Finanzverwaltung ändert ihre Praxis
Öffentlich-rechtlich abgerechnete Handwerkerleistungen nach § 35a EStG begünstigt
Grundsätzlich gelten Hausanschlussleistungen in der Ver- und Entsorgungswirtschaft als begünstigte Handerkerleistungen nach § 35a EStG. Bislang galt dies aus Verwaltungssicht nicht für solche Leistungen, die nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen (z.B. mit einer Gebühr) abgerechnet werden. Mit dem aktuellen Anwendungsschreiben wird dies nun geändert.
01.10.21
Grundsätzlich gelten Hausanschlussleistungen in der Ver- und Entsorgungswirtschaft als begünstigte Handerkerleistungen nach § 35a EStG. Bislang galt dies aus Verwaltungssicht nicht für solche Leistungen, die nach öffentlich-rechtlichen Grundsätzen (z.B. mit einer Gebühr) abgerechnet werden. Mit dem aktuellen Anwendungsschreiben wird dies nun geändert.
Nach § 35a EStG ermäßigt sich die Einkommensteuer um 20 % der Arbeitskosten für bestimmte haushaltsnahe Dienstleistungen bzw. Handwerkerleistungen. Der Anteil der Arbeitskosten muss grundsätzlich anhand der Angaben in der Rechnung gesondert ermittelt werden können. Eine Schätzung durch den Steuerpflichtigen selbst erkennt die Finanzverwaltung nicht an. Empfänger von begünstigen Handwerkerleistungen erwarten aus dem Grund vom leistenden Unternehmen eine Rechnung, die diesen Anforderungen gerecht wird.
Nach langjähriger Auffassung der Finanzverwaltung – zuletzt mit Anwendungsschreiben vom 09.11.2016 - zählt auch das Legen von Hausanschlüssen in der Ver- und Entsorgungswirtschaft zu den begünstigten Handwerkerleistungen, soweit es sich nicht um eine Maßnahme im Rahmen eines Neubauprojektes handelt. Dies hatte auch der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 23.03.2014 (VI R 56/12) so entschieden.
Nach Tz. 22 S. 3 des BMF-Schreibens vom 09.11.2016 sind aber Maßnahmen, die von der öffentlichen Hand erbracht und mit dem Hauseigentümer nach öffentlich-rechtlichen Kriterien abgerechnet werden, nicht nach § 35a EStG begünstigt. Hausanschlüsse in der öffentlich-rechtlich organisierten Wasserwirtschaft fielen aus Verwaltungssicht also bisher nicht in den Anwendungsbereich der Norm. Diese Sichtweise war mit dem vorgenannten BFH-Urteil nicht vereinbar, denn dieser hatte eigentlich klargestellt, dass es für die Anwendung des § 35a EStG unerheblich ist, auf welcher Rechtsgrundlage die Kosten für den Hausanschluss erhoben werden. Dennoch bleib die Finanzverwaltung bislang bei ihrer Sichtweise.
Mit Schreiben vom 01.09.2021 hat das Bundesministerium der Finanzen nun aber doch eingelenkt. Eigentlicher Anlass des BMF-Schreibens ist ein Urteil des BFH vom 21.02.2018 (VI R 18/16). Das Gericht hatte entschieden, dass Handwerkerleistungen der öffentlichen Hand, die nicht nur einzelnen Haushalten, sondern allen an den Maßnahmen der öffentlichen Hand beteiligten Haushalten zugutekommen, nicht nach § 35a EStG begünstigt sind. Dies gilt z.B. für den per Baukostenzuschuss berechneten Ausbau eines öffentlichen Ver- oder Entsorgungsnetzes. Das aktuelle BMF-Schreiben enthält vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung entsprechende Klarstellungen, die allerdings kaum zu einer Änderung der bisherigen Praxis führen dürften.
Für die Praxis erheblich bedeutender ist die im Grunde beiläufig vorgenommene Streichung des 3. Satzes der Tz. 22 des BMF-Schreibens vom 09.11.2016. Damit gibt die Finanzverwaltung ihre bisherige Praxis, wonach öffentlich-rechtlich abgerechnete Handwerkerleistungen per se nicht begünstigt waren, auf. Künftig müssen auch Wasserversorger und Abwasserentsorger, die auf öffentlich-rechtlicher Grundlage die Hausanschlussleistungen abrechnen, damit rechnen, dass Hauseigentümer den Ausweis der Arbeitskosten verlangen. Dabei ist eine prozentuale Aufteilung des Rechnungsbetrages in Arbeits- und Materialkosten zulässig. Die anteiligen Arbeitskosten können durch den Ver- bzw. Entsorger geschätzt werden.
Es ist darauf hinzuweisen, dass Müllgebühren der Rechtsprechung zufolge nicht nach § 35a StG begünstigt sind. Gebühren/Entgelte für Straßenreinigung und Winterdienst sind nur begünstigt, soweit sich diese auf die Gehwege beziehen sollten. Dies erscheint in der Praxis allerdings kaum umsetzbar.