Energie- und Stromsteuer sollen sich künftig am Brennwert orientieren
EU-Kommission veröffentlicht Entwurf einer neuen Energiesteuerrichtlinie

Die EU-Kommission will die Besteuerung von Energieerzeugnissen und Strom grundlegend ändern. Der Richtlinienentwurf sieht vor, dass die Besteuerung zukünftig auf den Energiegehalt umgestellt werden soll. Der Mindeststeuersatz für fossile Energieerzeugnisse könnte so erheblich steigen. Strom hingegen soll künftig verhältnismäßig weniger besteuert werden.

30.07.21

Die EU-Kommission hat Mitte Juli 2021 den ersten Teil des „Fit für 55“ Gesetzespakets vorgelegt – siehe VKU Nachrichtenbeitrag zum Überblick.

Teil der Veröffentlichungen ist auch der Entwurf zur Überarbeitung der Richtlinie zur Restrukturierung der gemeinschaftlichen Rahmenvorschriften zur Besteuerung von Energieerzeugnissen und elektrischem Strom (Energiesteuerrichtlinie) sowie eine öffentliche Konsultation zum Entwurf. Nach Auffassung der EU-Kommission ist eine Überarbeitung der heute geltenden Richtlinie vor dem Hintergrund des europäischen Green Deals erforderlich. Die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Neuregelungen hätten mitunter sehr grundsätzliche Änderungen der Energie- und Strombesteuerung zur Folge.

Eine der wichtigsten Änderungen, die der Entwurf enthält, betrifft die Bemessungsgrundlage der Steuer.

Derzeit werden die Steuertarife volumenabhängig (Liter), masseabhängig (Kilogramm) oder in Megawattstunden ausgewiesen. Zukünftig soll die Energie- und Stromsteuer hingegen brennwertbezogen ermittelt werden. Zudem heißt es im Richtlinienentwurf, dass die Mitgliedstaaten Strom zukünftig am geringsten besteuern sollen.

Damit könnte es auch in Deutschland notwendig werden, die derzeitigen Steuertarife im Energie- und Stromsteuerrecht erheblich zu überarbeiten. Zwar liegt Deutschland derzeit bei sämtlichen Energieerzeugnissen, wie auch beim Strom, deutlich über den im Entwurf vorgeschlagenen Mindeststeuertarifen. Aktuell beträgt jedoch z.B. der Steuertarif für das Verheizen von Erdgas bezogen auf den Brennwert lediglich ein Viertel des Stromsteuertarifs. Bleibt es also dabei, dass Strom künftig geringer besteuert werden muss, als z.B. Erdgas, entstünde hier für den deutschen Gesetzgeber ein entsprechender Handlungsbedarf.

Bedauerlicherweise fehlt eine ausdrückliche Regelung, wie Abfälle und Klärschlamm in Zukunft energiesteuerlich zu behandeln sind. Für betroffene Betriebe und Unternehmen wäre es aus Gründen der Rechtsklarheit wünschenswert, hier durch eine eindeutige Regelung klarzustellen, dass Abfälle und Klärschlamm nicht unter die Energiesteuerrichtlinie fallen.

Schließlich hätte der Entwurf der Energiesteuerrichtlinie, würde er wie von der EU-Kommission vorgeschlagen in Kraft treten, signifikante Auswirkungen auf die sicherlich bedeutendste Steuerbefreiung im Energie- und Stromsteuerrecht: Dem sogenannten Spitzenausgleich.

Nach §§ 55 EnergieStG und 10 StromStG können Unternehmen des Produzierenden Gewerbes diese Steuerbegünstigung unter bestimmten Voraussetzungen geltend machen. In Zukunft sollen die Mitgliedstaaten nach Vorstellung der EU-Kommission jedoch nur noch die Möglichkeit haben, „energieintensive Unternehmen“ zu begünstigen. Voraussetzung dafür soll sein, dass sich entweder die Energie- und Strombeschaffungskosten auf mindestens 3,0 Prozent des Produktionswerts belaufen oder die zu entrichtende nationale Energiesteuer mindestens 0,5 Prozent des Mehrwerts beträgt.

Alternativ dürften die Mitgliedstaaten für Unternehmen Steuerermäßigungen bis auf die Mindeststeuersätze festlegen, wenn Vereinbarungen mit Unternehmen oder Unternehmensverbänden getroffen oder Regelungen über handelsfähige Zertifikate oder gleichwertige Regelungen umgesetzt werden, sofern damit Umweltschutzziele erreicht werden oder die Energieeffizienz erhöht würde.

Eine Begünstigung des Produzierenden Gewerbes nach bisheriger Lesart wäre somit nach derzeitigem Stand nicht mehr möglich.

Es bleibt abzuwarten ob bzw. in welchem Umfang sich die EU-Kommission mit ihren Vorstellungen durchsetzen kann. Da eine Änderung der Energiesteuerrichtlinie nur mit Zustimmung sämtlicher Mitgliedstaaten möglich ist (Einstimmigkeitsprinzip), ist davon auszugehen, dass sich im weiteren Verfahren noch diverse Änderungen ergeben werden. Die von der EU-Kommission eingeleitete Konsultation dauert bis Mitte September 2021. Der VKU wird sich an dieser beteiligen.