Bilanzierung
Rückstellungen für Stilllegung von Gasnetzen
Spätestens seit Veröffentlichung der KANU 2.0-Festlegung der BNetzA werden die Auswirkungen der Stilllegung von Gasnetzen in der Handelsbilanz diskutiert. Nachdem sich das IDW Ende 2024 zu Nutzungsdauer und Abschreibungen geäußert hatte, liegt nun auch eine erste Äußerung dazu vor, ob für die Stilllegung Rückstellungen zu bilden sind.
03.11.25
Spätestens seit Veröffentlichung der KANU 2.0-Festlegung der BNetzA werden die Auswirkungen der Stilllegung von Gasnetzen in der Handelsbilanz diskutiert. Nachdem sich das IDW Ende 2024 zu Nutzungsdauer und Abschreibungen geäußert hatte, liegt nun auch eine erste Äußerung dazu vor, ob für die Stilllegung Rückstellungen zu bilden sind.
Gemäß § 3 Klimaschutzgesetz muss Deutschland bis 2045 die Klimaneutralität erreicht haben. Zum 01.01.2024 ist das Wärmeplanungsgesetz in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, einen wesentlichen Beitrag zur Umstellung der Erzeugung von sowie der Versorgung mit Raumwärme, Warmwasser und Prozesswärme auf erneuerbare Energien, unvermeidbare Abwärme oder einer Kombination hieraus zu leisten, zu einer kosteneffizienten, nachhaltigen, sparsamen, bezahlbaren, resilienten sowie treibhausgasneutralen Wärmeversorgung bis spätestens zum Jahr 2045 beizutragen.
Dies hat zur Folge, dass die bisher bestehende Ewigkeitsvermutung für die Versorgung der Bevölkerung mit Gas so nicht mehr gilt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Gasnetzrückbau bzw. Stilllegungen werden erst mit der nationalen Umsetzung des EU-Gas-/H-Paket geschaffen. Viele Versorger haben dennoch bereits kommuniziert, dass sie beabsichtigen, ihre Gasnetze bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ganz oder teilweise stillzuzulegen.
Mit der KANU-2.0-Festlegung hat die BNetzA für diese Ausgangslage einen regulatorischen Rahmen geschaffen, der den Betreibern von Gasnetzen Flexibilisierungen bei den kalkulatorischen Nutzungsdauern und somit für die kalkulatorischen Abschreiben ermöglicht. Demnach können die Gasnetze kalkulatorisch grundsätzlich bis 2025 abgeschrieben werden. Unter engeren Voraussetzungen sind auch kürzere Nutzungsdauern, höchstens bis 2035 möglich. Auch degressive Abschreibungen von bis zu 12 % werden zugelassen.
Am 17.02.2025 hatte das IDW eine Berichterstattung über eine Sitzung des Energiefachausschusses (EFA) vom 19.12.2024 im Mitgliederbereich veröffentlicht. Thema sind hier die möglichen Auswirkungen des Ausstiegs aus der Erdgasversorgung auf die handelsrechtliche Bilanzierung des Anlagevermögens von Betreibern von Gasverteilernetzen. Kurz zusammengefasst können demnach die regulatorischen Vorgaben zu Nutzungsdauern und Abschreibungen weitgehend in der Handelsbilanz übernommen werden, wenn es im jeweiligen Einzelfall objektive Hinweise dafür gibt, dass ein Gasversorger zu dem jeweiligen Zeitpunkt die Gasversorgung einstellt. Dies gilt allerdings nur für den Teil des Netzes, das stillgelegt werden soll. Ist beabsichtigt, Teile des Netzes - z.B. mit Wasserstoff - weiter zu betreiben, muss der Vermögensgegenstand „Gasnetz“ auf zwei Vermögensgegenstände aufgespalten werden. Für den Teil, der dann weiter betrieben werden soll, bleiben die bisherigen Nutzungsdauern unverändert.
Seit einiger Zeit wird erwartet, dass sich das IDW auch dazu äußern wird, ob für die Stilllegung oder einen etwaigen Rückbau der Gasnetze in der Handelsbilanz Rückstellungen zu bilden sind. Am 10.10.2025 hat das IDW nun dazu eine weitere Berichterstattung im Mitgliederbereich veröffentlicht.
Das IDW führt darin aus, dass zunächst im jeweiligen Einzelfall zu untersuchen ist, welche gesetzlichen oder vertraglichen Stilllegungs- und Rückbauverpflichtungen bestehen. Dabei sind neben dem Konzessionsvertrag auch weitere mit Dritten abgeschlossene Verträge über die Grundstücksnutzung (z.B. bezüglich der Hausanschlüsse) zu berücksichtigen.
Das IDW geht davon aus, dass vor dem Hintergrund des aktuell geltenden Rechtsrahmens in vielen Fällen - ggf. nach § 1004 BGB – grundsätzlich Rückbauverpflichtungen bestehen. Damit wird deutlich, dass die vom VKU geforderten, gesetzlichen Duldungspflichten für die Brache wirtschaftlich von hoher Bedeutung sind.
Eine Rückstellung für Rückbauverpflichtung ist dem IDW zufolge aber nur insoweit zu bilden, als die Inanspruchnahme durch die einzelnen Grundstückeigentümer hinreichend wahrscheinlich ist, wobei der kaufmännische Vorsichtsprinzip zu beachten ist.
Auch wenn demnach keine Rückstellung für den Rückbau zu bilden ist, sind aus Sicht des IDW zumindest mit der Pflicht zur Stilllegung von fortbestehenden und nicht alternativ genutzten Netzen bzw. Netzbestandteilen Kosten verbunden, denen durch die Passivierung von Rückstellungen Rechnung zu tragen ist.
Das IDW weist darauf hin, dass es sich vorliegend um sogenannte Ansammlungsrückstellungen handelt, da sich die wirtschaftliche Verursachung der Außenverpflichtung über mehrere Geschäftsjahre erstreckt. Der Ansammlungszeitraum beginnt demnach mit Wegfall der Ewigkeitsvermutung. Der Rückstellungsbedarf ist dann bis zum voraussichtlichen Stilllegungsdatum kontinuierlich anzusammeln.
Das IDW hat angekündigt, sich in einem weiteren Dokument konkreter zur Bewertung der Rückstellung zu äußern. Der VKU plant, sich gemeinsam mit dem BDEW mit einer Stellungnahme an das BMF zu wenden. Ziel ist es, durchzusetzen, dass die handelsrechtlichen Folgen der Gasnetzstillegung auch in der Steuerbilanz berücksichtigt werden können.