Am Freitag, den 26. September wurden die Ergebnisse des EU-Projekts ARSINOE in Würzburg vorgestellt. Vier Jahre lang hatte ein Team aus VKU und LMU München mit Menschen aus der Main-Region an der Frage gearbeitet, wie die Region klimaresilient werden könnte. Wasser stand dabei von Beginn an im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Prof. Ralf Ludwig von der Ludwig-Maximilians-Universität ging auf den Verlauf des Klimawandels und seine Auswirkungen in der Region ein. Da internationale Klimaschutzbemühungen aktuell nicht ausreichen, um die Klimaveränderung auf ein für den Menschen verträgliches Maß zu begrenzen, ist mit einem starken Klimawandel zu rechnen. Dieser macht sich durch steigende Durchschnittstemperaturen in der Region sowie durch zunehmende Hitzeextreme bemerkbar. Häufigere und intensivere Winterhochwasser sowie eine Verschiebung der Niederschläge im Jahresverlauf könnten auftreten.
Marion Zilker stellte vor, wie man im Projekt gemeinsam mit einem großen Kreis von Stakeholdern aus Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung Folgen des Klimawandels für das Leben in der Region erfasst und Anpassungspfade entwickelt hatte. Zwar sind die Auswirkungen der Klimaveränderung extrem und es besteht großer Handlungsdruck aber es gibt auch zahlreiche Handlungsmöglichkeiten. Wichtig ist, dass bald und entschlossen an einer flächendeckenden Klimaanpassung gearbeitet wird. Aktuell beklagen viele Menschen aus der Region ein Handlungsdefizit. Aus diesem Grund waren im Projekt Hürden und begünstigende Faktoren für die Klimaanpassung in Städten, auf dem Land erforscht worden. Außerdem wurde ein Blick auf die die Klimaanpassung unterstützenden Abläufe in der Verwaltung geworfen. In allen Bereichen gilt: Klimaanpassung braucht starke politische Rückendeckung, Finanzierung und ein Umdenken, dass Wasser und Resilienz höheren Stellenwert gibt.
Ganz im Sinne der Projektphilosophie kamen die Teilnehmenden bei der Tagung viel zu Wort. Es wurden Erfahrungen mit Klimaanpassung in der Region geteilt. Besonders das schnelle Fortschreiten des Klimawandels in der Region wurde betont und der große Handlungswille im Raum wurde deutlich. Expert:innen für Grundwasserschutz, Agroforstsysteme, Wasserversorgung und Bildung für Nachhaltige Entwicklung sowie Fachwissen im Umweltschutz, Energiewirtschaft und Landwirtschaft boten an, ihre Netzwerke und ihre Expertise mit anderen zu teilen. Viele Menschen konnten Einblick in laufende Vorhaben geben. Auch Wünsche für die weitere Arbeit wurden laut: während manche konkrete Finanzierungsmöglichkeiten für Anschlussprojekte suchten, wünschten sich andere mehr Offenheit und Mut zum Perspektivwechsel in Debatten vor Ort.
Die Tagung schloss mit einer Podiumsdiskussion, zur Zukunft der Klimaanpassung in der Region.
Europäische Zusammenarbeit ermöglichte vielfältige Einblicke
„Europäische Innovationsprojekte können politischen Entscheidungsträger:innen Mut machen, da sie zeigen, was möglich ist“, betont ein Vertreter der Europäischen Kommission, nach der Präsentation der Ergebnisse von ARSINOE in Brüssel. Das Projekt hatte in neun besonders vom Klimawandel betroffenen Regionen Strategien für die Anpassung an den Klimawandel gemeinsam mit Praxispartnern vor Ort ausgearbeitet, Innovationen entwickelt und Anpassungsmaßnahmen in die Tat umgesetzt. In der letzten Septemberwoche kamen die Partner der Innovation Action auch in Brüssel zusammen, um ihre Arbeit vorzustellen. Sie hoffen, dass auf die Erfolge in den Fallstudien ebenjener politische Mut folgt, der notwendig ist, um sich dem Klimawandel und seinen Folgen zu stellen.
