Am 4. April 2025 brachten VKU und LMU München in Würzburg Fach- und Führungskräfte aus verschiedenen Arbeitsbereichen zusammen, um über den zukünftigen Umgang mit Wasser in der Region zu sprechen. Sie stellten Ergebnisse aus Klima- und Wasserhaushaltsmodellierung vor stellten dar, wie das aktuelle Wasser-Ressourcen-Management Anpassungen an den Klimawandel begünstigt und behindert.
Nirgends in Bayern ist es trockener und wärmer als in der bayerischen Mainregion. Der Umgang mit der Trockenheit ist hier schon seit Jahrzehnten Thema. Doch in den letzten Jahren hat sich etwas verändert. Trockenzeiten und Dürren treten immer öfter auf und dauern länger an. Inzwischen fällt es fast schon leichter, die Jahre in den letzten zehn Jahren zu benennen, in denen Bayern keine Dürre erlebt hat. Doch nicht nur die Trockenheit verstärkt sich; auch Starkregen und Hochwasser häufen sich. Was vor ein paar Jahren noch extrem war, wird nach und nach normal; zumindest im statistischen Sinne. Für die Menschen in der Region können die Wasserextreme nach wie vor einschneidende Erlebnisse sein. Wasserversorger blicken mit Sorge auf sinkende Grundwasserstände. Bauern bangen wegen der Trockenheit um ihre Ernten. Waldbesitzer beobachten, wie Trockenheit und Schädlingsbefall Wäldern schaden.
Am 4. April sitzt eine bunt gemischte Gruppe in einem Tagungsraum in Würzburg. Stadtwerkevertreter, Landwirte und Winzer, Waldbesitzer, Umweltschützer, Kommunal- und Landespolitikern und Menschen aus der Verwaltung sind gekommen, um über die Klimafolgen in der Region und Lösungen zu sprechen. Sie sind sich einig: Der Klimawandel und insbesondere die Veränderungen im Wasserhaushalt sind ein schwerwiegendes Problem für die Region. Dass man sich hier auf weitere Dürren, hitzebedingt steigende Wassernachfrage aber auch auf Starkregen und Sturzfluten vorbereiten muss, bezweifelt hier niemand. Viele Kommunen und Betriebe in der Region beginnen bereits mit der Klimaanpassung. Bei einer Podiumsdiskussion berichten Vertreter des Trinkwasserversorgung Würzburg GmbH, der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e. V., des Weinguts Juliusspital und vom Bund Naturschutz davon, was sie für einen besseren Umgang mit Wasser tun und was passieren muss, dass sie in Zukunft trotz Klimawandel weiterarbeiten können. Stichworte wie Schwammlandschaft, Flächenentsieglung, Wassernutzungseffizienz und die genaue Überwachung von Wasserverbräuchen werden genannt. Fremd sind diese Vorschläge im Raum scheinbar niemandem, trotzdem werden sie nicht überall in Franken umgesetzt. „Wir haben kein Erkenntnisproblem. Wir haben ein Umsetzungsproblem.“, meint einer der Anwesenden.
Wie die rasche und flächendeckende Umsetzung der vorgeschlagenen Lösungen gelingen könnte, wollten die Partner von ARSINOE herausfinden, weshalb sie Prof. Isabelle La Jeunesse aus Frankreich nach Franken eingeladen haben. Die Expertin für Wasser-Governance interviewte Stakeholder aus der Region, um ein umfassendes Bild der Situation vor Ort zu bekommen und herauszufinden, welche Ressourcen es für den Umgang mit den Klimafolgen gibt, inwieweit Prioritäten und Zielsetzungen bei der Klimaanpassung übereinstimmten und wie Verantwortung und Handlungsmöglichkeiten verteilt sind. Ihr besonderes Augenmerk galt dabei dem Zusammenspiel von Wasserwirtschaft, Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion, energiewirtschaftlicher Wasser- und Flächennutzung und Umweltinteressen. Sie kommt zu dem Schluss, dass es in der Region bereits viel Wissen und starke Netzwerke zum Erfahrungsaustausch, sowie bespielhafte Pilotprojekte gäbe.
Die Erkenntnisse daraus in die Fläche zu tragen, scheitere bisweilen daran, dass unterschiedliche Zielvorstellungen vorherrsche würden und Interessenskonflikte bspw. zwischen Ressourcenschutz und Landnutzung nicht angemessen adressiert und ausgeglichen werden.
Auch die vielen Verwaltungslevel und Fachbehörden, die sich mit dem Wassermanagement und der Anpassung an den Klimawandel befassen, bergen einen reichen Erfahrungs- und Wissensschatz; doch fehle ihnen und anderen oft die Perspektive auf das gesamte Wassereinzugsgebiet. Vorhaben würden augenscheinlich primär mit Hinblick auf ihre lokalen Auswirkungen bewertet, obwohl Wasser nicht an Verwaltungsgrenzen Halt macht.
Zuletzt fehle es vielen Akteuren an Geld, Personal oder dem Einfluss ihre Ideen für einen anderen Umgang mit Wasser zu verwirklichen. Vereine, Verbände, interkommunale Zusammenschlüsse, Fachbehörden und ihre Partner hätten wertvolle Daten oder Pilotprojekte zur Anpassung an den Klimawandel. Leider sind die Netzwerke aber oft auf einzelne Branchen oder Fachbereiche begrenzt. Während innerhalb der Bereiche der Austausch funktioniert und die Menschen voneinander lernen, fehlt es an der Kommunikation nach außen. So könnten auch Konflikte entstehen, warnt La Jeunesse, z. B., wenn verschiedene Akteure auf die gleiche Wasserbezugsquelle ausweichen wollen, wenn Niederschläge nicht mehr ausreichen, Gewässer zu wenig Wasser führen oder Brunnen und Quellen versiegen. Sie rät dazu, den branchenübergreifenden Austausch zu suchen.
