Lichtblick scheitert dreifach gegen gespaltene Grund- und Ersatzversorgungspreise Grundversorger gewinnen vor dem OLG Celle und dem LG Dortmund
Die Lichtblick SE versucht seit Anfang des Jahres bundesweit, mehreren Grundversorgern gerichtlich gespaltene Grund- und Ersatzversorgungspreise für Bestands- und Neukunden zu verbieten. Sie fühlt sich als Wettbewerberin dadurch benachteiligt. Vor dem Oberlandegericht (OLG) Celle und dem Landgericht (LG) Dortmund blieb sie nun erfolglos.
Das LG Hannover hatte mit Urteil vom 03.03.2022 (Az.: 25 O 6/22) einem niedersächsischen Grundversorger im Wege einer von der Lichtblick SE beantragten einstweiligen Verfügung untersagt, für Haushaltskunden voneinander abweichende Grundversorgungstarife für Kundengruppen mit unterschiedlichen Beginn der Grundversorgung öffentlich bekannt zu machen und / oder abzurechnen und / oder zu verlangen.
Der Grundversorger hatte hiergegen sofortige Beschwerde beim OLG Celle eingelegt. In der mündlichen Verhandlung am 26.04.2022 hatte das Gericht sehr umfassend seine vorläufige rechtliche Einschätzung dargelegt. Danach seien wettbewerbsrechtliche Ansprüche von der Lichtblick SE abzulehnen. Hinsichtlich eines eventuellen kartellrechtlichen Anspruchs der Lichtblick SE machte das Gericht seine sehr starke Tendenz deutlich, die sachliche Rechtfertigung des Grundversorgers für seine Preisspaltung zu bejahen. Außerdem wies das OLG darauf hin, dass es auch einen Verfügungsgrund der Lichtblick SE nicht eindeutig erkennen könne.
Einige Tage später – kurz vor der Verkündung des Urteils – nahm die Lichtblick SE ihren Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurück mit der Folge, dass die erstinstanzlich vom LG Hannover erlassene einstweilige Verfügung wirkungslos ist und der Lichtblick SE vom OLG Celle per Beschluss die Kosten des gesamten Rechtsstreits auferlegt wurden.
Auch vor dem LG Dortmund scheiterte die Lichtblick SE mit Anträgen auf Erlass einstweiliger Verfügungen gegen zwei nordrhein-westfälische Grundversorger. Das LG Dortmund wies diese Anträge mit Urteilen vom 31.03.2022 (Az.: 16 O 8/22 [Kart] und 16 O 10/22 [Kart]) zurück. Nunmehr liegen diese Urteile in schriftlich abgesetzter Fassung vor.
Danach sieht das LG Dortmund sieht keinen wettbewerbsrechtlichen Anspruch der Lichtblick SE aus §§ 8 Abs. 1 und 3, 3, 3a UWG in Verbindung mit §§ 36 Abs. 1 Satz 1, 38 EnWG gegen die beklagten Grundversorger. Zwar sei die Lichtblick SE Wettbewerberin i.S. des UWG, auch wenn sie aktuell nicht werbend auf dem Markt tätig sei. Es könne zumindest nicht festgestellt werden, dass sie das Neukundengeschäft ganz aufgegeben hätte.
