Trilateraler Workshop zu Tarifbildung im Wasser- und Abwassersektor in Warschau 14.11.25

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Jule Kemper

Vertreter der Wasserver- bzw. Abwasserentsorger aus Lviv, Krakau, Dresden und Köln

Im Rahmen der „ReBuild Ukraine“-Konferenz richtete der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) am 12. November 2025 gemeinsam mit der Polnischen Handelskammer der Wasserwerke (IGWP) und dem Verband der ukrainischen Wasserunternehmen „Ukrovodokanalekologiya“ einen trilateralen Workshop zur Tarifbildung im Wasser- und Abwassersektor in Warschau aus. Mit Unterstützung der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag der Bundesregierung brachte die Veranstaltung Fach- und Führungskräfte aus Politik, Verwaltung und kommunaler Praxis zusammen – darunter Vertreter:innen der Regulierungsbehörden, Ministerien und kommunaler Unternehmen aus allen drei Ländern.

Tarife als Schlüssel für eine zukunftsfähige Daseinsvorsorge

In ihren Eröffnungsworten betonten die Verbandsvertreter der drei Länder Paweł Sikorski, Thomas Abel und Dmytro Novytskyi, dass Wasser und Abwasser als Kernaufgaben der Daseinsvorsorge eine verlässliche Finanzierung und daher auch entsprechende Entgeltstrukturen benötigen. Thomas Abel hob hervor, dass die Wasserwirtschaft in Deutschland in den kommenden 20 Jahren ihre Investitionen nochmals deutlich anheben werde, um Erhalt, Modernisierung, Klimaanpassung und Resilienz zu bewältigen. Dafür brauche es Rückhalt nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in der Politik. Dmytro Novytskyi wies auf die besondere Lage der Ukraine hin: Unter Kriegsbedingungen sei es eine große Herausforderung, Tarife kostendeckend und sozial verträglich zu gestalten, ohne das Vertrauen der Bevölkerung zu verlieren.

Vergleich nationaler Modelle und europäische Perspektive

In einem Keynote-Panel stellten Fachleute aus Polen, Deutschland und der Ukraine ihre unterschiedlichen Regulierungs- und Tarifmodelle vor:

  • Polen:
    Seit 2018 überprüft eine zentrale Regulierungsbehörde Tarifanträge, die auf den vergangenen drei Geschäftsjahren beruhen. Ziel ist eine Kostendeckung bei gleichzeitiger Verbrauchertransparenz. Eine anstehende Gesetzesnovelle könnte die Entscheidungshoheit wieder stärker in die Hände der Kommunen legen.
  • Deutschland:
    Dr. Annkathrin Griesbach (VKU) erläuterte die föderale Vielfalt des deutschen Systems: Während Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung kommunale Pflichtaufgaben sind, unterscheiden sich rechtliche Grundlagen und Tarifarten deutlich. Das Kostendeckungsgebot stellt sicher, dass Gebühren die tatsächlichen Kosten nicht übersteigen.
  • Ukraine:
    In der Ukraine gibt es derzeit ein zentralistisch organisiertes System, das Reformen benötigt, um mehr Flexibilität und Anpassung an europäische Grundsätze zu ermöglichen. Artem Chumak (NEURC, ukrainische Regulierungsbehörde) berichtete, dass derzeit nur rund 70 % der tatsächlichen Kosten durch Tarife gedeckt werden. Eine schrittweise Anpassung, eine bessere Datengrundlage und Benchmarking-Verfahren sollen helfen, Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz zu stärken.

Klara Ramm (EurEau, IGWP) ordnete die Diskussion in die europäische Perspektive ein: Während die Wasserqualität EU-weit geregelt sei, liege die Preisgestaltung in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. Entscheidend sei die Balance zwischen Investitionsbedarf, sozialer Gerechtigkeit und Verbraucherschutz.

Vertrauen, Transparenz und Beteiligung als Erfolgsfaktoren

In der anschließenden Panel- und Workshop-Phase wurden Praxisbeispiele und Lösungsansätze vorgestellt. Piotr Ziętara (Vorsitzender der Krakauer Wasserwerke) und Vertreter der Stadtentwässerungsbetriebe Köln und der Stadtentwässerung Dresden zeigten, dass Transparenz und regelmäßige, moderate Anpassungen der Tarife zu größerem Vertrauen führen.
Die Teilnehmenden arbeiteten in Gruppen zu den Themen Tarifkalkulation, soziale Verträglichkeit und Bürgerbeteiligung. Diskutiert wurde unter anderem, wie durch klare Kommunikation, Datenvergleiche (Benchmarking) und kontinuierliche Aufklärung das Vertrauen der Bevölkerung gestärkt werden kann.

Fortsetzung starker Partnerschaften

Die Kooperation zwischen dem VKU und dem polnischen Wasserverband IGWP geht auf ein Memorandum of Understanding aus dem Jahr 2023 zurück. Der Workshop in Warschau war die erste gemeinsame internationale Aktivität im Rahmen dieser Partnerschaft. Mit dem ukrainischen Verband arbeitet der VKU seit Beginn des russischen Angriffskriegs eng u.a. über die Ukraine-Spendenplattform zusammen.

Mit dem trilateralen Workshop haben die beteiligten Verbände ein starkes Signal gesetzt: Nachhaltige Wasserversorgung braucht internationale Zusammenarbeit, verlässliche Finanzierung und das Vertrauen der Bürger:innen. Der Erfahrungsaustausch zwischen Verbänden, Betreibern, Regulierungsbehörden und Ministerien hat gezeigt, dass gemeinsames Lernen und gegenseitige Unterstützung die Basis einer modernen, resilienten und europäischen Wasserwirtschaft bilden. Die Zusammenarbeit an diesem Thema wird fortgesetzt werden.