Viele der Befragten hoffen angesichts der Expertise in der Verwaltung und der Initiativen der letzten Jahre – angefangen vom Wasserpakt, über den Runden Tisch Wasser, bis zur Wasser-Zukunft-Bayern – auf den Freistaat, so La Jeunesse. Klimaanpassung und Wassermanagement bräuchten nach Aussage vieler Interviewpartner einen Platz weiter oben auf der politischen Agenda. Auch La Jeunesse sieht das als einen Schlüssel zum Erfolg. In anderen Ländern würde der Staat bisweilen davor zurückscheuen Anpassungsstrategien umzusetzen, die einzelne Akteure in ihren Freiheiten und Interessen einschränken würden. Es würde stattdessen auf finanzielle Anreize gesetzt und darauf durch Dürre und Hochwasser entstehende Schäden finanziell auszugleichen. So entstünde eine Situation, in der sich Einzelne mit ausreichend Vorwissen und Ressourcen an Klimafolgen anpassen und andere nicht. Eine Lage die den Anwesenden vertraut ist? La Jeunesse sieht das Potential für entschlossenes Handeln in der Politik. Das hätten Gespräche mit Abgeordneten und Kommunalpolitik gezeigt. Gleichzeitig rät sie zum Festhalten an den unabhängigen Initiativen vor Ort und dem verstärkten Austausch zwischen den verschiedenen Interessensgruppen.
In der weiteren Diskussion werden zusätzliche Vorschläge gemacht. Eine Anwesende plädiert dafür, Wasserextreme differenzierter zu betrachten. Hochwasser und Sturzfluten würden viel Aufmerksamkeit erhalten, weil sie und ihre dramatischen Folgen plötzlich auftreten. Bilder von überschwemmten Straßen und in den Fluten mitgerissenen Besitztümern wären einprägsam, außerdem hätte man in Bayern bereits eine lange und erfolgreiche Tradition des Hochwasserschutzes. Dürren hingegen, würden sich eher schleichend entwickeln, wären weniger sichtbar und würden daher den gleichen Grad an Aufmerksamkeit erhalten. Das müsse sich ändern, wenn schnell wirksame Maßnahmen der Dürrevorsorge umgesetzt werden sollen. Auch anderen Anwesenden wollen mehr öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema und eine bessere Informationsbasis zur Entscheidungsfindung. Sie fordern das Messen von Wasserentnahmen und Verbräuchen. Wo das Wasser knapp wird, müsse man genau wissen, wofür welche Wassermengen verbraucht würden. Schließlich berichteten Vertreter aus Politik und Verwaltung, wie sie auf die Situation reagieren. Erfolgreiche Pilotprojekte im Landkreis Neustadt a. d. Aisch / Bad Windsheim und zu „grünen Gräben“ würden zeigen, wie Strategien mit den Menschen vor Ort entwickelt und Maßnahmen umgesetzt werden können. Der Runde Tisch Wasser der Bayerischen Staatsregierung hätte erfolgreich verschiedene Interessen zusammengebracht. Die Ergebnisse sollen demnächst veröffentlicht werden. Auch auf kommunaler Ebene gibt es zahlreiche Handlungsmöglichkeiten. Angefangen von kommunaler Starkregenvorsorge mit Rückhaltemöglichkeiten und Informationen für Bürger:innen, über Förderprogramme für private Maßnahmen und die Nutzung kommunaler Satzungen für das Schaffen von Stadtgrün bis zur Anpassung kommunaler Infrastrukturen für die Wasserversorgung der Bevölkerung. Diese und andere Maßnahmen erfordern allerdings teils enorme Investitionen. Diese Mittel liegen bei vielen Kommunen aber einfach nicht vor. Solange die Finanzierung nicht geklärt wäre, würde die Klimaanpassung weiter stocken und finanzstärkeren Kommunen vorbehalten bleiben. Kontrovers wird die Diskussion, als einige darauf pochen, dass die Anpassung an den ungebremsten Klimawandel nicht möglich ist. Der Freistaat müsse sich daher an seinen Klimazielen festhalten und gegebenenfalls zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen ergreifen. Hier stimmen plötzlich nicht mehr alle Anwesenden zu und es wird klar: Trotz der augenscheinlichen Einigkeit zu Beginn und der großen Betroffenheit am Main, sind beim Thema Klimaresilienz noch etliche Fragen offen.
Die VKU Landesgruppe Bayern ist Teil des unter Horizon 2020 geförderten Projekts ARSINOE (Grant Agreement: 101037424). Das Projekt ist eines von 90 Projekten für die Umsetzung des European Green Deal und wird mit über 15 Millionen Euro von der Europäischen Union gefördert. Im Rahmen des Projekts untersuchen 41 Projektpartner aus ganz Europa vier Jahre lang, wie die Anpassung an den Klimawandel in verschiedenen europäischen Regionen gelingen kann. Dabei liegt der Fokus auf Systemlösungen und innovativen Ansätzen, die aus den Modellregionen in andere Regionen übertragen und dort nutzbar gemacht werden können. So trägt das Projekt zur Umsetzung des European Green Deal bei und steigert die Resilienz im Klimawandel.