Anforderungen an die neue Bundesregierung: Deutschland braucht ein Fitnessprogramm Digitalisierung

Berlin, 20.10.2017. „Deutschland ist digital nur Mittelmaß. Wir müssen den Schalter umlegen und wieder Anschluss finden. Wir brauchen ein Fitnessprogramm Digitalisierung.“ So kommentiert Katherina Reiche, Hauptgeschäftsführerin des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), den aktuellen Digitalisierungsgrad in Deutschland. Das ist der Grund, warum der Verband die neue Studie „Digital. Kommunal. Deutschland. Smart Nation durch Smart Regions.“ der Quadriga-Hochschule Berlin unterstützt hat, die heute in der Hauptstadt vorgestellt wurde. Dabei gäbe es genug Potenzial, so Reiche. „Für uns steht dabei fest: ohne flächendeckende Breitband-Infrastrukturen keine Digitalisierung und Vernetzung von Wirtschaft und Gesellschaft, sei es in der Stadt oder auf dem Land.“

Wie das Fitnessprogramm aussehen kann, beschreibt die Quadriga Studie, unter anderem: die Einführung einer Digitalstrategie unter Einbezug der Regionen (Smart Nation durch Smart Regions), den Aufbau schneller Internetanbindungen mit Glasfaser und ein Datengesetz mit klaren Regeln für den Umgang und die Nutzung von Daten. Professor Mario Voigt von der Quadriga-Hochschule Berlin: „Digitalisierung sollte Chefsache in Deutschland sein. Es braucht einen Chief Digital Officer, der koordiniert und nationale wie regionale Aktivitäten bündelt. Dabei sind die nächsten vier Jahre entscheidend für den Erfolg: Wir brauchen eine einheitliche Digitalstrategie für Smart Region und den Aufbau einer leistungsstarken Netzinfrastruktur mit Glasfaser und 5G. Dazu gehören die Schaffung digitaler Standards durch ein Datengesetz genauso wie ein Public Data Space als Referenzarchitektur."

Im Zentrum der Digitalisierungsstrategie muss der Bürger stehen, denn es geht um den Umgang und die Nutzung seiner Daten. Reiche: „Daten haben einen Wert. Ihr Mehrwert muss sichtbar werden. Eine Politik, die "Open Data zum Nulltarif" zum Prinzip erhebt, übersieht, dass dazu benötigte Infrastrukturen von Unternehmen, von Kommunen oder staatlichen Institutionen finanziert werden müssen.“ Timo Poppe, Vorstandsmitglied der swb AG Bremen und Vorsitzender des VKU-Digitalisierungs-ausschusses, ergänzt: „Wenn wir Daten der kommunalen Daseinsvorsorge verschenken, wird Infrastruktur volkswirtschaftlich langfristig nicht mehr bezahlbar. Deshalb müssen kommunale Unternehmen wie Energieversorger innerhalb der zukünftigen Digitalstrategie eine entscheidende Rolle spielen."

Derzeit konzentrieren sich die politischen und gesellschaftlichen Diskussionen eher darauf, was im Netz passiert. Reiche: „Dritte Akteure sind hauptsächlich am Dienst-leistungsgeschäft interessiert. Doch die kommunalen Unternehmen bleiben weiter verantwortlich für den Aus- und Umbau sowie die Unterhaltung der physischen Infrastruktur.“ Um diese Aufgabe auch in Zukunft verlässlich wahrnehmen zu können, müsse die Politik kluge Spielregeln setzen. Reiche: „Ein Wertschöpfungsmodell sollte sich entlang der Qualität und dem Nutzwert der Daten orientieren. Hier ist der Gesetzgeber in der kommenden Legislaturperiode gefragt."

 

Die Studie der Quadriga-Hochschule Berlin finden Sie hier: www.quadriga-hochschule.com/digital

 

 

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) vertritt rund 1.460 kommunalwirtschaftliche Unternehmen in den Bereichen Energie, Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft sowie Telekommunikation. Mit über 262.000 Beschäftigten wurden 2015 Umsatzerlöse von mehr als 115 Milliarden Euro erwirtschaftet und rund 11 Milliarden Euro investiert. Die VKU-Mitgliedsunternehmen haben im Endkundensegment große Marktanteile in zentralen Versorgungsbereichen (Strom 60 Prozent, Erdgas 65 Prozent, Trinkwasser 87 Prozent, Wärmeversorgung 69 Prozent, Abwasserentsorgung 42 Prozent). Sie entsorgen jeden Tag 31.500 Tonnen Abfall und tragen entscheidend dazu bei, dass Deutschland mit 66 Prozent die höchste Recyclingquote in der Europäischen Union hat. Die kommunalen Unternehmen versorgen 5,7 Millionen Kunden mit Breitband. Bis 2018 planen sie Investitionen von rund 1,7 Milliarden Euro, um dann insgesamt 6,3 Millionen Menschen an schnelles Internet anschließen zu können.