Steuerlicher Querverbund
Finanzverwaltung wendet Urteil zur Kettenzusammenfassung nicht an
Mit Urteil vom 29.08.2024 (V R 43/21) hatte der Bundesfinanzhof (BFH) die in der Praxis wichtige „Kettenzusammenfassung“ als unzulässig angesehen. VKU und kommunale Spitzenverbände hatten wegen der erheblichen Auswirkungen einen Nichtanwendungserlass gefordert. Dem ist die Finanzverwaltung nun nachgekommen.
20.06.25
Mit Urteil vom 29.08.2024 (V R 43/21) hatte der Bundesfinanzhof (BFH) die in der Praxis wichtige „Kettenzusammenfassung“ als unzulässig angesehen. VKU und kommunale Spitzenverbände hatten wegen der erheblichen Auswirkungen einen Nichtanwendungserlass gefordert. Dem ist die Finanzverwaltung nun nachgekommen.
Weg für neue Zusammenfassungsmöglichkeiten bei Bädern nun frei
Unter welchen Voraussetzungen Tätigkeiten (bzw. Betriebe gewerblicher Art) im Querverbund zusammengefasst werden können, regelt § 4 Abs. 6 KStG. Danach können Tätigkeiten zusammengefasst werden, wenn sie gleichartig sind, wenn es sich um Tätigkeiten handelt, die in § 4 Abs. 3 KStG genannt sind („Katalogtätigkeiten), oder wenn zwischen den Tätigkeiten eine enge wechselseitige technisch wirtschaftliche Verflechtung besteht.
Derzeit können Bäder nur mit Stromversorgern zusammengefasst werden, wenn über ein BHKW eine wechselseitige technisch-wirtschaftliche Verflechtung nachgewiesen wird. Eine unmittelbare Zusammenfassung mit anderen Tätigkeiten ist – jedenfalls bislang – nicht möglich. Auch kann etwa die Telekommunikation wegen Gleichartigkeit zwar mit der Strom,- Gas,-Wärme- und Wasserversorgung, nicht aber mit dem ÖPNV zusammengefasst werden.
Die Finanzverwaltung lässt jedoch unter bestimmten Voraussetzungen seit jeher zu, dass alle Querverbundtätigkeiten in einer einheitlichen Sparte geführt werden, wenn eine Zusammenfassung jeweils mit mindestens einer anderen Tätigkeit möglich ist. Dabei ist u.a. die Reihenfolge der Zusammenfassungen entscheidend. Begründet wird dies damit, dass nach erfolgter Zusammenfassung von zwei Betrieben gewerblicher Art (BgA) nunmehr nur noch ein BgA vorliegt. Dieser (zusammengefasste) BgA kann in Abhängigkeit seines Gepräges, das er nach außen aufweist, in einem nächsten Schritt mit einem weiteren BgA zusammengefasst werden.
Der BFH hat in seinem Urteil die Kettenzusammenfassung abgelehnt. Aus Sicht des Gerichts können mehrere Tätigkeiten nur dann zusammengefasst werden, wenn jede Tätigkeit mit jeder anderen Tätigkeit zusammengefasst werden könnte. Einen Widerspruch zum Willen des Gesetzgebers sieht das Gericht überraschenderweise nicht, obwohl mit dem Jahressteuergesetz 2009 ausdrücklich der Querverbund in seiner damaligen Ausprägung gesichert werden sollte und die Kettenzusammenfassung bis dahin ganz offensichtlich Teil einer bundeseinheitlichen Verwaltungspraxis und Gegenstand von unzähligen verbindlichen Auskünften war.
Insbesondere in großen Querverbünden hätte die Anwendung dieser Urteils-Grundsätze eine empfindliche Einschränkung der Ergebnisverrechnung zur Folge. So müsste die bestehende Querverbundsparte derart aufgeteilt werden, dass beispielsweise die Stromversorgung mit dem Bäderbetrieb in einer Sparte und die Gasversorgung mit dem ÖPNV in einer anderen Sparte geführt werden müssten. Besteht auch ein Bereich Telekommunikation, müsste eine Dritte Sparte gebildet werden.
Da spartenübergreifende Ergebnisverrechnungen nicht möglich sind, würde dies den Querverbund erheblich einschränken. Aus diesem Grund und weil das Urteil offensichtlich dem gesetzgeberischen Willen widerspricht, hatten VKU und kommunale Spitzenverbände gemeinsam gefordert, dass das Urteil über den entschiedenen Fall hinaus nicht angewendet werden sollte (sogenannter Nichtanwendungserlass).
Erfreulicherweise ist die Finanzverwaltung dieser Anregung gefolgt. So hat das BMF am 06.06.2025 einen entsprechenden Nichtanwendungserlass veröffentlicht. Damit kann die Verwaltungspraxis zur Kettenzusammenfassung zunächst fortgesetzt werden. Zu beachten ist, dass dies nur so lange gilt, bis der BFH in einem zweiten Verfahren seine Rechtsprechung bestätigt. Sollte dies eintreffen, könnte nur noch eine Gesetzesänderung den Fortbestand des Querverbundes in seiner jetzigen Form sicherstellen.
Damit können nun auch die Arbeiten an dem Anwendungsschreiben zu den neuen Möglichkeiten, Bäder in den Querverbund einzubeziehen, wieder aufgenommen werden. Das BMF hatte im letzten Jahr hierzu - den Vorschlägen des VKU und der kommunalen Spitzenverbände folgend - einen Entwurf übersandt, wonach die Einbeziehung von Bädern in den Querverbund künftig auch mittels Wärmepumpe, mittels hybrider Photovoltaikanlagen oder durch Einbindung des Bades in ein Fernwärmenetz möglich werden soll. Zu dem Entwurf hatten die Verbände noch einmal Stellung genommen. Seither wird das finale Anwendungsschreiben erwartet. Da in diesem Schreiben jedoch auch Fragen zur Kettenzusammenfassung aufgegriffen werden, musste die Finanzverwaltung zunächst entscheiden, wie sie mit dem BFH-Urteil umgehen wird. Nachdem dies nun geklärt ist, geht der VKU davon aus, dass das Schreiben – hoffentlich zeitnah – veröffentlicht wird.