Bundesrat stimmte am 8. Juli zu
Das novellierte EnSiG enthält weitreichende Änderungen 11.07.22

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Nach der Beschlussfassung des Bundestages am Vortag hat der Bundesrat am 8. Juli 2022 dem Gesetz zur Bereithaltung von Ersatzkraftwerken zur Reduzierung des Gasverbrauchs im Stromsektor im Fall einer drohenden Gasmangellage durch Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften zugestimmt. Mit angehangen worden war auch eine Änderung des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG).

Hervorzuheben ist vor allem, dass die Preisanpassungsregel in § 24 in verschiedener Hinsicht präzisiert worden ist. So gilt das Preisanpassungsrecht nur für physische Lieferungen im deutschen Marktgebiet und unabhängig vom ansonsten auf den Vertrag anwendbarem Recht. Berechtigt zur Preisweitergabe sind alle unmittelbar durch Lieferausfälle oder mittelbar durch Preissteigerungen ihres Lieferanten betroffenen Energieversorgungsunternehmen. Die Preisweitergabe in der Wärmeversorgung sollte durch eine Anpassung der AVBFernwärme-Verordnung sichergestellt werden.

Der entscheidende Punkt für die meisten Stadtwerke ist aber sicher der neugeschaffene § 26. Darin bekommt die Bundesregierung die Möglichkeit, durch eine Verordnungsermächtigung anstelle der Preisanpassungsrechte nach § 24 einen durch “eine saldierte Preisanpassung finanzierten finanziellen Ausgleich” einzuführen. Dabei handelt es sich um die vielfach geforderte Umlagelösung. Ausgefallene Gasmengen würden dann zentral beschafft und die Kosten dafür würden zentral und gleichmäßig auf alle Gaskunden in Form einer „EnSiG-Umlage“ verteilt, ohne dass die Kosten über die einzelnen Schritte der Lieferkette gewälzt werden müssten. Die Details einer solchen Lösung obliegen der Verordnung. Klar ist nur, dass, sobald die Umlageverordnung beschlossen ist, die Preisanpassungsrechte nach § 24 erlöschen und schon umgesetzte Preisanpassungen unter Bezug auf § 24 binnen vier Wochen auch zurückgenommen werden müssen. Der VKU wirbt für einen raschen Verordnungsbeschluss noch diesen Sommer, um den Einsatz von § 24 möglichst komplett zu vermeiden.

Mit § 27 wird es in Zukunft für Vorlieferanten schwieriger Gaslieferungen bspw. an Stadtwerke ohne Genehmigung der Bundesnetzagentur einzustellen. Eingeführt wird ein Genehmigungsvorbehalt für die Ausübung des Leistungsverweigerungsrechts aufgrund wirtschaftlicher Unzumutbarkeit bei einem Ausfall kontrahierter Energieliefermengen von Energieversorgungsunternehmen. Weiterhin davon ausgenommen bleibt das Leistungsverweigerungsrecht bei Unmöglichkeit der Lieferung oder auch im Falle einer Suspendierung des Gasbörsenhandels.

Betreiber kritischer Infrastrukturen im Sektor Energie können nach § 29 zudem finanzielle Mittel für Stabilisierungsmaßnahmen beantragen. Denkbare Maßnahmen unter der sogenannten „Lex Uniper“ können z. B. Garantien des Bundes zur Absicherung von Krediten oder die Einräumung von Kreditlinien und Kapitalmarktprodukten im Fremdkapitalbereich sein. Als Rekapitalisierungsmaßnahme kommt insbesondere die staatliche Beteiligung in Frage, für die die Regelung diverse gesellschaftsrechtliche Vereinfachungen vorsieht. Über die konkrete Maßnahme entscheidet das BMWK im jeweiligen Einzelfall. Ein Rechtsanspruch besteht nicht.

Kommunale Unternehmen sind nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Die Regelungen sind bewusst so formuliert worden, um eine Beteiligung von Stadtwerken zu ermöglichen. Der VKU wird dies in weiteren Gesprächen und auch seiner Öffentlichkeitsarbeit herausstellen. Die neue Regelung muss so interpretiert werden, dass sie einen materiellen Ansatzpunkt für die Unterstützung von in Schieflage geratenen Stadtwerken darstellt. Die Verordnung zur saldierten Preisanpassung (Umlagelösung) sollte aus Sicht des VKU zudem schnellstmöglich fertiggestellt werden, damit diese, wenn nötig, ohne eine Nutzung von § 24 einsatzbereit ist. Die saldierte Umlagelösung sollte mit preisdämpfender staatlicher Vorfinanzierung und Weitergabe als Umlage über einen längeren, ggf. auch mehrjährigen Zeitraum ausgestaltet werden.