Energiesicherheit
Novelle des Energiesicherungsgesetzes beschlossen

Die vom Bundeskabinett beschlossene Novelle des Energiesicherungsgesetzes schafft zusätzliche Handlungsmöglichkeiten im Falle einer Krisenlage bei der Energieversorgung, lässt aber wichtige Fragen zum Schutz betroffener Unternehmen offen.

05.05.22

Das Bundeskabinett hat eine Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG) beschlossen. Ziel der Reform ist es angesichts der aktuellen Lage, neue Instrumente zu schaffen, um schneller und umfassender auf Versorgungsengpässe reagieren zu können und die Krisenvorsorge zu stärken.

Wesentliche Inhalte des Gesetzentwurfs sind Regelung zur Preisanpassung entlang der gesamten Lieferkette für den Fall, dass Gaslieferungen nach Deutschland ausbleiben oder drastisch gekürzt werden. Zudem sollen Möglichkeiten der Treuhandverwaltung von Unternehmen der kritischen Energieinfrastruktur geschaffen werden und als Ultima Ratio auch die Möglichkeit einer Enteignung. Weiterhin sind Ermächtigungen zu Rechtsverordnungen mit Vorgaben zur Einsparung und Reduzierung des Energieverbrauchs und zeitlich befristete Abweichungen oder Ausnahmen von der Verpflichtung zur Einhaltung der Vorgaben nach Natur- und Immissionsschutzrecht vorgesehen. Auch Instrumente zur Umsetzung der EU-Energie-Solidaritäts-Vorgaben und die Einrichtung einer Digitalen Plattform durch den Marktgebietsverantwortlichen sind Teil des Gesetzentwurfs. Weitere Änderungen betreffen das Energiewirtschaftsgesetz und die Gassicherungsverordnung.

Der VKU unterstützt die Ziele des Entwurfs, im Krisenfall die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und die Funktionsfähigkeit des Energiemarktes sicherzustellen. Dennoch besteht aus Sicht des VKU weiterer Anpassungs- und Klärungsbedarf.

Der erste Entwurf der EnsiG-Novelle enthielt einen Kündigungsvorbehalt für Bilanzkreis- und Energielieferverträge, wonach Kündigungen u. a. aus Gründen der Bonität des Vertragspartners im Krisenfall von der BNetzA genehmigt werden mussten. Einen solchen Kündigungsvorbehalt erachtet der VKU vor dem Hintergrund der aktuellen Lage insbesondere für den Gasbereich als sinnvoll, um einerseits die Kostensteigerungen zu begrenzen und andererseits Lieferantenausfälle zu vermeiden und damit die (weitere) Gasversorgung, insbesondere der geschützten Kunden, zu gewährleisten. Der Kündigungsvorbehalt sollte daher, wie ursprünglich enthalten, wiederaufgenommen werden.

Sollte es aufgrund eines Gaslieferstopps aus Russland dazu kommen, dass Energieversorgungsunternehmen im Rahmen von Bilanzkreisverträgen zugesicherte Lieferverpflichtungen nicht nachkommen können und auch nicht ausreichend Ersatzmengen auf den Spotmärkten beschaffen können, dann kann es dazu kommen, dass Bilanzkreisverträge vom Marktgebietsverantwortlichen fristlos gekündigt werden. Daher fordert der VKU einen generellen Kündigungsvorbehalt von Bilanzkreisverträgen im Falle des Ausfalls von russischen Erdgaslieferungen.

Sofern eine staatliche Stützung der Kosten einer Wiedereindeckung bei einem Lieferstopp oder auch schon im Vorfeld drastisch steigender Preise (zunächst auf der Import- und Großhandelsstufe, später erforderlichenfalls auch auf der Endverteilungsebene) nicht oder nur teilweise erfolgen kann, ist eine Preisanpassungsregelung notwendig. Allerdings muss diese Möglichkeit schon frühzeitiger gegeben sein. Unbedingt notwendig ist es aber, die Regelung auch auf den Einsatz von Erdgas zur Strom- und Wärmeproduktion auszuweiten, sonst drohen den betroffenen Unternehmen hohe Kostensteigerungen, ohne selbst die Preise anpassen zu können.

Eine weitere Maßnahme, die der VKU für sinnvoll erachtet ist die vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für Energieversorgungsunternehmen im Falle eines Lieferstopps russischen Gases. Ansonsten bestünde die Gefahr einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung von Energieversorgungsunternehmen, die zwingend die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages begründen und damit auch die weitere Versorgung der Letztverbraucher gefährden würde.

Sollte es zu einer Weitergabe erhöhter Bezugskosten an die Endverbraucher und dadurch zu steigenden Preisen kommen, ist mit Liquiditätslücken und Zahlungsausfällen bei den Energieversorgern zu rechnen, da viele Kundinnen und Kunden ihre Rechnungen nicht mehr fristgerecht oder überhaupt nicht mehr zahlen können. Um dadurch verursachte, unverschuldete wirtschaftliche Schieflagen zu vermeiden, bedarf es passgerechter staatlicher Hilfen in Form von Überbrückungskrediten. Diese müssten dabei unabhängig von der Gesellschafterstruktur des jeweiligen Versorgers so ausgestaltet sein, dass die durchleitende Bank weitgehend oder vollständig von der Haftung freigestellt ist.

Der VKU wird die Diskussion weiter begleiten und in der Anhörung im Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie am 9. Mai 2022 seine Forderungen einbringen.