zu prüfen, ob nach denselben Grundsätzen der BFH-Entscheidung auch eine Verlagerung der Steuerschuldnerschaft bzw. Entlastungsberechtigung zugunsten der Unternehmen gestaltbar ist. Hierbei sind aber weitere steuerliche und rechtliche Vorgaben zu beachten. Eventuell ist externer Rechtsrat bei der Einführung eines Betriebsführungs-modells einzuholen.