Allgemeine Geschäftsbedingungen
Keine AGB-Einbeziehung durch bloßen Verweis auf Internet-Link
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 10.07.2025 entschieden, dass ein Telekommunikationsunternehmen seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht wirksam allein durch einen Link auf eine Internetseite in einem Papierformular einbeziehen kann.
24.09.25
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 10.07.2025 entschieden, dass ein Telekommunikationsunternehmen seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht wirksam allein durch einen Link auf eine Internetseite in einem Papierformular einbeziehen kann.
Die Verbraucherzentrale Thüringen hatte gegen ein Telekommunikations-Unternehmen eine Unterlassungsklage erhoben. Hintergrund war eine Werbeaktion des Unternehmens im Jahr 2023, bei der zahlreiche Verbraucher per Postwurfsendung kontaktiert wurden. Die Sendung bestand aus einem Anschreiben, einem Antragsformular sowie einem doppelseitig bedruckten Informationsblatt mit einer Vertragszusammenfassung und einer Widerrufsbelehrung. Im Antragsformular findet sich u.a. der Hinweis „Es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (abrufbar über www.1n.de/agb)“. Die Verbraucherzentrale Thüringen beanstandete, dass die AGB lediglich über einen Link angegeben wurden, ohne dass sie den Verbraucher in Papierform zur Verfügung gestellt wurden. Sie sah darin einen Verstoß gegen das Transparenzgebot und fordert die Unterlassung dieser Praxis. Das OLG Düsseldorf gab der Klage statt. Das beklagte Unternehmen legte dagegen Revision zum BGH ein.
Der BGH wies die Revision zurück. Er stellte klar, dass bei Papierverträgen ein bloßer Link auf AGB im Internet nicht ausreicht, um diese wirksam einzubeziehen. Denn nach § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB werden AGB nur dann Vertragsbestandteil, wenn der Verwender dem Vertragspartner die Möglichkeit verschafft, „in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen“. Bei Vertragsabschlüssen im Internet ist dies unproblematisch, da der Nutzer die AGB mit einem Klick aufrufen kann. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Vertrag auf dem Postweg zustande kommt.
Im Gegensatz zu Online-Vertragsabschlüssen liegt hier ein sog. Medienbruch vor, der die Möglichkeit der Kenntnisnahme für Verbraucher erheblich erschwert. Während das Vertragsformular in Papierform vorliegt, müssen die AGB digital abgerufen werden. Dies erschwert die Kenntnisnahme unzumutbar, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass jeder Verbraucher über einen Internetzugang verfügt oder bereit ist, die AGB aktiv aufzusuchen. Zwar ist der Zugang zum Internet heute weit verbreitet, der BGH betont aber, dass der Verwender die AGB ohne weiteres auch hätte beifügen können. Ein bloßer Link reiche daher nicht aus, um die Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu erfüllen.
Außerdem verstößt die Klausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der BGH interpretiert die Formulierung „abrufbar über www.1n.de/agb“ als dynamische Verweisung, die nicht nur die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gültige Fassung der AGB einbezieht, sondern auch spätere Änderungen. Eine solche Klausel ist intransparent, weil sie dem Verbraucher keine Klarheit darüber verschafft, welche konkrete Fassung der AGB für ihn gilt. Zudem eröffnet diese Vorgehensweise dem Unternehmen die Möglichkeit, die AGB nachträglich zu ändern, was zu Nachteilen für die Verbraucher führen kann. Die AGB müssen in einer konkreten Fassung vorliegen und dem Kunden zugänglich gemacht werden.
Für Unternehmen, die Verträge per Post oder in anderer physischer Form abschließen, bedeutet die BGH-Entscheidung also, dass ein bloßer Link zu den AGB nicht ausreichend ist. Stattdessen müssen die AGB entweder dem Vertragsformular beigefügt werden oder durch eine statische Verweisung (z. B. „AGB in der Fassung vom [Datum]“) konkretisiert werden. Der BGH ließ offen, ob eine statische Verweisung in jedem Fall ausreicht, da im vorliegenden Fall bereits der Medienbruch zwischen Papierformular und digitalen AGB problematisch war. Allerdings gibt es Hinweise aus der Rechtsprechung, dass eine klare und nachvollziehbare Bezugnahme auf eine bestimmte Fassung der AGB weniger bedenklich sein kann als eine offene, dynamische Verweisung.