Das Gericht lässt offen, ob es sich bei §§ 36, 38 EnWG um Marktverhaltensregeln i.S. von § 3a UWG handele. Die Preisgestaltung der Grundversorger verstoße aber in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht gegen §§ 36, 38 EnWG. § 36 EnWG verlange nicht für alle Verbraucher in der Grundversorgung einen gleichen einheitlichen Preis. Für ein solches Verlangen gebe es auch keinen plausiblen Grund, auch im sonstigen Energiegeschäft sei es zulässig, unterschiedliche Preise für unterschiedliche Verbrauchsprofile, für unterschiedliche Vertragsdauer oder für verschiedene Zeitpunkte des Vertragsbeginns zu erheben. Eine Preisspaltung sei nicht geeignet, einen Verstoß gegen § 36 EnWG zu begründen, denn § 36 EnWG begründe grundsätzlich nur einen Kontrahierungszwang, regele aber nicht die Einzelheiten der Ausgestaltung der Verträge und die Höhe des hierfür zu zahlenden Preises. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, könnte nur ein Verbot der Ungleichbehandlung sachlich gleich gelagerter Sachverhalte ohne sachlichen Grund angenommen werden. Die konkret im Streit stehende Preisspaltung sei aber sachlich gerechtfertigt. Es sei glaubhaft dargelegt, dass die Preisspaltung in der besonderen Marktsituation Ende 2021 begründet gewesen sei. Es sei glaubhaft, dass die Grundversorger bereits im November 2021 die Preiskalkulation für die grundversorgten Bestandskunden abgeschlossen hätten und sich mit den voraussichtlich im Jahr 2022 benötigten Energiemengen eingedeckt hätten. Nachvollziehbar sei auch, dass diese Planung durch die weiteren Entwicklungen gefährdet worden seien, deren Ausmaß erst im Dezember absehbar gewesen seien. Damit sei nachvollziehbar, dass die Grundversorger sich in kurzer Zeit entscheiden mussten, entweder alle Preise anzuheben oder den Preisanstieg auf den Bereich der neuen Ersatz- und Grundversorgungskunden zu begrenzen. Dabei sei es sachlich gerechtfertigt, dass sich die Grundversorger für den zweiten Weg entschieden hätten.
Das LG Dortmund sieht auch in der Preisgestaltung keine Diskriminierung der Neukunden. Die Grundversorger seien auch nicht verpflichtet gewesen, alsbald wieder einen einheitlichen Preis einzuführen, zumal die Gründe für die Preisspaltung erkennbar noch nicht entfallen seien. Auch wenn man der Lichtblick SE darin folgen wolle, dass § 36 EnWG auch dazu dienen solle, den Lieferantenwechsel zu erleichtern, ergebe sich daraus kein Unterlassungsanspruch. Es sei nicht erkennbar, dass die Preisspaltung marktabschottend wirke, Stromkunden also davon abhalten könnte, ihren Anbieter zu wechseln. Soweit die Kunden einen höheren Preis zahlten, wirke dies zunächst eher im Sinne einer höheren Wechselbereitschaft. Hinsichtlich der Bestandskunden käme ein Vorwurf einer Marktabschottung dann in Betracht, wenn diese nicht kostendeckende Preise zahlten, die durch höhere Preise quersubventioniert würden. Dies sei aber nicht glaubhaft gemacht worden. Die Lichtblick SE habe auch keinen Anspruch darauf, dass Grundversorger in der Breite Preise anheben müssten, damit ihr möglicherweise mehr Kunden zugeführt werden. Das LG sah auch keine Anhaltspunkte dafür, dass Grundversorgungskunden allein deshalb von dem Abschluss von Sonderverträgen Abstand nähmen, weil sich fürchten müssten, bei einer späteren Ersatzversorgung höhere Preise zahlen zu müssen. Das LG verneinte auch einen Verstoß gegen § 5 Abs. 2 StromGVV, weil keine Ankündigungsfrist eingehalten worden sei. § 5 Abs. 2 StromGVV gelte nur gegenüber Bestandskunden, nicht gegenüber Neukunden.
Außerdem lehnt das Gericht auch kartellrechtliche Ansprüche ab. Es lässt offen, ob die Grundversorger trotz ihres geringen Anteils am gesamtdeutschen Strommarkt überhaupt marktbeherrschend seien. Es liege schon kein Verstoß gegen § 19 Abs. 2 Nr. 3 GWB vor, die Preisspaltung sei sachlich gerechtfertigt. Eine Quersubventionierung sei nicht dargelegt. Auch die Voraussetzungen des § 19 As. 2 Nr. 1 GWB lägen nicht vor, Lichtblick SE werde nicht unbillig behindert, weil die Preisspaltung gerechtfertigt sei.
Das LG Dortmund verneint schließlich noch den Verfügungsgrund, da die Sache objektiv nicht dringlich sei.