Eine Umlage für Gas-Ersatzbeschaffungskosten? Energiesicherungsgesetz erneute geändert

Nachdem der Gesetzgeber erst im Mai das Energiesicherungsgesetz um einige Instrumentarien zur Bewältigung einer möglichen Gasmangellage ergänzt hat, wurde hier bereits im Juli nachjustiert. So wurde u.a. die Möglichkeit geschaffen, anstelle der Weitergabe von höheren Gasbeschaffungskosten in der Lieferkette eine Umlagelösung eizuführen.

Erst im Mai haben Bundestag und Bundesrat Änderungen des Energiesicherungsgesetzes verabschiedet. Hiermit wurden weitere gesetzliche Grundlagen zur Bewältigung einer Gasmangellage geschaffen. Neben der Einführung einer digitalen Sicherheitsplattform Gas und Enteignungsregelungen zur Herstellung der Versorgungssicherheit wurde die gesetzliche Möglichkeit geschaffen, Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung von Gas in der Lieferkette bis zum Letztverbraucher kurzfristig weiter zu reichen – unabhängig davon, ob überhaupt ein vertragliches Preisänderungsrecht besteht. Greifen soll diese Möglichkeit erst in der 2. und 3. Krisenstufe (Alarm-, Notfallstufe). Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat zwar am 23.06.2022 die zweite Stufe des Notfallplans Gas, die sogenannte Alarmstufe, ausgerufen. Damit wäre eine Voraussetzung für die Preisanpassungsmöglichkeit nach § 24 EnSiG erfüllt. Bisher hat die Bundesnetzagentur allerdings nicht die für die Scharfschaltung der Regelung erforderliche erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland festgestellt. Die Preisanpassungsregelung ist daher derzeit noch nicht anwendbar (zumindest zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses Anfang Juli).

Dennoch hat der Gesetzgeber sie im Juli kurzfristig nachjustiert. Erwähnenswert ist insbesondere die Ergänzung des EnSiG um eine Verordnungsermächtigung, die es der Bundesregierung erlaubt, die Durchreichung der Mehrkosten in der Lieferkette durch eine Umlagenlösung per Verordnung zu ersetzen. Die den Gasimporteuren entstehenden Mehrkosten der Gasersatzbeschaffung würde dann voraussichtlich der Marktgebietsverantwortliche Gas – die Trading Hub Europe GmbH – ausgleichen und könnte sie über eine Umlage gegenüber den sog. Bilanzkreisverantwortlichen (Gashändler) refinanzieren. Eine Umlage würde ebenfalls in der Lieferkette bis zum Letztverbraucher weitergereicht. Auch wenn die Mehrkosten bei einer Umlagenlösung auf alle Letztverbraucher verteilt werden und damit niedriger als im Falle einer Preisanpassung innerhalb bestimmter Lieferketten sein werden, dürfte nach wie vor mit nicht unerheblichen Kostenbelastungen zu rechnen sein. Daher ist es aus Sicht des VKU weiterhin zwingend erforderlich, dass der Staat stützend eingreift, um Preisschocks abzudämpfen - idealerweise bereits auf der Import- und Großhandelsstufe, um eine Kostenwelle bis zum Letztverbraucher zu vermeiden. Die durch weitere Ergänzung des EnSiG geschaffene erleichterte Möglichkeit für Stabilisierungsmaßnahmen des Bundes für kritische Infrastrukturen im Energiebereich ist ein guter Anfang, auch wenn es weiterer staatlicher Stützungsmaßnahmen bedürfen wird.