Die Fallstudien illustrieren die große Bandbreite der Anpassungsmöglichkeiten und was durch entschlossenes Handeln vor Ort möglich ist. Im britischen Torbay wurde bspw. ein digitaler Zwilling aller kritischen Infrastrukturen der Stadt entwickelt, der aufzeigt, wie sich hochwasserbedingte Ausfälle und Störungen an einzelnen Stellen auf das Gesamtsystem, die Versorgungssicherheit und die Handlungsmöglichkeiten von Infrastrukturbetreibern und Katastrophenhelfern auswirken. Die Entwicklung ähnlicher digitaler Zwillinge im Rest des Landes wird inzwischen diskutiert. Im griechischen Athen wurden die Folgen von Hitze aber auch Anpassungsmöglichkeiten durch virtuelle Realität erlebbar gemacht. Außerdem wurden Kinder und Jugendliche durch gezielte Umweltbildung über Klimafolgen und Handlungsmöglichkeiten in ihrer Stadt informiert. Als „Klimabotschafter:innen“ an ihren Schulen und in ihrer Freizeit bringen sie nun das Gelernte an Freunde und Familie weiter. Fragen der Lebensmittelsicherheit waren Thema auf Sardinien. Dort befassten sich forschende vier Jahre lang mit dem Hartweizenanbau im Mittelmehrraum, besonders resistenten Züchtungen und der idealen Gestaltung von Wertschöpfungsketten. Eine in ARSINOE entstandene Dokumentation gibt Einblick in die Arbeit und klärt über die Relevanz des Anbaus für die Ernährungssicherheit in der Region auf. Die letzte Ernte hatten die Forscher auf der Insel bei 39 Grad eingefahren. Diese extreme Hitze und dass solche Temperaturen wegen des Klimawandels häufiger auftreten können, unterstreicht die Notwendigkeit des entschlossenen Handelns.
Gleichzeitig machte das Projekt deutlich, welche politischen Weichenstellungen auf europäischer Ebene notwendig sind, sodass Investitionen in die Klimaresilienz nicht auf einzelne Regionen und Leuchtturmprojekte begrenzt bleiben. So fordern die Projektpartner, dass das integrierte Wassermanagement in der EU stärker gesetzlich verankert wird und Wasser eine zentrale Rolle in Resilienz- und Anpassungsstrategien spielt. Ressourcen-Management solle stets Wechselwirkungen zwischen Wasser, Energieversorgung, Lebensmittelproduktion und Biodiversität in den Blick nehmen. Natur-basierte Lösungen wie die Wiederherstellung von Feuchtgebieten, die Sammlung und Verwendung von Niederschlägen und grüne und blaue Infrastruktur solle eine zentralere Rolle spielen. Zudem müssten europäische Entscheider die langfristige und dauerhafte Finanzierung der Klimaanpassung sicherstellen, dazu gehören unter anderem förderpolitische Maßnahmen. Digitale Werkzeuge, wie die in ARSINOE entwickelten digitalen Zwillinge, könnten europaweit nachgeahmt werden. Grenzregionen und bräuchten eigens designte Ansätze für den Umgang mit Wasserknappheit.
ARSINOE hat eindrucksvoll demonstriert, wie die Klimaresilienz innerhalb kurzer Zeit vorangetrieben werden kann, wenn Wissenschaft und Praktiker an einem Strang ziehen. Es bleibt zu hoffen, dass darauf nun der notwendige Mut folgt.
Die VKU Landesgruppe Bayern ist Teil des unter Horizon 2020 geförderten Projekts ARSINOE (Grant Agreement: 101037424). Das Projekt ist eines von 90 Projekten für die Umsetzung des European Green Deal und wird mit über 15 Millionen Euro von der Europäischen Union gefördert. Im Rahmen des Projekts untersuchen 41 Projektpartner aus ganz Europa vier Jahre lang, wie die Anpassung an den Klimawandel in verschiedenen europäischen Regionen gelingen kann. Dabei liegt der Fokus auf Systemlösungen und innovativen Ansätzen, die aus den Modellregionen in andere Regionen übertragen und dort nutzbar gemacht werden können. So trägt das Projekt zur Umsetzung des European Green Deal bei und steigert die Resilienz im Klimawandel.