BMF veröffentlicht Anwendungsschreiben
Temporäre Senkung der Umsatzsteuersätze für Gas- und Wärmelieferungen

Am 25.10.2022 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) das Anwendungsschreiben zur temporären Senkung der Umsatzsteuersätze für Gas- und Wärmelieferungen veröffentlicht. Mit dem Schreiben werden viele wichtige Grundsätze geklärt und Vereinfachungsregelungen bekanntgegeben. Weitere Klarstellungen wären jedoch wünschenswert gewesen.

09.11.22

Nachdem am 25.10.2022 – und damit leider sehr spät - das „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ im Bundesgesetzblatt verkündet worden und damit zum 01.10.2022 in Kraft getreten ist, hat das BMF am selben Tag auch das für die praktische Umsetzung sehr wichtige Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung öffentlich gemacht.

Insgesamt sind die Regelungen in dem Anwendungsschreiben zu begrüßen. Es gelten sehr weitgehend die gleichen Grundsätze und Vereinfachungen, die bereits für die temporäre Steuersatzsenkung ab dem 01.01.2020 gegolten haben. Insbesondere dürfen bei der Abrechnung sowohl das Stichtags - als auch das Zeitscheibenmodell zur Anwendung kommen. Auch eine Kombination der beiden Abrechnungsmethoden ist zulässig (Hybrid-Modell). Dies wird zwar nicht ausdrücklich klargestellt, jedoch sind keine rechtlichen Gründe bzw. keine Formulierungen in dem BMF-Schreiben ersichtlich, die der Anwendung des Hybridmodell entgegenstehen würden.

Erfreulich ist, dass die Finanzverwaltung den Begriff „Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz“ sehr weit auslegt. Begünstigt ist demzufolge jede Lieferung von Wärme aus einer Wärmeerzeugungsanlage. Dies umfasst also den Bereich der Fern- und Nahwärme genauso, wie Contracting-Modelle, in denen dem Kunden Wärme geliefert wird. Teilweise wird vertreten, dass in Contracting-Fällen häufig keine Wärmelieferung über ein Wärmenetz vorliegen würde. Daher sei der ermäßigte Steuersatz nicht anzuwenden. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass es keine allgemeingültige Definition des Begriffs „Wärmenetz“ gibt und begrifflich jedes Leistungssystem als ein Wärmenetz angesehen werden kann. Eine Lieferung von Wärme über ein Wärmenetz liegt damit in praktisch allen Fällen vor, in denen Wärme in einer Anlage erzeugt und dann (über Leitungen, ggf. auch Leitungen in einem Gebäude) an Dritte geliefert wird.

Erwartungsgemäß enthält das BMF-Schreiben die Klarstellung, dass das Legen von Gas-Hausanschlüssen ermäßigt besteuert wird. Zwar fehlt eine entsprechende Klarstellung für Wärmeanschlüsse, jedoch kann hier offensichtlich nichts Anderes gelten. Es ist zu beachten, dass nach Auffassung der Finanzverwaltung von einer einheitlichen Leistung auszugehen ist, wenn der gleiche Versorger mehrere Anschlussleistungen erbringt. Wird in solchen Fällen u.a. auch ein nicht begünstigter Anschluss gelegt (z.B. Strom), wird aus Sicht der Finanzverwaltung regelmäßig insgesamt der Regelsteuersatz von 19 % in Rechnung gestellt werden müssen. Diese Sichtweise der Finanzverwaltung ist der Auffassung des VKU zufolge kritisch zu sehen. Der Meinung des VKU zufolge handelt es sich bei den Anschlussleistungen jeweils um eigenständige Leistungen, für die jeweils zu prüfen ist, welcher Steuersatz greift.

Das BMF-Schreiben enthält auch wieder eine Nichtbeanstandungsregelung zum Vorsteuerabzug für Leistungen im B2B-Bereich. Für Gas- und Wärmelieferungen im Oktober 2022 wird demnach für Zwecke des Vorsteueranzugs nicht beanstandet, wenn in der Rechnung ein zu hoher Steuerausweis erfolgt. Angesichts der späten Veröffentlichung des Gesetzes sowie des Anwendungsschreibens wäre eine längere Nichtbeanstandungsregelung sinnvoll gewesen. Zudem wäre eine Regelung, wonach auch ein zu niedriger Steuerausweis im B2B-Bereich nicht beanstandet wird, hilfreich gewesen. In diesen Punkten ist das BMF den Forderungen des VKU leider nicht nachgekommen.