Berlin, 12.04.2019. Gestern Abend hat der Deutsche Bundestag das „Gesetz zur Neuregelung von Stromsteuerbefreiungen sowie zur Änderung energiesteuerrechtlicher Vorschriften“ beschlossen. Stromsteuerbefreiungen sind damit so gestaltet, dass sie zum EU-Beihilferecht konform sind. Damit endet die jahrelange Diskussion, das EU-Beihilferecht erfordere, bereits Anlagen mit einer (Nenn-)Leistung von über 1 Megawatt mit der Stromsteuer zu belasten - anstatt die bewährte Grenze von 2 Megawatt beizubehalten. Dezentrale Anlagen vor Ort, die Wirtschaft und Bürger im Umkreis von 4,5 Kilometern mit Strom versorgen, werden weder rückwirkend noch in Zukunft mit der Stromsteuer belastet.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßt das Gesetz ausdrücklich als Fortschritt für die Energiewende: Durch dieses Mehr an Rechtssicherheit werden Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz gestärkt.
Katherina Reiche, VKU-Hauptgeschäftsführerin:
„Der Bundestag sorgt für das dringend nötige Mehr an Rechtssicherheit bei der Energiewende. Das ist ein wichtiges Signal, denn das Große beginnt im Kleinen: Der Umbau zu einer sicheren, nachhaltigen und wirtschaftlichen Energieversorgung gelingt nur dezentral und lokal. Deshalb investieren kommunale Unternehmen seit langem in den Ausbau dezentraler Anlagen vor Ort – im Vertrauen auf geltende Gesetze. Rückwirkend wirksame, zusätzliche Steuerbelastungen hätten zahlreiche Investitionen kommunaler Unternehmen nachträglich empfindlich entwertet, den wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen erschwert und den weiteren Ausbau gebremst. Der Gesetzgeber stellt klar: Wer Wirtschaft und Bürger in seiner Region mit Strom aus Anlagen vor Ort versorgt, wird nicht zusätzlich mit der Stromsteuer belastet.“
Klares Signal für Ressourcenschonung im eigenen Unternehmen
Auch Anlagenbetreiber, die Strom aus ihrem Klär- oder Deponiegas erzeugen und selbst verbrauchen, werden - unabhängig von der Größe der Anlage - nicht mit der Stromsteuer belastet.
Reiche: „Wir begrüßen sehr, dass der Gesetzgeber mit dieser Regelung unseren Abwasser- und Abfallentsorgern auch künftig ermöglicht, für umweltfreundliche Eigenversorgungskonzepte einen wirtschaftlichen Betrieb sicherzustellen. Sie können so auch zukünftig einen wesentlichen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten.“ Der VKU weist jedoch darauf hin, dass die Anlagenbetreiber weiterhin einen hohen Verwaltungsaufwand haben. So ist der Vollzug entscheidend. Der VKU appelliert an die zuständige Zollverwaltung, das Gesetz praxisgerecht umzusetzen und auszulegen: Im eigenen Unternehmen muss mindestens das gesamte Betriebsgelände als Ort der Erzeugung verstanden werden. Die Nachweispflicht der Betreiber, dass der Strom zeitgleich zur Erzeugung verbraucht wurde, muss in einem Rahmen bleiben, der im Betriebsalltag machbar ist.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt rund 1.460 kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit mehr als 260.000 Beschäftigten wurden 2016 Umsatzerlöse von knapp 114 Milliarden Euro erwirtschaftet und rund 10 Milliarden Euro investiert. Die VKU-Mitgliedsunternehmen haben im Endkundensegment große Marktanteile in zentralen Versorgungsbereichen (Strom 60 Prozent, Erdgas 65 Prozent, Trinkwasser 88 Prozent, Wärmeversorgung 72 Prozent, Abwasserentsorgung 43 Prozent). Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 66 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Die kommunalen Unternehmen versorgen zudem mehr als sechs Millionen Kunden mit Breitbandinfrastrukturen. Sie investieren in den kommenden Jahren mehr als eine Milliarde Euro in digitale Infrastrukturen von Glasfaser bis Long Range Wide Area Networks (LoRaWAN) in den Kommunen und legen damit die Grundlagen für die Gigabitgesellschaft.