Bundesgerichtshof stärkt Verbraucherrechte
Transparenz bei Preisänderungen auch außerhalb der Grundversorgung

Mit zwei Urteilen vom 21.12.2022 (Az.: VIII ZR 199/20 und VIII ZR 200/20) hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine Transparenzanforderungen an Preisänderungen in der Grundversorgung auch auf Preisänderungen bei der Belieferung von Haushaltskunden mit Strom und Gas außerhalb der Grundversorgung erstreckt.

09.03.23

Der BGH hatte mit Urteil vom 06.06.2018 (VIII 247/17) entschieden, dass Grundversorger bei einer Preisänderung in der Strom- und Gasgrundversorgung den alten und den neuen Preis in der brieflichen Mitteilung an die Kunden detailliert gegenüberstellen müssen. Dabei müssen nicht nur der alte und der neue Gesamtpreis erkennbar sein, sondern auch die Veränderungen der einzelnen Kostenbestandteile, z.B. wie Netzentgelte, Stromsteuer oder EEG-Umlage, deutlich dargestellt werden. Aus der brieflichen Mitteilung selbst muss sich erschließen, welche Preisfaktoren sich im Einzelnen in welcher Höhe und in welche Richtung verändert haben. Der Kunde dürfe nicht gezwungen sein, die vor einer Preisänderung geltenden Einzelpreise selbst zu ermitteln.

Mit seinen Urteilen vom 21.12.2022 hat der BGH nun diese Transparenzanforderungen auch auf Preisänderungen bei der Belieferung von Haushaltskunden mit Strom und Gas außerhalb der Grundversorgung erstreckt.

Bei Stromlieferverträgen außerhalb der Grundversorgung hat der Energieversorger für die Einhaltung der Transparenzanforderungen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 EnWG (alte Fassung – aF) in der Unterrichtung des Haushaltskunden über eine beabsichtigte Preisänderung Anlass, Voraussetzungen und Umfang dieser Preisänderung mitzuteilen und dabei die bisherigen und die neuen Preise für die einzelnen Preisbestandteile gegenüberzustellen, die nach dem Vertrag Bestandteil des vom Kunden zu zahlenden Strompreises sind.

Auch bei Gaslieferverträgen außerhalb der Grundversorgung ist der Energieversorger zur Einhaltung der Transparenzanforderungen gemäß § 41 Abs. 3 Satz 1 EnWG aF in der Unterrichtung des Haushaltskunden über eine beabsichtigte Preisänderung verpflichtet. Dabei sind nicht lediglich der bisherige und der neue Gesamtpreis anzugeben. Vielmehr sind - unter Berücksichtigung der Wertungen der für die Grundversorgung geltenden Regelung in § 5 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2, § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 GasGVV - derzeit die Energiesteuer nach § 2 Energiesteuergesetz, die Konzessionsabgabe nach Maßgabe des § 4 Abs. 1, 2 KAV und die Kosten für den Erwerb von Emissionszertifikaten nach dem BEHG gesondert auszuweisen und hinsichtlich der vor und nach der Preiserhöhung jeweils geltenden Höhe gegenüberzustellen, sofern diese Kostenbelastungen nach dem Vertrag Bestandteil des vom Kunden zu zahlenden Gaspreises sind. Da in der GasGVV kein gesonderter Ausweis der Gasnetzentgelte und anderer gasspezifischer Umlagen und Entgelte geregelt sei, müssten diese auch außerhalb der Grundversorgung nicht gesondert ausgewiesen werden.

Der BGH macht in beiden Urteilen deutlich, dass bei Haushaltskunden außerhalb der Grundversorgung kein geringeres Informationsbedürfnis bezogen auf die beabsichtigten Veränderungen der einzelnen Preisbestandteile und deren Auswirkung auf den Endpreis als in der Grundversorgung besteht. Auch hier müsse der Kunde mit der Unterrichtung über eine beabsichtigte Preisänderung in die Lage versetzt werden, Leistungen und Preise zu vergleichen und zu prüfen, ob er an dem bestehenden Vertragsverhältnis festhalten oder die Konditionen oder den Anbieter wechseln möchte.

Der BGH stützt seine Auffassung insoweit auch auf die Transparenzvorgaben der EU-Binnenmarktrichtlinien für Strom und Gas. Danach soll durch die Herstellung einer möglichst großen Transparenz dem Verbraucher, dem die Vorteile des Wettbewerbs und gerechter Preise zugutekommen sollen, eine echte Wahlmöglichkeit bezüglich des Energielieferanten eröffnet und damit letztlich ein Recht auf Versorgung mit Elektrizität einer bestimmten Qualität zu leicht vergleichbaren, transparenten und angemessenen Preisen gewährleistet werden.

Die vom BGH in Bezug genommene Norm des § 41 Abs. 3 Satz 1 EnWG aF findet sich im aktuell geltenden EnWG wortgleich in § 41 Abs. 5 Satz 3 EnWG wieder, so dass die BGH-Entscheidung auch für künftige Preisänderungen zu beachten ist.

Energielieferanten, die dieser Informationspflicht nicht nachkommen, können, wie in beiden vom BGH entschiedenen Fällen, insbesondere von Verbraucherschutzvereinigungen auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.