Strom- und Gasgrundversorgung
Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung zur Durchsetzung einer Versorgungsunterbrechung

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat entschieden, dass die Grundversorgern eingeräumte Befugnis, bei Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung die Grundversorgung mit Strom und Gas unterbrechen zu lassen grundsätzlich im Wege einer einstweiligen (Sicherungs-)Verfügung durchgesetzt werden kann.

25.09.25

In einem Beschluss vom 30.07.2025 (Az.: 13 W 24/25) stellt das OLG Celle fest, dass die Grundversorgern nach §§ 19 Abs. 2 Satz 1 Strom- und GasGVV eingeräumte Befugnis, bei Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung trotz Mahnung die Grundversorgung mit Strom und Gas unterbrechen zu lassen, eine besondere Ausgestaltung des Leistungsverweigerungsrechts gemäß §§ 273, 320 BGB ist. Zur Ausübung des Zurückbehaltungsrechts bedarf es einer Sperre des Gas- oder Stromzählers, für die regelmäßig die Räumlichkeiten des Kunden betreten werden müssen. Denn es ist einem Energieversorgungsunternehmen – anders als anderen Verkäufern in einer Dauerlieferbeziehung – bereits in technischer Hinsicht nicht möglich, die eigene Leistung auf andere Weise einzubehalten.

Mit dem Erlass einer auf die Duldung der Sperrung des Zählers gerichteten einstweiligen Verfügung wird zwar das Recht des Energieversorgers durchgesetzt, die Grundversorgung unterbrechen zu lassen. Insoweit unterscheiden sich die Anträge in einem einstweiligen Verfügungsverfahren auch nicht von denen eines entsprechenden Hauptsacheverfahrens. Jedoch liegt entgegen einer streng formalen Betrachtungsweise die Hauptsache nicht in dem Erlass eines auf Duldung der Zählersperrung gerichteten Titels. Vielmehr ist bei wertender Betrachtung die Hauptsache in der Bezahlung der Energielieferungen zu sehen, die mit der Verpflichtung zur Duldung der Versorgungsunterbrechung gerade nicht vorweggenommen wird. Die Duldungspflicht des Kunden stellt einen bloßen Annex zur Durchsetzung des Zurückbehaltungsrechts dar. Mit dem Zurückbehaltungsrecht übt der Energieversorger zwar Druck auf den Kunden aus, um die offenen Forderungen zu begleichen. Jedoch beugt es nur der Entstehung weiterer Zahlungsrückstände vor. Die bereits entstandenen Zahlungsrückstände müssten weiterhin in einem Hauptsacheverfahren geltend gemacht werden, sofern der Kunde diese nicht freiwillig bezahlen sollte.

Vor diesem Hintergrund stellt eine einstweilige Verfügung auch keine Leistungsverfügung, sondern eine Sicherungsverfügung im Sinne des § 935 ZPO dar. Der für deren Erlass erforderliche Verfügungsgrund lag in dem vom OLG Celle zu entscheidenden Fall vor. Die durch die einstweilige Verfügung zu ermöglichende Versorgungsunterbrechung war für den Grundversorger so eilbedürftig, dass ohne diese Sofortmaßnahme die Durchsetzung seines Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert worden wäre und ihm ein Zuwarten auf eine Hauptsacheentscheidung nicht zuzumuten war. Ohne die Versorgungsunterbrechung droht ein weiteres Anwachsen der Zahlungsrückstände und häufig auch der Ausfall mit den entsprechenden Zahlungsforderungen. Die zur Ausübung dieses Zurückbehaltungsrechts notwendigen Maßnahmen konnte der Grundversorger trotz vorheriger ordnungsgemäßer Ankündigung nicht durchführen, weil der Kunde dem beauftragten Unternehmen den Zutritt verweigert bzw. den Kunden nicht angetroffen hatte. Ein weiteres Zuwarten war dem Grundversorger auch nicht zuzumuten. Dagegen kann nicht eingewandt werden, dass der Grundversorger gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 EnWG einem Kontrahierungszwangs unterliegt und häufig ein höheres Entgelt für Energielieferungen beanspruchen kann als bei Sonderverträgen über Energielieferungen. § 19 Abs. 2 - 6 StromGVV bzw. GasGVV knüpfen eine Versorgungsunterbrechung aufgrund Zahlungsverzuges an eine Vielzahl kundenschützender Voraussetzungen, so dass die Belange der Versorgungskunden bereits hierdurch regelmäßig ausreichend berücksichtigt werden.