Versorgungssicherheit
Neue Gesetze und Verordnungen zur Stärkung der Energiesicherheit 02.10.22

©

by-studio/stock.adobe.com

In der letzten Septemberwoche 2022 wurden wichtige gesetzgeberische Maßnahmen zur Stärkung der Energiesicherheit auf den Weg gebracht.

Am 30. September 2022 hat der Deutsche Bundestag die dritte Novelle des Energiesicherungsgesetzes (EnSiG 3.0) beschlossen. Ein großer Teil des EnSiG 3.0 zielt darauf ab, die Stromausbeute aus Biogas sowie Wind- und Solarenergie kurzfristig zu erhöhen: Restriktionen für eine Ausweitung der Biogaserzeugung, –aufbereitung und –verstromung wurden vorübergehend aufgehoben; zudem dürfen Windparks von behördlichen Vorgaben zu Geräuschwerten und Schattenwurf abweichen, PV-Anlagen bis 7 KW ungedrosselt betrieben werden und Freiflächensolaranlagen in den Ausschreibungen des kommenden Jahres mit einer maximalen Gebotsgrenze von 100 MW (bisher 20 MW) teilnehmen.

Darüber hinaus verbessert das EnSiG 3.0 die Rahmenbedingungen für LNG-Anlagen und trifft Maßnahmen zur Beschleunigung des Stromnetzausbaus, zur Erhöhung der bestehenden Transportkapazitäten und zur besseren Auslastung der Offshore-Anbindungsleitungen. Zudem werden bessere Möglichkeiten zur Lastflexibilität industrieller Großverbraucher geschaffen.

Am Abend zuvor hatte der Bundestag bereits zeitlich befristete Verfahrenserleichterungen im Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) geschaffen, um Betreibern von Industrieanlagen einen zügigen Brennstoffwechsel zu ermöglichen.

Am 7. Oktober 2022 haben beide Gesetze den Bundesrat passiert.

Im Vorfeld des Bundestagsbeschlusses zum EnSiG 3.0 hatten die Abgeordneten im Ausschuss für Klimaschutz und Energie noch einige Anpassungen vorgenommen, für die der VKU und andere Verbände sich in einer Sachverständigenanhörung am 23. September 2022 eingesetzt hatten. Mit Stellungnahme vom 21. September 2022 hat der VKU sich auch schriftlich zum Gesetzesvorhaben geäußert.

Die Verbändekritik aufgreifend hat der Gesetzgeber die für Januar 2023 geplante Krisensonderausschreibung für Freiflächen-PV fallengelassen. Mehrere Verbände, darunter der VKU, hatten die in Anbetracht von Lieferengpässen unrealistisch kurze Realisierungsfrist kritisiert. Stattdessen hat der Bundestag nun für die regulären Ausschreibungstermine im Jahr 2023 die maximale Gebotsgrenze von 20 MW auf 100 MW angehoben. Darüber hinaus wurden Vereinfachungen für das Repowering von Solaranlagen beschlossen. Beides hatte der VKU vorgeschlagen.

Darüber hinaus hat der Bundestag auf Empfehlung der Biogasbranche eine Anpassung des Baugesetzbuches (BauBG) auf den Weg gebracht, wonach bestehende Bioenergieanlagen ohne bauliche Änderungen kurzfristig ihre Gasproduktion erhöhen dürfen, ohne dass die Gemeinde hierfür einen Bebauungsplan aufstellen muss. Die bis Ende 2024 befristete Regelung dient der baurechtlichen Absicherung einiger EEG-Änderungen zur vorübergehenden Ausweitung der Biogaserzeugung und -aufbereitung.

Eine weitere BauGB-Änderung beseitigt Rechtsunsicherheiten im Zusammenhang mit der Einführung gesetzlicher Flächenbeitragswerte durch das Windenergieflächenbedarfsgesetz (WindBG). Darüber hinaus wurde im BauGB verankert, dass Flächenplanungen schon im Entwurfsstadium bewirken können, dass eine bisher bestehende Ausschlusswirkung (aufgrund einer Flächenausweisung an anderer Stelle) dem Windenergievorhaben nicht mehr entgegengehalten werden kann.

Ergänzt wird das EnSiG 3.0 durch Verordnungen zur befristeten Marktrückkehr von Kohlekraftwerken, die das Bundeskabinett am 28. September 2022 erlassen hat. Durch eine Änderung der Stromangebotsausweitungsverordnung (StaaÄV) wurde der Zeitraum für die befristete Marktrückkehr von Steinkohlekraftwerken aus der Netzreserve um nahezu ein Jahr verlängert, nämlich bis 31. März 2024. Die Kraftwerke können dadurch langfristiger planen. Mit der Versorgungsreserveabrufverordnung (VersResAbV) hat die Bundesregierung darüber hinaus den Startschuss für die befristete Marktrückkehr von Braunkohlekraftwerken gegeben.

Auch ein befristeter Weiterbetrieb der Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim wird „Stand heute für notwendig“ erachtet, wie Bundeswirtschaftsminister Habeck am 27. September 2022 mitteilte. Ob die Anlagen weiterlaufen, will die Bundesregierung Anfang Dezember entscheiden. Das Bundeswirtschaftsministerium hat sich daher mit den Betreibern auf Eckpunkte verständigt, wie ein möglicher Weiterbetrieb aussehen kann. Darin heißt es, die Betreiber sollen „ab sofort alles Erforderliche in die Wege leiten, damit die Anlagen über den 31. Dezember 2022 hinaus bis längstens zum 15. April 2023 weiter im Markt betrieben werden können“.