Gebietskulisse NRW: Erneute Reduzierung der Fläche führt zu weniger Maßnahmen zum Schutz vor Nitrateinträgen

In NRW trat zum 01.03.2021 die modifizierte Ausweisung der Gebietskulisse in Kraft. Mit der Neuausweisung wurden pünktlich zum Start der Düngesaison die Gebiete, in denen zusätzliche Düngemaßnahmen zum Schutz des Grundwassers notwendig sind, drastisch reduziert. Doch welche Erfolge konnten bisherige Maßnahmen zur Reduzierung des Nitrateintrags wirklich erzielen?

25.03.21

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Jürgen Fälchle/stock.adobe.com

Der Schutz der nordrhein-westfälischen Grundwasserkörper vor Fremdeinträgen ist auch ein Schutz der Trinkwasserversorgung als zentrale Aufgabe der Daseinsvorsorge. Die Reduzierung von Nitrateinträgen spielt dabei eine wesentliche Rolle in der Gewährleistung der hohen Wasserstandards in NRW. Mit der modifizierten Ausweisung der Gebietskulisse gibt es nun allerdings künftig deutlich weniger Flächen, in denen Maßnahmen zur Reduzierung des Nitrateintrags erforderlich sind. Konkret wurde die Gebietskulisse von 350.000 Hektar im Dezember 2020 auf 165.000 Hektar mehr als halbiert.

Die Kausalität zwischen verschiedenen Düngemaßnahmen auf der einen Seite und der Erhöhung der Nitratbelastung im Grundwasser auf der anderen Seite gilt seit vielen Jahren als wissenschaftlich gesichert. Dennoch stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß Nitrateinträge bereits effektiv reduziert werden konnten oder ob es sich um eine Verschiebung der Betrachtungsweise handelt?

Das ursächliche Problem von Nitrateinträgen durch Düngemaßnahmen besteht seit vielen Jahrzehnten. Auch aufgrund dieses Wirkungszusammenhangs arbeiten eine Vielzahl von Wasserversorgungsunternehmen mit Landwirten vor Ort in NRW im Rahmen von über 100 Kooperationsmodellen zusammen. Die Kooperationen erstrecken sich teilweise über viele Jahre und basieren auf freiwilliger Basis. Solche Modelle sind äußerst wertvoll und ihre grundlegende Bedeutung wurde jüngst im Rahmen der gemeinsamen Unterzeichnung des 12-Punkte-Programms von Wasser- und Landwirtschaftsverbänden sowie von Umweltministerin Heinen-Esser am 22.03.2021 nochmals eindrucksvoll bekräftigt.

Dennoch scheint die Problematik der Nitratbelastung bei vielen nordrhein-westfälischen Wasserversorgungsunternehmen unverändert hoch zu sein. Einen wesentlichen Einfluss hierauf hat die Ausweisung der Gebietskulisse und die einhergehende Festsetzung, in welchen Gebieten aufgrund der Nitratbelastung zusätzliche Düngemaßnahmen zum Schutz des Grundwasserkörpers notwendig sind und in welchen Gebieten nicht.

Der übergreifenden Gebietsausweisung liegen Daten von Messstellen des nordrhein-westfälischen Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums zugrunde. Oftmals weichen diese Messwerte jedoch von den Messwerten der jeweilig betroffenen Wasserversorgungsunternehmen ab und sind insofern nicht nachvollziehbar. Es offenbaren sich Unstimmigkeiten in der Datengrundlage, die im Zweifelsfall zu inkorrekten Gebietsausweisungen führen. Angesichts dessen muss eine Debatte angestoßen werden, die die Anzahl und Verortung der Messstellen zur Erfassung mit Nitrat belasteter Gebiete nach §13a Düngeverordnung intensiv diskutiert. Auch muss geklärt werden, in welchem Ausmaß sich Daten der jeweiligen Wasserversorgungsunternehmen besser und umfassender einbinden lassen.

Positiv hervorzuheben ist die grundsätzliche Bereitschaft seitens des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums, konstruktiv an der Verbesserung der Datengrundlage mitzuarbeiten. Ein effektiver und nachhaltiger Grundwasserschutz kann nur mit verbindlichen und langfristigen, über viele Jahre angelegten, Strategien erreicht werden. Eine vergleichsweise kurzfristig wechselnde Ausweisung der finalen Gebietskulisse mit einhergehenden wechselnden Maßnahmen zur Reduzierung des Nitrateintrags steht dem gegenüber.

Die seit dem 01.01.2021 geltenden Vorschriften zur Analysepflicht von Wirtschaftsdüngern und zur Teilnahmepflicht an Schulungen begrüßen wir sehr. Dennoch müssen weiterführende Maßnahmen initiiert und unter Einbindung aller betroffenen Akteure ambitionierter gestaltet werden. Auch darf nicht vergessen werden, dass eine Nitratbelastung unterhalb der Grenzwerte von 37,5 mg/l respektive 50mg/l auch eine Belastung für die Grundwasserkörper und somit die Trinkwasserversorgung darstellt.

Abschließend ist auf die Ausgangsfrage zurückzukommen, welche Erfolge bisherige Maßnahmen zur Reduzierung des Nitrateintrags wirklich erzielen konnten? Durch die gute Kooperation zwischen Landwirtschaft, Wasserwirtschaft und Umweltministerium wurde ein solides Fundament der Zusammenarbeit geschaffen. Insbesondere in der dezentralen Fläche in NRW wurden eine Vielzahl individueller und begrüßenswerter Lösungsstrategien erarbeitet. Dennoch können wir mit dem Gesamtergebnis noch nicht zufrieden sein. Nitrat stellt weiterhin eine große Belastung für unsere Grundwasserkörper und Trinkwasserversorgung dar. Die Reduzierung der Gebietskulisse auf eine Fläche von 165.000 Hektar entspricht unseres Erachtens vielfach nicht den Realitäten vor Ort und dem übergeordneten Stellenwert des Grundwasserschutzes.